14. Juni 2006

Heimattag der Zuversicht

Rund 12 000 Besucher fanden sich trotz ungewöhnlich kühlen Wetters vom 2. bis 5. Juni zum 56. Heimattag der Siebenbürger Sachsen in der ehemals freien Reichsstadt Dinkelsbühl ein. Ausgehend vom Leitwort des diesjährigen Heimattages, „Zukunft braucht Hoffnung“, würdigten die Festredner die kulturellen Leistungen, die gelungene Eingliederung der Siebenbürger Sachsen in ihre neuen Heimat und ihre Rolle als europäische Brückenbauer zwischen Ost und West. Die lebendigen Begegnungen zwischen Menschen, die selbstbewusste Pflege von Traditionen und kulturellen Werte, die starke Beteiligung der jungen Generation am reichhaltigen Programm ließen auch diesen Heimattag zu einem vollen Erfolg werden.
Der Heimattag spielt sich nicht nur auf offizieller Ebene ab. Die Begegnungen, die Gespräche mit Freunden und Bekannten, der gemütliche Austausch werden selbst in den Festreden der Politiker thematisiert. Landtagspräsident Norbert Kartmann sprach diesen Aspekt ebenso an wie Landtagsvizepräsidentin Barbara Stamm und Landrat Rudolf Schwemmbauer. Und der neue Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Christoph Bergner, war nicht nur nach Dinkelsbühl gekommen, um eine Ansprache zu halten, sondern auch um Hermannstädter Freunde, die er vor mehr als drei Jahrzehnten kennen gelernt hatte, zu treffen. „Dinkelsbühl ist die Hauptstadt der Siebenbürger Sachsen auf Zeit“, freute sich Oberbürgermeister Christoph Hammer beim Empfang der Bayerischen Staatsregierung am Freitag.

Das Leitwort des diesjährigen Heimattages griff auch Pfarrer Johann Schneider im Pfingstgottesdienst in der St. Paulskirche auf: „Zukunft braucht Hoffnung“. Grund und Quelle all unserer Hoffnungen sei Jesus Christus. Der gemeinsame Glaube sei die Grundlage, um beispielsweise Konflikte aus der jüngeren Vergangenheit unter den Siebenbürger Sachsen zu überwinden. Die Frage „Bleiben oder Gehen“ ist nach Ansicht des Hamlescher Pfarrers kein geistliches Thema, „denn Gott begleitet und trägt uns als Getaufte auf allen Wegen“, auch außerhalb des Karpatenbogens, aber die Versöhnung nach den oft auch notwendigen Auseinandersetzungen sei geistlich. Auch Dekan i.R. Hermann Schuller betonte in seinem „Geistlichen Wort“ vor der Schranne, dass Pfingsten die Vision einer Welt eröffnete, in der sich die Menschen verstehen. Heute und in der kommenden Zeit gelte es, „dem guten Geist Raum zu geben, zu einer Lebensform, mit einem eindeutigen Ja zur Familie mit Kindern, zu einer Lebensform in der sich Freiheit und Verantwortung miteinander verbinden, zur besseren Verständigung unter den Menschen, zu Gerechtigkeit, Toleranz und Nächstenliebe“.

Die junge Generation war zahlreich beim Festumzug vertreten. Foto: Josef Balazs
Die junge Generation war in diesem Jahr besonders zahlreich beim Festumzug vertreten. Foto: Josef Balazs

Die Integration seiner Landsleute in Deutschland sei eine „Erfolgsgeschichte“, betonte der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Dipl.-Ing. Arch. Volker Eduard Dürr, bei der Festkundgebung am Pfingstsonntag vor der Schranne. Aus der erfolgreichen Partnerschaft zwischen Dinkelsbühl und der Landsmannschaft sei eine weitere Partnerschaft, jene zwischen Dinkelsbühl und Schäßburg begründet worden, die in einem gemeinsamen Festakt im Herbst 2006 ebenfalls in der Großen Kreisstadt an der Wörnitz besiegelt werde. Zudem sprach der Vorsitzende der Föderation der Siebenbürger Sachsen Sorgen und Aufgaben an, die alle Siebenbürger Sachsen bewegen: Für eine „gute gemeinsame Zukunft“ sei es nötig, die Integrationshilfen zu verstärken, eine Gleichbehandlung im Rentenwesen zu erreichen, die kulturelle Breitenarbeit der Siebenbürger Sachsen zu fördern und deren Kulturzentrum in Gundelsheim am Neckar zu sichern (siehe Festrede).

