21. November 2024
Von Abtsdorf bis Zied: Neuer Bildband von Martin Rill führt ins Harbachtal, ins Kaltbachtal und in den Krautwinkel
Der Historiker, Verleger und versierte Fotograf Martin Rill hat im Verlag Buchversand Südost in der mit dem herausragenden Luftbildfotografen Georg Gerster begonnenen Buchreihe zum Kulturerbe der Siebenbürger Sachsen einen neuen Bildband, den achten, herausgegeben. Dieser stellt in Bild und Wort 31 Ortschaften im Harbachtal, Kaltbachtal und Krautwinkel vor. Gestartet war die Reihe 1997 mit dem sensationellen Band „Siebenbürgen im Flug“, die folgenden behandelten das Burzenland, Hermannstadt und das Alte Land, das Repser und das Fogarascher Land, das Zwischenkokelgebiet, Schäßburg sowie Mediasch und das siebenbürgische Weinland.

Angeordnet ist die Präsentation der einzelnen Ortschaften, die ab Mitte des 12. Jahrhunderts im Zuge der Bemühungen des ungarischen Königreichs um die Grenzsicherung durch Siedler aus dem Deutschen Reich entstanden sind, in alphabetischer Reihenfolge: von Abtsdorf bis Zied. Der geografischen Verortung folgt ein geschichtlicher Abriss mit Angabe der ersten urkundlichen Erwähnung und der bedeutenden Ereignisse im Laufe der Jahrhunderte bis zur Gegenwart. Aufschlussreich ist am Ende dieser einführenden Texte ein Absatz, der sich auf die Einwohnerzahl bezieht. Die ersten statistischen Daten dazu stammen von 1850, seit 1930 gibt es auch Angaben über die ethnische Zusammensetzung der Bewohner, deren Entwicklung bei den folgenden Volkszählungen bis 2021 weiter verfolgt wird. Darin widerspiegelt sich der Exodus der Siebenbürger Sachsen nach der Wende von 1989 und die allgemeine Entvölkerung der kleineren, abgelegenen Dörfer besonders deutlich. In vielen Orten gibt es nur noch vereinzelte sächsische Einwohner oder auch gar keine mehr.
Das wirkt sich selbstverständlich auf das Ortsbild aus, aber der üppige Bilderreichtum dieses Buches dokumentiert auch, wie zahlreiche Initiativen unterschiedlicher Akteure zur Rettung und Wiederbelebung der siebenbürgisch-sächsischen Kulturstätten beigetragen haben. Friedrich Gunesch, Hauptanwalt der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, macht im Vorwort darauf aufmerksam, wie durch Projekte mit EU-Mitteln, durch den beharrlichen Einsatz der Heimatortsgemeinschaften und Ortsansässiger, das Wirken von Stiftungen und Vereinen beeindruckend viele Kirchenburgen und Kirchen restauriert und möglichst auch mit neuem Leben erfüllt wurden. Die Kirchenburg von Holzmengen ist ein bekannteres Beispiel in diesem Sinne, da hält der Verein Europäisches Jugendbegegnungszentrum in Zusammenarbeit mit dem Demokratischen Forum der Deutschen in Hermannstadt vor allem für die Jugend Angebote bereit.
Darüber hinaus wird versucht, zum Teil mit Erfolg, die jetzigen Behörden und die Ortsgemeinschaften in die Betreuung der Kirchenburgen und in ihre Nutzung einzubeziehen. Außerdem ist auch die Gründung von neuen touristischen Einrichtungen und landwirtschaftlichen Betrieben ein Zeichen der Hoffnung.
Martin Rill verwendet bei der Vorstellung der Ortschaften 62 Flugbilder, die 1994 von Georg Gerster aufgenommen wurden (der Fotograf ist leider 2019 verstorben). Den Großteil der Fotos hat er jedoch selbst in den letzten zwei Jahren gemacht und dadurch widerspiegeln diese bereits die aufwändigen Restaurierungsarbeiten, denen zahlreiche Kirchenburgen und Kirchen sowie andere bemerkenswerte Gebäude und auch Wohnhäuser unterzogen wurden. Die Kirchenburgen in Agnetheln, Braller, Henndorf, Hundertbücheln, Jakobsdorf, Neithausen und viele andere hätten vor einigen Jahren noch ganz anders ausgesehen.
Ein Lageplan und ein Flugbild jeder Ortschaft bieten eine Übersicht des Ortes, dann geht die Kamera dem Kirchengebäude und den Wehrbauten nach, erkundet schließlich den Innenraum aus verschiedenen Perspektiven und dann noch viele bezeichnende Details des Architekturdekors und Ausstattungsgegenstände: Altar, Orgel, Taufbecken, Gestühl, Glocken, aber auch Abendmahlskelche und sonstige kostbare Kunstgegenstände. Es ist erstaunlich, wie wertvolles Abendmahlsgerät selbst kleine Dörfer hatten. Dieses wird wohl nicht mehr im Ort aufbewahrt und ist zur Sicherung anderswohin verbracht worden, wie beispielsweise auch der Braller Altar heute in der Kirche in Heltau steht, aber in diesem Buch sind die edlen Kostbarkeiten und Kunstwerke an ihrem ursprünglichen Stammort und als Zeugnis der einst dort lebenden Gemeinschaft dokumentiert.
Weitere Aufnahmen präsentieren das Pfarrhaus, Schule und Kindergarten, das Rathaus, den Friedhof, aber auch die orthodoxe Kirche, fallweise die katholische Kirche, ganze Straßenzüge oder einzelne Gebäude. Jedes Bild wird von einem kurzen, sachkundigen Text begleitet.
Den Bildband über das Harbachtal, das Kaltbachtal und den Krautwinkel beschließt ein kurz gefasster, jedoch informationsreicher geschichtlicher Überblick von der Jungsteinzeit bis zur Gegenwart in diesem Raum, der insbesondere auf die Geschichte der Siebenbürger Sachsen eingeht und die Entstehung der Kirchenburgen und vieles mehr beschreibt.
Eingehender wird die Familie Brekner, aus der Samuel von Brukenthal stammt, behandelt, die in Leschkirch zu Hause und prägend für den beschriebenen Landstrich war. Das Buch vermittelt viel Wissen und holt für Menschen, die einen Bezug zu dieser Gegend haben, die Erinnerung in die Gegenwart.
Rohtraut Wittstock
Georg Gerster und Martin Rill: „Das Harbachtal, das Kaltbachtal und der Krautwinkel“, Herausgeber Martin Rill, Buchversand Südost, Erlenbach, 2024, 337 Seiten, 800 Farbabbildungen, eine Übersichtskarte, 31 Ortsgrundrisse, 59,00 Euro, ISBN 978-3-00-079021-8, zu bestellen beim Buchversand Südost, Seebergsteige 4, 74235 Erlenbach, Telefon: (07132) 9489048, E-Mail: info[ät]siebenbuergen-buch.de.Schlagwörter: Bildband, Luftbildaufnahmen, Siebenbürgen
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