1. August 2007

TV-Tipp: Theaterfestival in Hermannstadt auf 3sat

Ein Feuerwerk als finaler Knalleffekt – spektakulär wie die vorangegangenen zehn Tage endete das diesjährige Internationale Theaterfestival in Hermannstadt. Das Kulturhauptstadtjahr beflügelt zu Rekorden: Über 200 Veranstaltungen sind vom 24. Mai bis 3. Juni über die Bühne gegangen. Elf Tage lang bezog eine internationale Theaterszene Quartier in der Stadt am Zibin. Das öffentlich-rechtliche Fernsehprogramm 3sat sendet am Samstag, dem 4. August, um 19.20 Uhr (Nachtwiederholung ab 3.05 Uhr, Wiederholung am 6. August, 9.05 Uhr) in der Reihe „FOYER spezial“ den 35-minütigen Film von Lutz Ehrlich: „Zwischen Mythos und Marktwirtschaft: Die Kulturhauptstadt Sibiu/Hermannstadt“ (Erstausstrahlung).
„Spätestens seit der Ernennung zur Europäischen Kulturhauptstadt 2007 macht Hermannstadt eine Bilderbuch-Karriere als rumänische Boomtown. Im 12. Jahrhundert von deutschen Kolonisten gegründet, später kulturelles Zentrum der Siebenbürger Sachsen, dann rumänisches Provinznest: Das sind nur einige Stationen im bewegten Lebenslauf einer Stadt, in der seit Jahrhunderten Rumänen und Deutsche zusammenleben, und in der die Deutschen seit jeher eine bedeutende Rolle spielen. Hermannstadt gilt als Zukunftswerkstatt für das Zusammenleben im neuen, größeren Europa. Ein Motor dafür ist das seit Anfang der 1990er Jahre dort stattfindende Theaterfestival. Es ist mittlerweile das größte seiner Art in Südosteuropa. Die Schauspielerin Renate Müller-Nica ist seit den Anfängen dabei. Sie hat für den Erhalt der deutschen Abteilung des Hermannstädter Theaters gekämpft. Ihr Sohn Radu Nica ist der Starregisseur der rumänischen Abteilung. Mittlerweile entscheiden sich auch deutsche Schauspieler für ein Engagement in Hermannstadt. Lutz Ehrlichs Film berichtet über das Leben und die künstlerischen Herausforderungen in einer Region, in der die Geschichte nicht nur ständig präsent ist, sondern jeden Tag neu gemacht wird.“ (Pressetext)

Die TV-Reportage vermittelt einen atmosphärisch-stimmigen Eindruck von der großen Bandbreite an Produktionen und Performances, vom Aktionstheater auf der Straße bis hin zur klassischen Bühnenaufführung. Im Fokus steht dabei das unter dem Dach des Festivals flüchtig vereinte bunte Theatervolk. Dessen Internationalität und Heterogenität offenbart sich in kurzen Interviews. Die Kamera führt den Zuseher an die verschiedenen Veranstaltungsorte und hinter die Kulissen. Bisweilen sprunghaft wechseln die Locations. Schnelle Schnitte zwischen der Totalen und Nahaufnahmen von den Gesprächspartnern erzeugen einen pulsierenden Rhythmus. Der Film enthält sich jeglicher kritischer Wertung. Das Fehlen von Kritikerstimmen stellt – anders als die Sendepause für Kultur- und Kommunalpolitiker – eine gewisse Eintrübung dar. Die Innenansicht des Festivals gerät dafür umso lebendiger und ein facettenreiches Leporello entfaltet sich. Fazit: sehenswert.

Rumänien beschäftigt den Berliner Autor für Fernsehreportagen im Bereich Kultur und Politik, Lutz Ehrlich, nicht zum ersten Mal. Vor fünf Jahren machte er eine Reportage über Roșia Montana, und in diesem Jahr veröffentlichte die Zeitschrift „essen & trinken“ in ihrer März-Ausgabe (Auflagenhöhe 200 000) einen Beitrag von Lutz Ehrlich über die Küche Siebenbürgens.

Christian Schoger

Schlagwörter: TV, Reportage, Hermannstadt, Theater

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