8. Juli 2025
„Auf dem Weg zu mir selbst“: Franz Hodjaks neuer Gedichtband
Der neue Lyrikband von Franz Hodjak mit dem so schlichten wie weisen Titel „Ewig ist das Vorläufige“ eröffnet die Reihe „Gravity“ des Würzburger Verlags Königshausen & Neumann. Diese will der Verlag als „Einladung verstanden wissen, Poesie zu entdecken (und) auf sich wirken zu lassen“. Man soll trotz ihrer „schweren Lesbarkeit“ „die Kraft spüren, die von ihr ausgeht“.

Woche für Woche erschien zudem eines seiner Gedichte in der virtuellen Welt der Social Media. Diese klangen zuletzt immer melancholischer. Doch im vorliegenden Band, der die Vergänglichkeit schon im Titel inkorporiert hat, ist das noch nicht so. Eine geballte Ladung von 115 Gedichten vereint dieses Buch, das ohne Zyklen und Unterteilungen auskommt und wie ein langer Monolog anmutet, in dem das lyrische Ich und Alter Ego des Dichters uns an seinen Meditationen teilhaben lässt. Jedes Gedicht stellt eine philosophische Variation über die Liebe, die Hoffnung, die Täuschung, die Heimatlosigkeit, das Nicht-Ankommen und nicht zuletzt das Ende dar. Doch das lyrische Ich behauptet seinen Platz „Hier auf Erden, wo (es) mit/ gespreizten Beinen steh(t)“ (36) und trotzt dem Leben sein Glück ab: „Mich kann niemand überzeugen,/ mich unglücklich zu fühlen“. (37) Denn schließlich wird es auf dem Bildschirm des Amtes für Träumer geführt und bekommt von dort tägliche Vorladungen. „Die Träume“ hingegen „sind Sachbearbeiter der Seelen/ und in ihren Büros brennt/ die ganze Nacht das Licht“. (11) Abgesehen von der irrwitzigen Idee, die Träume in den Fachbereich der Bürokratie zu verpflanzen und sie mit der „sachlichen Bearbeitung“ der Seelen zu betrauen, haben wir als Leser gar nicht gemerkt, dass wir längst in Hodjaks poetisches Universum eingetaucht sind, wo die Fantasie Königin ist, das Paradies hoffnungslos, die Luft heimatlos in der Welt herumhängt und das Ich ein Zaungast ist. Denn darauf pocht es: „Das Nichts hat das bekannteste Gesicht/ der Welt, dagegen ist mein Gesicht blass// und nichtssagend. Darin ist bloß zu lesen,/ dass ich nicht angekommen bin.“ (102) Selbst die Heimat wird von der schweren Geografie entbunden und zum volatilen Geschmack oder Wohlfühlmoment sublimiert, der überall abrufbar ist: „Ein ordentlicher Kaffee ist mir wichtig,/ mehr Heimat brauche ich nicht.“ (13)
Franz Hodjak überrascht auch in diesem Gedichtband mit seinen originellen Einfällen und man folgt ihm gern in seinen apodiktischen Sprüchen, die er meist einleitend zum Besten gibt – „Die Freiheit, hat viele Namen, auch/ einen nur für mich.“ (48), „Jeder, der mehr sagt, als er/ weiß, lügt.“ (8) – in denen er mit Zahlen jongliert – „Was man sagt, muss mindestens drei Mal vorkommen, sonst lohnt es sich nicht“ (99), „Wie jeder zweite glaube/ auch ich, jeder dritte hält sich/ für ein Wunder“ (73) –, um zum Schluss in einer Volte, einer überraschenden Pirouette, zu enden: „nur wer richtig liebt, schafft es,/ bis zuletzt schwach zu sein.“ (9)


Das ist doch eine frohe Botschaft für seine interessierten Leser, dass man auch oder gerade als Zaungast im heimatlichen Duft einer Tasse Kaffee diese schier unerschöpfliche Kraft hat, sich schreibend zu erkunden. Ein neuer Band mit Aphorismen ist bereits angekündigt.
Edith Ottschofski
Franz Hodjak: „Ewig ist das Vorläufige“. Gedichte. Königshausen & Neumann, Würzburg, 2025, 132 Seiten, 17 Euro, ISBN 978-3-8260-9017-2.
Franz Hodjak: „Wäre es gegangen, wäre es anders gelaufen“. Aphorismen. sisifo//Leipziger Literaturverlag, Leipzig, 2025, ISBN 978-3-86660-313-4, zum Subskriptionspreis von 16,96 Euro (soeben erschienen).
Schlagwörter: Hodjak, Lyrik, Gedichtband
17 Bewertungen:
Noch keine Kommmentare zum Artikel.
Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.