9. März 2008

Roadmovie "TranSylvania" auf DVD

„TranSylvania“ ist in vielerlei Hinsicht ein ganz besonderer Film. Bildgewaltig, intensiv, ausdrucksstark. Ein Roadmovie, getragen von einer Musik, die hypnotisiert, die, neben den überwältigenden Landschaftsbildern und den beiden Protagonisten, Asia Argento (Zingarina) und Birol Ünel (Tchangalo), eine der Hauptrollen übernimmt. Erstmals außerhalb des Wettbewerbs vorgestellt in Cannes, 2006, wurde er von der französischen Presse euphorisch gefeiert, nominiert und ausgezeichnet.
Seit Anfang März wird eine DVD-Version über Amazon vertrieben, die das französische Original in Englisch untertitelt und diesen außergewöhnlichen Film hoffentlich auch einem größeren deutschen Publikum zugänglich macht.

Der Film führt durch karge Landschaften, die geprägt sind von den Folgen eines totalitären Regimes: morastige, von Telegraphenmasten gesäumte Straßen, verlassene Industrieanlagen, die sich aus dem Nebel hervorschälen. Aber auch durch endlose, verschneite Weiten, die ins makellose Weiß des Himmels übergehen, einzig und allein befleckt vom Eindringen des Menschen. Er führt mitten in den Schmelztiegel der Kulturen, in dem die überschäumende Lebensfreude, die Leidenschaft, der Aberglaube, die absoluten Gefühle in einem guten halben Dutzend Sprachen zum Ausdruck kommt.

Auf dieser Reise sucht Zingarina, eine leidenschaftliche, rebellische Frau, ihre große Liebe, den Vater ihres noch ungeborenen Kindes. Sie folgt ihm in seine Heimat, nachdem dieser Frankreich, wo sie ihn kennen gelernt hatte, verlassen musste. Sie findet ihn ausgerechnet auf dem schon fast surrealistisch wirkenden Herodesfest, an dem der unschuldigen Kinder gedacht wird, verliert ihn und verliert sich an ihre Ausweglosigkeit, ihre Einsamkeit und Bezugslosigkeit. Sie verlässt ihre Begleiterin und vollzieht einen radikalen Bruch mit ihrer Vergangenheit. Fasziniert von Musik, trunken von Eindrücken, zelebriert sie tanzend, singend, lachend, schreiend, taumelnd und weinend ihren Schmerz. Sie trifft Tchangalo, einen Lebenskünstler, der sich mit Schwarzhandel durchschlägt, der wie sie nirgendwo richtig hingehört, und findet in ihm die Liebe, die sie suchte.

Der Film hat viele kleine, skurrile Momente: ein Braunbär, der eine Mülltonne plündert und beim Liebesakt stört, rumänische Volkstänze, die vorgeführt werden von blond gezopften Mädchen, deren Kleidung an deutsche Trachten erinnert, ein Kristallluster, den deutsche Auswanderer zurückließen, wird in eine Baumkrone gehängt und erhellt (mit abgezapftem Strom) die Nacht. Als eine kleine Hommage an den Roma Drafi Deutscher darf das Ansingen des „Marmor, Stein und Eisen“-Hits verstanden werden. Die Suche nach Identität, nach dem Ursprung, nach Heimat zieht sich als Konstante durch die ganze Schaffensgeschichte von Tony Gatlif. Die Dreharbeiten führten ihn u. a. nach Goldbach, Sighet und Schäßburg. Gatlifs Film sprüht vor Leben, ist eine großartige sinnliche Erfahrung und ein faszinierendes Portrait Transylvaniens.

Elfi Silem

Schlagwörter: DVD, Film

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