7. Oktober 2006

Feste im östlichen Europa – gestern und heute

Als Veranstaltung der Fachkommission Volkskunde des J. G. Herder-Forschungsrats, des Instituts für Volkskunde der Universität München, der Alfred Töpfer-Stiftung, Hamburg, und der Südosteuropa-Gesellschaft, München, fand vor kurzem in der Ludwig-Maximilians-Universität eine viertägige internationale Tagung statt. Das Thema dieser Veranstaltung, zu der Wissenschaftler aus Deutschland, Ungarn, Polen, Bulgarien, Kroatien, Serbien, Tschechien und der Slowakei eingeladen waren, lautete: „Feste – Feiern – Rituale im östlichen Europa“.
Bei der feierlichen Eröffnung hielt der renommierte Ethnologe Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Roth (München), als Initiator und Organisator der Tagung, eine fundierte Einführung zur weitgespannten Thematik von „Feste, Feiern, Rituale in Ost und West“, wonach der bekannte ungarische Volkskundler Prof. Dr. Tamás Hofer mit seinem Referat („Der 15. März in Budapest – rezente Wandlungen einer historischen Gedenkfeier“) die Vortragsreihe einleitete.

Die wissenschaftlichen Referate, die in den drei darauf folgenden Tagen in deutscher oder englischer Sprache gehalten wurden, waren in fünf große Themenkreise eingebunden: 1. „Fest, Tradition und Religion“ – Dr. Gabriela Kilianová, (Opole/Oppeln), Dr. Claus Stephani (München), Prof. Éva Pócs (Pécs/Fünfkirchen), Dr. Petar Petrov (Sofia), 2. „Fest und lokale Identität“ – Prof. Anton Sterbling (Görlitz), Ágnes Hesz M.A. (Pécs/Fünfkirchen), Michaela Ferencová M.A. (Bratislava/Pressburg), Dr. Joanna Bar (Krakow/Krakau), 3. „Fest und nationale Identität“ – Prof. Radost Ivanova (Sofia), Dr. Jasna Capo-Zmegac (Zagreb), Dr. Gabriela Kilianová (Bratislava/Pressburg), Claudia Rüb M.A. (München), 4. „Fest und Politik“ – Prof. Wolfgang Höpken (Leipzig), Dr. Ivan Colovic (Belgrad), Violeta Koceva M.A. (Sofia), Aleksandra Markovic M.A. (Belgrad), 5. „Arbeit und Ritual“ – Dr. Jana Pospisilova, Jana Noskova M.A. (Brno/Brünn), Ivanka Petrova (Sofia) und Dr. Ljuba Herzanová (Bratislava/Pressburg).

An der Tagung beteiligten sich Leiter und Vertreter bekannter Forschungsinstitute, wie Prof. Dr. Helge Gerndt (Institut für Europäische Ethnologie, München), Dr. Heike Müns (Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, Oldenburg), Dr. Marianne Stössl (Bayerisches Nationalmuseum, München/Schleißheim), ferner die ungarndeutsche Ethnologin Dr. Monika Lackner (Volkskundemuseum, Budapest) sowie Studenten, Doktoranden und Volkskundler der Nachwuchsgeneration. Ihre Diskussionsbeiträge belebten vielseitigen fachlichen Aussprache, die am vorletzten Tagungsabend im Haus von Prof. Roth fortgeführt wurden, wo die Gastgeberin, Prof. Dr. Julia Roth, die zahlreichen Gäste nach osteuropäischer Art mit bulgarischen Spezialitäten kulinarisch verwöhnte.

Die beiden aus Rumänien stammenden Referenten – „wissenschaftliche Vertreter der Siebenbürger und der Banater Deutschen“ –, der Ethnologe und Schriftsteller Dr. Claus Stephani und der Soziologe Prof. Anton Sterbling, hielten Referate, das sich auf die volkskundliche und kultursoziologische Situation in der ehemaligen Heimat bezogen. So sprach Dr. Stephani über „Die Rückkehr zur Tradition. Aspekte der Wandlung von Brauchtum und Lebensweise im rumänischen Judentum nach der Wende 1990“, wobei er im Festhalten an identitätsprägenden Traditionen der letzten jüdischen Einwohner Rumäniens auch Parallelen zur derzeitigen Lage der „letzten“ Deutschen in Siebenbürgen erkannte.

Prof. Sterbling zeigte am Beispiel eines Kerweihfestes wie alte Bräuche in einem neuen heimatlichen Umfeld wieder aufleben. Ein Referat, das viel Heiterkeit auslöste, hielt der serbische Volkskundler Dr. Ivan Colovic (Belgrad), der über „Rituelle Gaben an Tito“ sprach und am Beispiel eines reichen Bildmaterials vorführte, womit Josif Broz Tito vom „Volk“ und von „Volksvertretern“ im Laufe der Zeit so beschenkt wurde. Die Palette reicht von handgestrickten Socken und bestickten Ruhekissen bis zu einer kitschigen Vielfalt folkloristischer Objekte aller Art.

Die 21 Referate der Tagung, die neue Einsichten in den Wandel von osteuropäischen Festen und Ritualen vor und nach der Wende 1989/90 vermittelten, werden demnächst in einem Sammelband veröffentlicht.

Maja Martini

Schlagwörter: Tagung, Südosteuropa, Brauchtum

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