7. April 2009

Münchner Gesprächskreis über Kunst: Die vielen Gesicher der Heimat

Es war die zweite Zusammenkunft des Gesprächskreises über Kunst, die am 11. März im Haus des Deutschen Ostens zahlreiche Kunstfreunde und Kunstinteressierte vereinte. Diesmal hatte Dr. Claus Stephani, Vortragender und Moderator, „Die Heimatmalerei – eine Kunst mit vielen Gesichtern“ als Thema ausgewählt. Einführende Worte sprach Heidemarie Weber, Vorsitzende der Kreisgruppe München, die auch die Anwesenden seitens des Landesverbandes begrüßte.
In seinem thematisch weitgespannten Vortrag, der von 40 schönen, an die Leinwand projizierten Bildbeispielen begleitet wurde – von Paolo Alboni und Adalbert Stifter bis Paul Cézanne und Marc Chagall einerseits, von Johann Böbel bis Trude Schullerus und Sieglinde Bottesch andererseits – wies Dr. Claus Stephani zuerst auf Unterschiede und Charakteristiken verschiedener künstlerischer Schaffensbereiche, wie Baukunst, Bildnerei und Malerei hin. Danach ging er auf die einzelnen gestaltenden Elemente, auf Farbe und Linie, sowie auf die verschiedenen Stoffgebiete ein, vom Bildnis bis zur Historienmalerei und zum Architekturbild. Die Suite der Heimatbilder wurde ausnahmsweise nicht durch ein Gemälde, sondern durch die „größte siebenbürgische Ansichtskarte, die jemals gedruckt wurde“, eingeleitet: ein Foto von Oswald Kessler – Kerz mit dem Fogarascher Gebirge und dem Alt –, das Stephani als „das perfekte Heimatbild“ vorstellte.
Helfried Weiß: Deutsch-Weißkirch, Holzschnitt. ...
Helfried Weiß: Deutsch-Weißkirch, Holzschnitt.
Nachdem die Thematik des Abends auf Gestaltungsweisen der Heimatmalerei ausgerichtet war, versuchte Stephani den strapazierten Begriff „Heimat“ linguistisch und literarisch zu definieren, wobei er vom althochdeutschen Wort „heimoti“ („engere Landschaft, die uns durch Herkunft, Geburt, Kindheit und Jugend vertraut ist“) ausging und dann Belege von verschiedenen zeitgenössischen Dichtern bis zum Grimmschen Deutschen Wörterbuch brachte, wo „Heimat“ als „das elterliche Haus und dazugehöriges Besitztum“ genannt wird.

Stephani wies nach, dass „Heimat“ als Herkunftslandschaft einmalig ist, denn nur so ließen sich Begriffe wie „Heimatverlust“, „Heimatvertreibung“ oder „Recht auf Heimat“ verstehen. Was nach dem Verlassen der Heimat folge, sei nur eine „Wahlheimat“, ein neues Domizil. So unterscheiden sich auch die drei Begriffe Heimatmalerei, Genremalerei und Landschaftsmalerei, Bezeichnungen, die erst im 18. und 19. Jahrhundert aufkamen, obwohl die Genremalerei bereits in der Antike und später, besonders bei den holländischen Meistern erkennbar ist. Danach zeigte der Vortragende eine Folge von exemplarischen Heimatbildern, von Johann Böbel, dem bedeutendsten Amateurmaler Siebenbürgens im 19. Jahrhundert, bis zu den bekannten einheimischen Künstlern des 20. Jahrhunderts, Hans Eder, Hermann Morres, Eduard Morres, Hans Hermann, Trude Schullerus, Harald Meschendörfer, Karl Hübner, Helfried Weiß u. a. Dabei erklärte Stephani die Rolle und Bedeutung verschiedener Heimatsymbole in der Malerei – z. B. architektonische oder lokale Elemente, wie Kirchenburgen, Dörfer, Bauernhäuser, Gassen, Stiegen, aber auch typische Landschaften, die lokalisierbar sind, Berge, Gewässer, Sonnenblumen und Büffel. Sie können beim Betrachter, der immer noch „innerlich beheimatet ist“, Vertrautheit, Erinnerungen, Nostalgie oder Heimweh suggerieren. Gleichzeitig wies er auch auf die Subjektivität des Betrachters hin. Was für den einen „ein Heimatbild“ ist, ist für den anderen irgendeine fremde Landschaft.

Der vergleichende Bogen der Bildbeispiele ging oft über Grenzen hinweg und zeigte immer wieder, wie ähnlich verschiedene Heimatmaler ihre Heimat gesehen und dargestellt haben. Das wurde besonders bei den hier zum Vergleich vorgeführten Gemälden von Paul Cézanne („Heuschober in Giverny“) und Hermann Morres („Heuschober bei Poiana Mărului“) deutlich. Bei der Auswahl der besprochenen Kunstwerke waren regionale Kriterien nicht ausschlaggebend. Wichtig war, anhand von Bildern konsekrierter Künstler auf Charakteristiken der Heimatmalerei hinzuweisen. Der Vortrag schloss mit dem vielsagenden modernen Kunstwerk von Sieglinde Bottesch (Hermannstadt / Ingolstadt): „Grüße aus der Heimat“ (Wachs und Metallstäbe auf alten Pflugscharen).

Die nächste Veranstaltung des Gesprächskreises über Kunst findet am Mittwoch, dem 6. Mai, wieder um 19 Uhr im Haus des Deutschen Ostens in München statt.

M. M.

Schlagwörter: München, Kunst

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