14. April 2008

Adele Reissenberger-Umling setzte Maßstäbe

Zum 75. Todestag von Adele Reissenberger-Umling - Dass wieder einer Persönlichkeit aus dem Gebiet des Gesangs zu gedenken ist, liegt daran, dass Siebenbürgen eine verhältnismäßig große Zahl herausragender Sängerinnen und Sänger hervorgebracht hat, sowohl im Opernfach als auch in der Sparte Oratorien- und Konzertgesang. Charakteristisch dabei ist, dass einige der Bedeutenderen nach ihrem Studium in Deutschland, Österreich, Italien, England oder Budapest ihre Karriere im Ausland begannen und beachtliche Erfolge feierten, wonach sie nach Siebenbürgen zurückkehrten und hier das regionale Musik­leben wesentlich bereicherten und mitbestimmten.
Zu ihnen gehört auch die Sopranistin Adele Reissenberger-Umling, geboren am 26. Septem­ber 1882 in der Gemeinde Kelling bei Mühlbach. Sie erhielt in Mühlbach ersten Klavierunterricht. Nachdem die Familie 1899 nach Hermannstadt übersiedelt war, lernte sie bei dem aus Thürin­gen zugezogenen Hermannstädter Organisten, Sänger, Dirigenten und Komponisten Hermann Kirchner weiter Klavier und auch Gesang. Sie studierte 1902 bis 1906 an der Musikhochschule in Bukarest bei Carlotta Leria Gesang und bei Dumitru Dimitriu Klavier. Mit dem „Ersten Preis“ beschloss sie das Studium.
Adele Reissenberger-Umling (um 1925). Die ...
Adele Reissenberger-Umling (um 1925). Die Aufnahme ist signiert mit „Guggenberger – Mairovits, Hoffotografen, Hermannstadt“. Foto: Bildarchiv Konrad Klein
Im April 1906 debütierte sie mit einem Liederabend in Bukarest. Im November desselben Jahres übernahm ihre Gönnerin, Königin Elisabeth von Rumänien, die Schirmherrschaft über einen zweiten Liedervor­trag. Neben der klassischen Konzertliteratur sang sie Kompositionen von Hermann Kirchner und von rumänischen Autoren. Sie konzertierte auch in Hermannstadt, Kronstadt und Mühl­bach. Im Bestreben, sich weiterzubilden, nahm sie 1907 ein weiteres Studium bei Franz Haböck an der Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien auf. Bereits 1909 wurde ihr hier das „Diplom mit Auszeichnung“ verliehen. Sie konzertierte in Wien, Berlin, Brünn, Preßburg, Lemberg und in Siebenbürgen. Das Publikum feierte, die Presse lobte sie. 1912 heiratete sie in Wien den Mühlbacher Offizier Albert Reis­senberger, mit dem sie schließlich 1919 nach Hermannstadt übersiedelte.

Es kamen Angebote von den Musikhochschulen in Klausenburg und Bukarest, doch sie lehnte ab. Sie wollte in der engeren Heimat bleiben. In den siebenbürgischen Städten, gelegentlich auch in Bukarest, gab sie vielbeachtete Liederabende. Denkwürdige Aufführungen oratorischer Werke von Bach, Händel, Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Mendelssohn oder Bruckner unter Franz Xaver Dressler in Hermannstadt und Vic­tor Bickerich in Kronstadt erhielten durch ihre Mitwirkung besonderen Glanz. Sie setzte Maß­stäbe besonders in den großen Vokalwerken und Kantaten Bachs. Mit Hingabe widmete sie sich auch den autochthonen Kompositionen von Rudolf Lassel, Paul Richter oder Berta Bock. In Hermannstadt und auch in Mediasch – wo sie von 1923 bis 1927 lebte – gründete sie Gesang­schulen. Und auch jetzt noch bildete sie ihre eigene Stimme bei Franziska Martienssen-Loh­mann in Potsdam weiter, obwohl sie, wie zu lesen ist, „triumphale Erfolge“ feierte. Gerühmt wurden neben ihren stimmlichen Qualitäten besonders ihr stilistisches Können und der vornehm kultivierte, verinnerlichte Vortrag.

Man hat die Konzerte, die sie während ihrer relativ kurzen Laufbahn gegeben hat, zum Teil gezählt: In Bukarest waren es 16, in Wien 36 und in Siebenbürgen 103. Für damalige Verhält­nisse war das schon viel – vor allem für eine Sängerin, die auch Hausfrau und Mutter war –, insgesamt sind es sicher viel mehr gewesen.

Am 11. Juni 1932 gab sie in Hermannstadt ihr letztes Konzert. Adele Reissenberger-Umling starb viel zu früh am 14. April 1933 in Her­mannstadt. K.T.

Schlagwörter: Musikgeschichte, Sänger

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