6. Oktober 2006

Als Brückenbauer aktiv: 30 Jahre Haus der Heimat in Stuttgart

Das Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg in der Schlossstraße 92 feierte sein 30-jähriges Bestehen. Es wurde 1976 durch die Landesregierung gegründet. Die Festwoche wurden am 25. September 2006 durch einem Festakt mit Innenminister Heribert Rech eröffnet. Dem schloss sich eine Fachtagung zum Thema „Heimat - Annäherungsversuche“ an. Ein Tag der offenen Tür mit unterschiedlichen Angeboten rundete das Festprogramm ab.
Das Haus der Heimat in Stuttgart beherbergt die Büros und Geschäftsstellen von zwölf Landsmannschaften, jene des Landesverbandes des Bundes der Vertriebenen und der Verwaltungsstelle des Hauses (Außenstelle des Innenministeriums). Im vierten Obergeschoss befindet sich die Bibliothek mit ca. 23 000 Büchern zur Geschichte und Kultur der Vertriebenen und Aussiedler. In vier Räumen finden jährlich ca. 1 000 Veranstaltungen statt. Seitens der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen nutzen das Haus der Chor der Kreisgruppe Stuttgart, die Jugendtanzgruppe der Kreisgruppe, die Volkstanzgruppe und die Siebenbürger Blasmusik Stuttgart e.V. Ebenfalls hier hält der Frauenkreis Stuttgart seine monatliche Zusammenkünfte ab. Die Stuttgarter Vortragsreihe der Landesgruppe findet seit der Gründung im Jahr 1976 in dem Großen Saal des Hauses statt. Alle Sitzungen des Vorstandes der Landesgruppe Baden-Württemberg werden ebenfalls hier abgehalten. Auch kleinere gesellige Zusammenkünfte sind in den Räumen möglich.

Stand der Siebenbürger Sachsen bei der 30-jährigen Jubiläumsfeier des Hauses der Heimat in Stuttgart. Foto: Martin Schnabel
Stand der Siebenbürger Sachsen bei der 30-jährigen Jubiläumsfeier des Hauses der Heimat in Stuttgart. Foto: Martin Schnabel

Die Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen war beim Festakt durch ihren baden-württembergischen Landesvorsitzenden Alfred Mrass vertreten. Nach der Begrüßung durch Gerhard Niebling, den Leiter des Hauses der Heimat, folgte die Ansprache von Heribert Rech, Innenminister und Landesbeauftragter für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler des Landes Baden-Württemberg.

Rech würdigte die Erfolge des Hauses der Heimat in den zurückliegenden 30 Jahren, als eine Arbeit, die vom Gedanken an Versöhnung und Verständigung mit unseren osteuropäischen Nachbarstaaten geprägt sei. Mit dem Haus der Heimat hatte das Land Baden-Württemberg im Jahr 1976 einen Markstein zur Pflege der Kultur der Heimatvertriebenen und zum Erhalt des Wissens um die Kultur und Geschichte der ehemaligen deutschen Ostgebiete gesetzt. Die in § 96 Bundesvertriebenengesetz verankerte Verpflichtung zur Pflege der Kultur, wurde durch das Haus der Heimat institutionalisiert. In der damaligen Zeit, nur wenige Jahre nach Abschluss der kontroversen Diskussion zu den Ostverträgen und einer feststellbaren Distanzierung von Teilen der Politik gegenüber der Heimatvertriebenen, war dies ein klares und deutliches Bekenntnis der Landesregierung zu den deutschen Heimatvertriebenen und Flüchtlingen. Rech betonte, dass gerade jetzt der richtige Zeitpunkt sei, dieses Bekenntnis zu erneuern.

Rech stellte sich ausdrücklich gegen die aktuellen Versuche, das Image des Hauses der Heimat durch Vorwürfe wegen rechtsextremistischer Aktivitäten zu schädigen. Es sei falsch und verleumderisch, das Haus der Heimat in Zusammenhang mit rechtsextremen Positionen zu stellen. Rech widersprach entsprechenden Pressemeldungen nachdrücklich. Rechtsextremes Gedankengut hätte hier nichts verloren und werde nicht geduldet.

Der CDU-Politiker stellte fest, dass vor allem die Renaissance der Regionen in Osteuropa die Arbeit des Hauses in den vergangenen Jahren geprägt habe und weiter an Bedeutung gewinnen werde. Eine weitere Entwicklung sei der Wandel der Erlebniskultur in eine Erinnerungskultur. Die Aufgaben und der Erfahrungsschatz der Erlebnisgeneration müssten auf jüngere Generationen übertragen werden. Es werde eine Aufgabe des Hauses der Heimat sein, gerade diejenigen anzusprechen, die selbst nicht Opfer der Vertreibung waren. Den Jugendlichen, als wichtige Zielgruppe, gelte es zu vermitteln, dass die ostdeutsche Kultur bleibenden Wert habe und Teil der gesamten deutschen Kultur sei. Auf dem Weg der Verständigung und Versöhnung sollten als zentrale Aufgabe die Hintergrunde von Vertreibung und Verfolgung historisch korrekt erläutert werden.

Das Osteuropakonzept des Landes Baden-Württemberg zur Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Staaten beziehe die Einrichtungen der Vertriebenenkulturarbeit und somit auch die des Hauses der Heimat mit ein, betonte der Innenminister. Das Haus der Heimat solle auch weiterhin Initiator und Mittler für die Zusammenarbeit mit den östlichen Nachbarstaaten sein. Die Koalitionsvereinbarung der Regierungsparteien unterstreiche die Unterstützung, d.h. das Haus der Heimat sei auch für die folgenden Jahre in seinem Bestand gesichert.

Karl Walter Ziegler vom BdV-Landesverband Baden-Württemberg dankte dem Innenminister für die deutlichen und anerkennenden Worte. Er betonte, dass sich das Haus der Heimat als Zentrum des Verbandslebens und Bildungseinrichtung bewährt habe. Er bedauerte, dass trotz der sehr wichtigen Brückenbauerfunktion die Arbeit der Vertriebenen in den Medien noch verkannt oder bewusst verzerrt dargestellt werde. Abschließend dankte er allen Beteiligten für ihre Arbeit und dem Land Baden-Württemberg für das Tragen dieser Institution.

Der Festvortrag zum Thema „Heimat - Nachdenken über eine Aufgabe“ von Prof. Dr. Werner Mezger, Johannes-Künzig-Institut für ostdeutsche Volkskunde in Freiburg, konnte leider nicht wie vorgesehen stattfinden. Prof. Mezger hatte zwei Stunden vorher einen Sohn bekommen. Der Vortrag wurde am darauffolgenden Tag im Rahmen der öffentlichen Fachtagung zum Thema „Heimat“ nachgeholt.

Für die musikalische Umrahmung am Marimbaphon und Vibraphon sorgten Viktor Herzig und Johannes Otto Reischmann. Beide sind mehrfache Preisträger auf Bundes- und Landesebene im Wettbewerb „Jugend musiziert“. Beim anschließenden Stehempfang beteiligen sich die Verbände und Landsmannschaften mit kulturellen und kulinarischen Spezialitäten, wobei die Kreisgruppe Stuttgart der siebenbürgischen Landsmannschaft die Gäste mit Hanklich und Baumstriezel verwöhnte.

Martin Schnabel

Schlagwörter: Jubiläum, Stuttgart

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