4. Januar 2007

"Spiegelungen" setzen zeitgeschichtliche Akzente

Zeitgeschichtliche Beiträge prägen das dritte Heft des ersten Jahrgangs (55) der vom Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der LMU München (IKGS) herausgegebenen Vierteljahresschrift „Spiegelungen“. „Das aktuelle Thema“, mit dem die Zeitschrift eröffnet, ist der von der Stiftung „Zentrum gegen Vertreibungen“ organisierten Berliner Ausstellung „Erzwungene Wege“ gewidmet, durch die Flucht und Vertreibungen im Europa des 20. Jahrhunderts dokumentiert werden sollen.
Der vom Rundfunkjournalisten Ernst Meinhardt gezeichnete Beitrag behandelt eingehend die Darstellung der Vorgänge, von denen insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg in großer Zahl auch Deutsche aus Südosteuropa betroffen waren. Zeitgeschichte thematisieren auch die aus dem Nachlass veröffentlichten Gefängnisaufzeichnungen des siebenbürgischen Schriftstellers Erwin Neustädter (1897-1992), Erinnerungen des Banater Deutschlehrers Wendel Orner, oder in literarischer Gestaltung in Hans Bergels Erzählung über merkwürdige Umstände einer Eheschließung in einem rumänischen Straflager.

Mit Zeitereignissen eng verbunden sind auch die autobiografischen Schilderungen des aus Leipzig stammenden deutsch-jüdischen Schriftstellers Edgar Hilsenrath, der als Kind in der Bukowina vor den Nazis in Sicherheit gebracht werden sollte. Im Gespräch mit Stefan Sienerth gibt der 80-jährige bekannte Romancier Auskunft über seine bewegten Lebensumstände und sein literarisches Werk. Ein gebürtiger Bukowiner ist Manfred Winkler, 84, der, in Israel lebend, zum hebräischen Autor wurde, aber, wie Buchveröffentlichungen und die neuesten in der Zeitschrift gebrachten Gedichte bezeugen, Lyrik auch in deutscher Sprache schreibt. Verdienste um die Förderung und Pflege deutschsprachiger Presse und Literatur in Israel erwarb sich die Publizistin, Herausgeberin und Prosaautorin Alice Schwarz-Gardos. Paul Tischler (München) würdigt das Wirken der 90-Jährigen. „Preßburg in der deutschsprachigen Presse der Stadt“ (1850-1920) behandelt die Budapester Pressehistorikerin Mária Rózsa. Der Literatur von deutschschreibenden Immigranten, unter ihnen nicht wenige aus südosteuropäischen Ländern, wendet sich Ioana Crăciun (Bukarest) in ihrem Beitrag „Die Erfahrung der Fremde bei Aglaja Veteranyi“ zu.

Zum Gedenken an den früh verstorbenen, in Reschitza im Banater Bergland geborenen rumäniendeutschen Dichter Rolf Bossert (1952-1986) bringt die Zeitschrift Beiträge von Richard Wagner, Johann Lippet und Franz Hodjak, die anlässlich einer Hommage in Frankfurt a. M. über den Freund und Kollegen sprachen. Es folgen Berichte über den VII. Kongress der Germanisten in Temeswar (Peter Motzan) und das 5. Arbeitstreffen deutschsprachiger Akademiewörterbücher in Wien (Hans Gehl). Das Werk des donauschwäbischen bildenden Künstlers Robert Hammerstiel, dem unlängst in Erlangen eine Ausstellung gewidmet war, wird von Johann Adam Stupp charakterisiert, während Krista Zach auf die Präsentation von Malerei der siebenbürgischen Moderne im Museum von Kornwestheim eingeht. Die Rubrik „Neue Bücher“ hat den Länderschwerpunkt Rumänien (Siebenbürgen, Banat). Nekrologe erinnern an den Literatur- und Theaterkritiker Emmerich Reichrath, den Komponisten Dieter Acker, den Polyhistor Hans Mieskes.

Die Vierteljahresschrift „Spiegelungen“ kann als Einzelheft für 6,15 Euro (zuzüglich Porto) und als Jahresabo für 22,50 Euro (einschließlich Porto) über Intime, Freihammerstraße 2, 82166 Gräfelfing, Telefon: (089) 85 70 91 12, bezogen werden.

Schlagwörter: Zeitgeschichte, Rezension

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