27. Juni 2007

"Dragons" Musik im Weltall

Im Dezember 2006 fand ein speziell für die Europäische Weltraumbehörde ESA und den deutschen Astronauten Thomas Reiter komponierter Song seinen Weg ins All. Sänger und Autor dieser Komposition, „Dragon“, ist der im siebenbürgischen Mediasch geborene Manfred-Michael Seiler.
„Man muß nur mutig sein“ lautet nun der Untertitel des Hörbuchs „Zwischen Himmel und Erde“, das der in Badenweiler im Schwarzwald lebende Autor und Verleger Hugh-Friedrich Lorenz in diesen Tagen in den Handel bringt. Lorenz gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung: „Als ich bei meiner ersten Begegnung mit ‚Dragon’ erfuhr, dass er Siebenbürger sei und eines seiner Lieder zu Thomas Reiter in die Raumstation ISS gesandt wurde, während sich dieser auf seinen ersten Ausflug außerhalb der ISS Raumstation vorbereitete, wusste ich sofort: Das ist eine einmalige, historische Begebenheit!“
„Dragon“ in siebenbürgisch-sächsischer Tracht im ...
„Dragon“ in siebenbürgisch-sächsischer Tracht im Tonstudio Andreas Melzer in Drabenderhöhe. Foto: Christian Melzer
Lorenz, selbst in Nürnberg aufgewachsen, interviewte daraufhin Karlheinz Rohrwild, den Direktor des Hermann-Oberth-Raumfahrtmuseums in Feucht bei Nürnberg. Dieser war seit seiner Jugend mit Oberth persönlich bekannt und hatte so manche Episode über den berühmten Raumfahrtpionier „auf Lager.“ Lorenz: „Von da an hatte mich das Thema gepackt – Oberth, Siebenbürgen, ‚Dragon‘ und der Weltraum!“ Rohrwild überließ ihm zahlreiche Materialien über, von und mit Oberth, u.a. auch Filmmaterial und Mitschnitte von Oberths Reden über seine Arbeit. Schlag auf Schlag folgten dann weitere Gespräche mit „Dragon“ in Köln, die Lorenz’ Kenntnisse vertieften.

So entstand zunächst die Toninszenierung „Zwischen Himmel und Erde“: Oberth als der, der die Grundlagen schuf, ohne die es heute noch keine Raumfahrt gäbe; Thomas Reiter als der erfahrenste europäische Astronaut, der bewies, dass der Mensch sich monatelang im Raum aufhalten kann. Und schließlich „Dragon“, der als erster Musiker den Weltraum zu seinem Generalthema machte. Denn was wenige wissen: Bereits seit sieben Jahren leitet er als musikalisch verantwortlicher Direktor Kulturevents der ESA. Man vertraute ihm diese Herausforderung gerne an, nachdem sein erster Song „Space – the eye of the world“ (Der Weltraum – das Auge der Welt) dort begeistert aufgenommen wurde. „Dragon“ erläutert gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung: „Das Weltall schwingt, die Sterne strahlen, das ganze Universum symbolisiert Schönheit und Harmonie; und dann die Musik – der Innbegriff für Harmonie … für mich persönlich war Musik schon immer ein stabiles und klar definiertes Element im Universum. Für mich stand seit meiner Schulzeit am Stephan-Ludwig-Roth-Gymnasium in Mediasch, wo Hermann Oberth 14 Jahre lang gelehrt hat, außer Frage, dass ich eines Tages die Verbindung zwischen Oberths Welt und der meinen herstellen würde.“