Der europäische Einigungsprozess eröffne neue Chancen und Perspektiven auch für die Siebenbürger Sachsen. Dies erklärte Dr. Christoph Bergner, Parlamentarischer Staatssekretär, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. Vor 35 Jahren hatte Bergner als Student aus der damaligen DDR Siebenbürgen kennen und schätzen gelernt. Für die Kultur der Siebenbürger Sachsen empfindet der Staatssekretär auch heute Hochachtung, weil sie ihm so etwas wie eine Antwort auf die Frage nach der „heilen Welt“ geliefert habe. Der CDU-Politiker bekundete seine Freude darüber, dass die schwierige Entscheidung jedes Einzelnen zwischen „Bleiben oder Gehen“ überwunden worden und der Eiserne Vorhang gefallen sei; Europa wachse zusammen. Bergner ermutigte die Siebenbürger Sachsen, „diese Rolle zum Wohle beider Länder, diese Rolle zum Wohle des erweiterten Europas“ weiter zu nutzen (siehe Ansprache).

„Die Integration der Vertriebenen, die zu uns nach Bayern kamen, hat erst den Aufstieg Bayerns nach dem Krieg ermöglicht.“ Dies betonte der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, Staatsminister Eberhard Sinner, in seiner Festrede. Der CSU-Politiker dankte im Namen der Staatsregierung allen, „die aus Siebenbürgen nach Bayern gekommen sind, die hier eine Heimat gefunden haben und die unsere gemeinsame Heimat Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut haben“. Er könne es sich gut vorstellen, dass Bayern in seinem Jubiläumsjahr – wie vom Bundesvorsitzenden Dürr angesprochen – einen weiteren Stamm begrüßt, jenen der Siebenbürger Sachsen. Sinner bekundete seine Zuversicht, dass Rumänien der Europäischen Union am 1. Januar 2007 beitreten werde. Die seit 1989 durchgeführten Reformen seien eine „kleine Revolution“, die von Bürgern getragen und durchgeführt worden seien.

Junge Gesichter prägten den Heimattag. Foto: Günther Melzer
Viele junge Gesichter prägten den Heimattag 2006. Foto: Günther Melzer

Mitausrichter des diesjährigen Pfingsttreffens war die mitgliederstärkste Landesgruppe, der Landesverband Bayern, der entscheidend zum Gelingen des Heimattages beigetragen hat. Bereits bei der Eröffnungsveranstaltung am Pfingstsamstag im Schrannen-Festsaal waren zahlreiche Ehrengäste zugegen. Der Vorsitzende des Landesverbandes Bayern und Stellvertretende Bundesvorsitzende, Rechtsanwalt Dr. Bernd Fabritius, konnte viele Gäste aus Politik, Verwaltung, kommunalen Verbänden, von befreundeten Organisationen und Landsmannschaften begrüßen, darunter den Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Dinkelsbühl, Dr. Christoph Hammer, Bürgermeisterin Hildegard Beck, den Botschafter Rumäniens in Berlin, Bogdan Mazuru, den hessischen Landtagspräsidenten Norbert Kartmann, die Vizepräsidentin des Bayerischen Landtags und Rumänienbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Dr. Barbara Stamm, den Ansbacher Landrat Rudolf Schwemmbauer, seitens des Zentralverbandes der Siebenbürger Sachsen in den USA, Peter Karsti, den Vorsitzenden des Siebenbürgenforums (DFDS), Dr. Paul Jürgen Porr, seitens des Bundesverbandes der Siebenbürger Sachsen in Österreich den Ehrenbundesobmann Dr. Fritz Frank und Bundesobmannstellvertreter Oberst i.R. Mag. Wilgerd Nagy, den geschäftsführenden Vorsitzenden des Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD, Dekan i.R. Hermann Schuller, den Stiftungsvorstand der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung, Hans-Joachim Acker, den Vorsitzenden des Sozialwerks der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, Peter Pastior, sowie seitens der Landsmannschaft in Deutschland den Ehrenvorsitzenden Dr. Wolfgang Bonfert und Bundesvorsitzenden Dipl.-Ing. Arch. Volker Dürr.