Und wie ihm das gelang! Seiler lernte Thomas Reiter durch seine Aktivitäten für die ESA in Köln persönlich kennen: „Ich hatte mehrmals Gelegenheit, mich mit diesem wunderbaren Menschen in Ruhe und zu Themen über den Tag hinaus zu unterhalten. So erfuhr ich bald, dass auch er leidenschaftlich gerne Musik macht, dass er selbst Gitarre spielt. Da reifte in mir ein Gedanke …“. Und während der deutsche Astronaut dann im Sommer 2006 in etwa 300 km Höhe die Erde umkreiste, stand „Dragon“ im Studio in Köln und nahm ein Lied auf, das sein besonderes Geschenk an die ESA und speziell Thomas Reiter für dessen mutige Mission darstellte: „Beyond the blue of the sky“ (Hinter dem Blau des Himmels). Moderne Technologien machen es möglich, jede Art von Daten ins Orbit und zurück zu übertragen. So landete also, zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte, eine Musik-MP3-Datei in einer Raumstation – und motivierte einen Astronauten vor seinem kritischen Ausflug an die Außenseite der ISS! Thomas Reiter schrieb spontan in einer E-Mail aus der Raumstation an die Bodenstation, nachdem er den Song empfangen hatte: „Was für ein großartiges Lied! Bitte leite meine besten Grüße an ‚Dragon‘ weiter – ich bin wirklich berührt von seinem Werk …“.

Aber das war nicht das Ende dieser Episode, sondern eher ihr Anfang: Durch die enge Zusammenarbeit des Schriftstellers Lorenz und des Musikers Seiler in den letzten Monaten in Vorbereitung zu dem Hörbuch, das in einer Doppel-DVD-Verpackung auch eine gesonderte Musik-CD mit neun teilweise auf Siebenbürgisch gesungenen Songs von und mit dem Siebenbürger Sachsen enthält, erwuchs eine verrückte Idee: „Lass uns Hermann Oberth für seine Arbeit, sein Werk und für seine selbstlose und der Menschheit so hilfreichen Visionen danken, in dem wir ihn auf die Bühne bringen!“ Gesagt, getan – es entstand in kurzer Zeit eine beeindruckende Inszenierung mit Szenen aus TV-Interviews mit Hermann Oberth, Szenen aus der Raumstation ISS und anderen multimedialen Leckerbissen in Großbildprojektion, einer packenden Moderation durch Lorenz und jede Menge Livemusik von und mit „Dragon“. Vorläufiger Höhepunkt ist eine Aufführung am Abend des 4. Oktober 2007 im Planetarium Nürnberg zum 50. Jahrestag des ersten Sputniks im All.

Nach seinen Eindrücken aus der Zusammenarbeit mit Seiler befragt, schmunzelt Lorenz: „Nachdem ich inzwischen so viele Originalinterviews mit Hermann Oberth sah und hörte, immer mehr Kontakte mit Siebenbürgern finde und nahezu täglich mit ‚Dragon‘ telefoniere, verstehe ich den Erfolg der Schriften aus Hermannstadt von Conrad Haas und Hermann Oberth ebenso wie die Tatsache, dass Hermannstadt 2007 Kulturhauptstadt Europas wurde.“ Er habe sie als hartnäckig, aber fair, als fleißig und belastbar und als immer wieder für phantasievolle Überraschungen gut kennen gelernt, die Siebenbürger Sachsen. An der Musik „Dragons“ fasziniere ihn dessen sprachliche und kulturelle Vielfalt (Seiler publiziert seine Liedertexte nicht selten gleichzeitig in Hochdeutsch, in siebenbürgisch-sächsischer Mundart und oft auch in Englisch, Französisch oder Spanisch) ebenso wie seine Lebensphilosophie und sein Temperament, das er inzwischen als „typisch siebenbürgisch“ einstuft: „Dass ein solches Projekt von ‚Dragons‘ Weltraummusik bis zur Bühnenreife der Show ‚Zwischen Himmel und Erde‘ in so kurzer Zeit möglich war, ist, das räume ich gerne ein, der Aufgeschlossenheit, dem Fleiß, der Präzision und der Hartnäckigkeit Manfred-Michaels in unserer Zusammenarbeit zu verdanken – für mich typische Tugenden der Menschen aus Siebenbürgen“.

Seilers größter Wunsch wäre eine Aufführung der Inszenierung „Zwischen Himmel und Erde“ in Hermannstadt noch in diesem Jahr.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 10 vom 30. Juni 2007, Seite 8)

Schlagwörter: Musik, Oberth

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Neueste Kommentare

  • 27.06.2007, 09:13 Uhr von gemeser: Manfred Seiler besuchte ab der 8. Schulklasse mit Sicherheit das Lyzeum "Axente Sever" in Mediasch. ... [weiter]

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