Dr. Bernd Fabritius betonte in seiner Begrüßungsrede, dass in Bayern die meisten der nach Deutschland zurückgewanderten Siebenbürger Sachsen lebten. „Innovation und Tradition, pulsierendes Leben und ansteckende Gemütlichkeit, bunte Vielfalt und ausgeprägtes Heimatgefühl prägen unser Leben in der neuen Heimat“. Und davon wolle der Landesverband eine Kostprobe bei diesem Heimattag liefern. „Zukunft braucht Hoffnung“ – dieses Motto sei nicht nur für diesen Heimattag gültig. Friedrich Schiller habe in seinem Drama „Wallensteins Lager“ geschrieben: „Wer nicht hofft, der kann nichts wagen.“ Die Siebenbürger Sachsen seien mit dem Prinzip Hoffnung über Jahrhunderte aufgewachsen. „Für uns Siebenbürger Sachsen bedeutet Hoffnung nicht nur Verharren in Erwartungen, sondern Schaffensprinzip, Zuversicht also, dass durch beständigen Einsatz Hoffnungen auch erfüllt werden. Diese ureigene Grundhaltung unserer Gemeinschaft hat deren Fortbestand in der Vergangenheit gesichert.“ Fabritius zeigte sich zuversichtlich, dass diese Haltung in allen Generationen erhalten bleiben werde. Für unsere Zukunftspläne sei Hoffnung zur Sicherung einer materielle Basis für unsere Aktivitäten ebenso wichtig wie zum Fortbestehen des siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaftssinnes bei unserer jungen Generation, betonte der Landesvorsitzende.

Das Motto des Heimattages beinhaltet nach Ansicht des Oberbürgermeisters Dr. Christoph Hammer eine „besondere Hinwendung an Ihre Landsleute in der alten Heimat“. Denn für sie solle sich die Hoffnung erfüllen, dass Rumänien zu einem vollwertigen Mitglied in Europa werde, dass sie unter das Dach des „alten Europa“ zurückkehren, von dem sie so lange getrennt waren. Diese Hoffnung „auf dauerhafte stabile Strukturen in Staat und Gesellschaft“ dürften wir nicht enttäuschen, „auch wenn die Begeisterung für Europa bei uns mittlerweile etwas abgeflaut ist“. Es sei Aufgabe der Politik und von uns allen, das Vertrauen für Europa zurückzugewinnen, „ja Begeisterung zu schaffen und keine Hoffnungen zu enttäuschen“, betonte der Oberbürgermeister. „Ein partnerschaftliches Miteinander der Menschen und Völker in Europa muss nach wie vor unser gemeinsames Ziel sein.“ Deshalb sei die Partnerschaft der Stadt Dinkelsbühl mit Schäßburg „ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“. Der Zusammenhalt der siebenbürgischen Gemeinschaft ist in den Augen des CSU-Politikers geradezu ein Modell: „Sie pflegen ihre Traditionen, ohne altbacken zu sein, Sie begleiten kritisch das politische Geschehen, Sie haben in der Vergangenheit vielen Landsleuten geholfen, sich in der Bundesrepublik zurechtzufinden und Sie leisten tätige Hilfe in Rumänien.“ Die Landsmannschaft vertrete nicht nur die politischen, rechtlichen, sozialen und kulturellen Anliegen der hier lebenden Siebenbürger Sachsen, sondern erfülle eine wichtige Brückenfunktion zu den Landsleuten in Rumänien, zu Rumänien selbst, betonte Dr. Hammer.

„Dieses Europa wollen wir optimistisch angehen“, erklärte Dr. Barbara Stamm, Vizepräsidentin des Bayerischen Landtags und Rumänienbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, in ihrer Festansprache. Die CSU-Politikerin ist eine hervorragende Kennerin der Siebenbürger Sachsen und Rumäniens, das sie 60 Mal seit der Wende besucht hat und das nach ihrer Überzeugung schon 2007 in die Europäische Union aufgenommen werden sollte. Seit 15 Jahren war sie immer wieder beim Heimattag in Dinkelsbühl, heuer kam sie wieder „als Freundin unter Freunden“. „Zukunft kann man nur gestalten, wenn man verwurzelt ist in einer Heimat, wenn man weiß, wo man hingehört“, betonte Dr. Stamm. Sie dankte der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, die sich dafür einsetze, „dass die einst in Siebenbürgen blühende deutsche Kultur nicht erlischt“ (siehe Festrede.

Bogdan Mazuru freute sich, kurz nach Amtsantritt als Botschafter Rumäniens in Berlin Gast beim „bedeutendsten Fest der Siebenbürger Sachsen in Deutschland“ zu sein. Er betonte, dass die Siebenbürger Sachsen in Rumänien ein hohes Ansehen genießen. „Ihr Selbstbewusstsein, ihre Konsequenz, mit der sie ihre Kultur in der alten und neuen Heimat pflegen, ist beispielhaft. Sie haben die Kulturlandschaft Rumäniens entscheidend mitgeprägt und bereichert.“ Als Beispiel der Wertschätzung, der sie sich erfreuen, nannte Mazuru den deutschen Bürgermeister von Hermannstadt, Klaus Johannis, der mit überwältigender Mehrheit von allen Ethnien wieder gewählt worden sei. Dass Hermannstadt 2007 Kulturhauptstadt Europas sein werde, erfülle Rumänen und Deutsche gleichermaßen mit Stolz. Das sei eine hervorragende Möglichkeit, auf die Geschichte und das harmonische Zusammenleben von verschiedenen Volksgruppen in Siebenbürgen hinzuweisen. Motto der Veranstaltungen sei daher „Hermannstadt – Stadt der Kultur, Stadt der Kulturen“.

„Die Siebenbürger Sachsen haben auf hervorragende Art und Weise die Balance zwischen Tradition und Zukunftsorientierung gefunden“, sagte Mazuru weiter. In Deutschland hätten sie rasch Fuß gefasst und hier Großartiges geleistet, ihr Beitrag werde sehr geschätzt. „Trotzdem haben Sie Ihre Wurzeln nie vergessen und sind Brückenbauer zwischen alter und neuer Heimat geworden.“ Das Motto „Zukunft braucht Hoffnung“ suggeriere, dass einerseits die Motivation für die Zukunft und die Kraft aus der Tradition kommen, dass anderseits der Blick nach vorne in eine europäische Zukunft gerichtet sei, die weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit bieten werde.

Mazuru zeigte sich zuversichtlich, dass Rumänien die anstehenden Hausaufgaben bewältigen und der Europäischen Union am 1. Januar 2007 beitreten werde. Er versicherte, dass sein Land die Reformen auch nach diesem Datum weiterführen werde. Der Botschafter räumte ein, dass Aufgaben wie die Eigentumsrückgabe noch gelöst werden müssten. Dieses Thema hatten Vertreter der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben kürzlich bei einem Empfang des neuen Botschafters angesprochen (diese Zeitung berichtete). Mazuru hat die Regierung in Bukarest über diese Lage informiert und hofft nun, „dass in diesem Bereich bald eine befriedigende Lösung gefunden wird“.

Eine klare Position bezüglich des EU-Beitritts Rumäniens vertritt Norbert Kartmann, Präsident des Hessischen Landtags: „1. Januar 2007 oder sonst nichts“, sagte der väterlicherseits aus Hetzeldorf stammende Siebenbürger Sachse dezidiert. Im Herbst 2005 hatte er Bukarest, Hermannstadt und Mediasch besucht und das Thema anschließend mit Freunden der Europäischen Volkspartei, den christlich-demokratischen Parlamantariern, erörtert. Der CDU-Politiker hat wenig Verständnis für die Europäer, die zunächst einen EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens befürworten und „dann einen Verschiebebahnhof für ein Jahr machen“. Die beiden Länder gehörten zu Europa, das zeige auch ein Blick auf die Landkarte, und es sei ein Akt der politischen Klugheit, die Aufnahme Anfang nächsten Jahres zu vollziehen. Kartmann appellierte an die Politiker, den Beitritt Rumäniens und Bulgariens beim nächsten EU-Gipfel in Finnland für den 1. Januar 2007 zu beschließen. Europa ist nach Kartmanns fester Überzeugung „für uns Europäer insgesamt für die Stabilität des Friedens unverzichtbar“. Über Europa werde „zu dominant aus ökonomischer Sicht“ diskutiert, die wichtigste Säule Europas sei jedoch – aufgrund der Geschichte und Erfahrungen Europas – „die Friedenssicherung zwischen den Völkern“. „Die Siebenbürger Sachsen haben an dieser Stelle das Recht und die Pflicht das besonders laut zu sagen. Und deshalb tue ich es auch hier und heute und demnächst auch wieder.“ Kartmann bekundete die Hoffnung, dass in den nächsten Jahren neben den bereits bestehenden Partnerschaften Dinkelsbühl-Schäßburg oder Landshut-Hermannstadt weitere deutsch-rumänische Städtepartnerschaften wachsen. Er selbst versucht, eine Zusammenarbeit zwischen seiner Heimatstadt Butzbach und Mediasch anzubahnen.

Rudolf Schwemmbauer, Landrat des Landkreises Ansbach, ging in seinem Grußwort der Frage nach, weshalb sich die Siebenbürger Sachsen nun schon zum 56. Mal zu ihrem Heimattag in Dinkelsbühl treffen. „Weil sie hier ihrem sächsischen Dialekt miteinander sprechen. Es tut gut, die Muttersprache hier mit Gleichgesinnten voll auszukosten, sich auszutauschen, vielleicht neue Empfindungen mit nach Hause zu nehmen“, sagte der CSU-Politiker. Und deshalb feierten die Siebenbürger Sachen ihren Heimattag in Dinkelsbühl. Schwemmbauer wurde durch Erinnerungen mit einem besonderen Bezug zu den Siebenbürger Sachsen geprägt. Kurz nach Kriegsende wurde er auf einem Bauernhof von zwei heimatvertriebenen Familien erzogen, die dort zeitweilig Aufnahme gefunden hatten. Dies erfülle ihn auch heute mit Respekt. Rudolf Schwemmbauer bezeichnete die Siebenbürger Sachsen als „Brückenbauer“. „Nutzen Sie diese Chance und pflegen sie diese Verbindungen aufgrund der neuen Entwicklungen, die es geben wird.“

Grüße seitens der Siebenbürger Sachsen in der alten Heimat überbrachte Dr. Paul Jürgen Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen. Hoffnung sei für jeden Einzelnen ebenso wichtig wie für eine Gemeinschaft. Bezogen auf die Deutschen merkte Porr provokativ an, dass „aus dem Volk der Dichter und Denker ein Volk der Jammerer und Nörgler“ geworden sei. Er ermunterte sie, hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken. Denn trotz kleiner Unzulänglichkeiten im Alltag sei Deutschland weiterhin eine der führenden Nationen der Welt und „Exportweltmeister“, „Made in Germany“ sei weiterhin weltweit gefragt. Seine Landsleute ermutigte Porr, hoffnungsvoll zu sein, auch wenn die Institutionen in Gundelsheim noch einer weitergehenden Absicherung bedürfen.

Peter Karsti überbrachte Grüße von David Bokesch, Präsident des Zentralverbandes der Siebenbürger Sachsen in den USA (Alliance of Transylvanian Saxons – ATS), dem Vorstand und den Mitgliedern. Einen besonderen Gruß richtete der Gast aus Übersee an die Jugend, „die unser Brauchtum weiterpflegt und die diesen Heimattag so prächtig mitgestaltet“. Karsti überreichte sodann einen Scheck der Landsleute aus den USA für die Altenhilfe des Sozialwerks der Siebenbürger Sachsen in Deutschland. Die Grüße der Landsleute aus Österreich überbrachte Bundesobmannstellvertreter Wilgerd Nagy, ein Grußwort seitens des Hilfskomitees sprach Dekan i.R. Hermann Schuller.

Hans-Joachim Acker, Stiftungsvorstand der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung, berichtete über deren Einsatz zum Erhalt der siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbes, die umfangreichen Renovierungen an Kirchen und Kirchenburgen in Birthälm, Reußmarkt, Tartlau oder Honigberg, die Förderung junger Künstler und Herausgabe von Heimatbüchern. Acker bekundete die Absicht der Siebenbürgisch-Sächsischen Stiftung, die Zusammenarbeit mit der Landsmannschaft künftig zu vertiefen. Doris Hutter, Stellvertretende Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, verwies in einem Gespräch mit dieser Zeitung auf die bereits bestehende Kooperation des Landesverbandes Bayern mit der Stiftung, die übrigens das Motto des diesjährigen Heimattages angeregt hatte: „Zukunft braucht Hoffnung“, das schließlich vom Bundesvorstand beschlossen worden sei.

Moderiert wurde die Eröffnungsveranstaltung von Heidi Krempels, Vertreterin der bayerischen Landesjugend, die abschließend sagte: „Im Sinne des Mottos unseres Heimattages ‚Zukunft braucht Hoffnung‘ wollen wir voll Hoffnung in die Zukunft blicken. Als nachfolgende Generation sind wir gerne bereit, dafür auch unseren Beitrag zu bringen. Unsere Beteiligung mit Engagement und Frohsinn auch an diesem Heimattag ist nur ein lebendiges Zeichen dafür.“ Für eine niveauvolle musikalische Umrahmung sorgte das Amelius Trio, das bezeichnenderweise aus einem Schwaben (Raguel Ott, Oboe), einem Franken (Markus Krusche, Klarinette) und einer Siebenbürger Sächsin (Ingrid Hutter, Fagott) besteht.

Johann Schuller, langjähriger Organisationsreferent für den Heimattag in Dinkelsbühl, wurde für sein 25-jähriges Engagement vom Bundesvorsitzenden Volker Dürr im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung am Samstag geehrt. Er steht an der Spitze eines großen ehrenamtlichen Helferteams, das die jährlichen Heimattage erst möglich macht.

In den Mittelpunkt des diesjährigen Heimattages wurden zudem die kulturellen und wissenschaftlichen Leistungen der Siebenbürger Sachsen gerückt. So wurden in Zusammenarbeit mit dem Siebenbürgen-Institut und Siebenbürgischen Museum in Gundelsheim Archivalien bzw. Werke von Trude Schullerus ausgestellt, Dr. Christoph Machat, Vorsitzender des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates, referierte über die Sicherung des siebenbürgisch-sächsischen Kulturerbes. Eine Ausstellung über die Schulen der Siebenbürger Sachsen wird vom Deutschen Schulmuseum in Nürnberg beigesteuert. Der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturpreis 2006 wurde am Pfingstsonntag an den Historiker Dr. Michael Kroner vergeben. Mit dem Jugendpreis wurde der Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft, Erhard Graeff, geehrt. Der Habermann-Preis ging an die beiden Nachwuchsforscherinnen Dunja Richter und Anita Hartwig.

Maßgebend mitgestaltet wurde der Heimattag in Dinkelsbühl abermals durch die Siebenbürgisch-Sächsische Jugend in Deutschland (SJD). Mit dem Programmpunkt „Unser Nachwuchs präsentiert sich“ gelang es bereits zum vierten Mal, junge Familien in den Heimattag mit einzubeziehen. Eine Rekordzahl von Zuschauern wurde bei der Tanzveranstaltung „Jung und voller Schwung“ am Sonntagnachmittag vor der Schranne verzeichnet. Die Zahl der Aktiven in Dinkelsbühl verstetigt sich in den letzten Jahren auf hohem Niveau: 100 Tanzpaare boten Volkstänze vor der Schranne dar, 19 Mannschaften nahmen am Fußballturnier teil und acht Teams am zweiten Volleyballturnier der SJD. Am traditionellen Festumzug durch die historische Altstadt von Dinkelsbühl beteiligten sich erneut rund 50 Brauchtumsgruppen und Blaskapellen mit rund 1 500 siebenbürgisch-sächsischen Trachtenträgern. Die Zahlen belegen, mit welchem Einsatz siebenbürgisch-sächsisches Brauchtum und Gemeinschaft gepflegt werden. Der Trachtenumzug wurde wie immer gekonnt und beherzt von Hannelore Scheiber vom Landesverband Bayern moderiert, diesmal unterstützt von Ines Wenzel.

Einen aufschlussreichen Dialog über die Pflege siebenbürgisch-sächsischer Kulturwerte durch die junge Generation führten Horst Göbbel (Vater) und Roland Göbbel (Sohn) an der Gedenkstätte der Siebenbürger Sachsen. Den Abschluss des Heimattages bildete die Podiumsdiskussion zur Fragestellung „Beständigkeit im Wandel“ unter der Moderation der Stellvertretenden Bundesvorsitzenden Karin Servatius-Speck. Das aktuelle Thema wurde von Fachleuten aus Ethnologie, Kunstgeschichte, Theologie, Politik und Brauchtumspflege erörtert.

Siegbert Bruss


Schlagwörter: Heimattag, Dinkelsbühl

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