13. April 2009
Tagung über Ostmitteleuropa in Bad Kissingen mit Vertretern aus Politik und Medien
„Die politische Interessenvertretung und gesellschaftliche Präsenz deutscher Minderheiten in Ostmitteleuropa – Chancen und Perspektiven“ lautete das Thema einer Tagung der Akademie Mitteleuropa mit Repräsentanten deutscher Minderheiten aus Politik und Medien, die vom 20. bis 22. März in der Bildungs- und Begegnungsstätte „Der Heiligenhof“ in Bad Kissingen stattfand. Rund die Hälfte der 60 Teilnehmer war aus Rumänien, Ungarn, Polen, Tschechien und Österreich angereist. Darunter befanden sich je ein Filmteam des ungarischen und rumänischen Fernsehens sowie zahlreiche Journalisten von deutschsprachigen Medien in Ostmitteleuropa, die den Informations- und Unterhaltungsbedürfnissen der autochthonen Deutschen nachkommen und deren Lebenswelten spiegeln. Zu der Tagung hatte Susanne Kastner, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages und Kissinger Bundestagsabgeordnete sowie Vorsitzende der deutsch-rumänischen Parlamentariergruppe, ein Grußwort geschrieben.
Die Geschichte der deutschen Minderheiten in Ostmitteleuropa ist unterschiedlich. So war Schlesien bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges deutsches Reichsgebiet. Die älteste deutschen Minderheiten im heutigen Rumänien, die Siebenbürger Sachsen, leben seit rund 900 Jahren im Karpatenbogen. In Böhmen und Mähren leben Deutsche seit rund 800 Jahren, im Banat und Ungarn über 300 Jahre. Stets gab es Kontakt mit dem „Mutterland“, Zuwanderung und Abwanderung. Durch Flucht und Vertreibung von 15 Millionen Deutschen aus früheren deutschen Reichs- und Siedlungsgebieten blieben weitgehend nur Restminderheiten zurück. Sie wurden allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit kollektiv bestraft und benachteiligt, teilweise aus ihren ursprünglichen Gebieten umgesiedelt, zerstreut und zeitweise deportiert, enteignet und ihrer wirtschaftlichen Grundlagen beraubt. Die Deutschen durften ihre Muttersprache nicht benutzen. Ihnen stand – mit Ausnahme der Rumäniendeutschen – kein deutschsprachiges Bildungswesen zur Verfügung und es waren keine deutschsprachigen Gottesdienste möglich. Die Existenz von deutschen Minderheiten wurde zum Teil geleugnet.
Nach 1989 organisierten sich die verbliebenen deutschen Minderheiten frei in kulturellen und politischen Vereinigungen. Mancherorts sind sie in ihren historischen Siedlungsgebieten eine bedeutende kommunalpolitische Kraft (so in Stadt und Kreis Hermannstadt in Siebenbürgen), in manchen Ländern stellen sie gar Abgeordnete in nationalen Parlamenten, die ihren Anliegen Gehör verschaffen. Ihr gemeinsames Hauptanliegen ist die Schul- und Bildungspolitik in deutscher Sprache sowie die Aufrechterhaltung deutschsprachiger Medien zur Bewahrung ihrer Gruppenidentität. Als Referenten an der Kissinger Tagung nahmen mit folgenden Beiträgen teil: Josef C. Karl: „Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien und das ‚Wunder von Hermannstadt‘“; Johann Schuth: „Über 50 Jahre Neue Zeitung in Ungarn; Till Scholz-Knobloch: „Die Situation deutscher Medien in Oberschlesien“; Christel Ungar-Țopescu: „Deutschsprachige Fernsehsendungen in Rumänien“; Dr. Eva Gerner und Robert Stein: „Deutschsprachige Fernseh- und Rundfunksendungen in Ungarn“. Zudem fand eine Podiumsdiskussion mit politischen Repräsentanten der deutschen Minderheiten statt, worin die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der aktuellen Situation vergleichend analysiert wurden. Auf dem Podium saßen Norbert Rasch (Polen), Wolfgang Wittstock, MdP a.D. (Rumänien), Martin Dzingel (Tschechische Republik) und Johann Schuth (Ungarn). Die Diskussion wurde vom Studienleiter des Heiligenhofs, Gustav Binder, moderiert. Als Ergebnis kann festgehalten werden: Während in Rumänien noch ein differenziertes staatliches deutschsprachiges Schul- und Bildungswesen und eine vielfältige Medien- und Literaturlandschaft existiert, sind die Verhältnisse – vor allem die Sprachkenntnisse – in Polen und Tschechien diesbezüglich dürftig. In Ungarn gibt es an den Schulen intensiven Deutschunterricht, eine Selbstverwaltung, deutsche Rundfunk- und Fernsehsendungen, eine deutsche Bühne. Rumänien und Ungarn gelten als „deutschfreundliche“ Länder, wohingegen die deutsche Minderheit in Polen und ihre politischen Interessenvertreter immer noch mit Vorsicht agieren und Rücksicht auf die historischen Belastungen nehmen müssen. In der Tschechischen Republik sehen sich die Deutschen gar nicht als politische Kraft, sondern bemühen sich lediglich um den Erhalt und die Pflege der Sprache, der Gemeinschaft und des Brauchtums.
Ostmitteleuropa war einst – nicht ausschließlich – von deutschen Menschen, deutscher Kultur und Sprache geprägt. Bis heute leben dort autochthone deutsche Gruppen, meist überaltert und schrumpfend. Zunehmend ziehen aber in die Tausende gehende Zuwanderer aus deutschen Kernlanden nach, dem Zerfall des Ostblocks und dem EU-Beitritt der ostmitteleuropäischen Staaten sei es gedankt. Ob die deutschen Minderheiten in Ostmitteleuropa aussterben, ist noch nicht ausgemacht.
Nach 1989 organisierten sich die verbliebenen deutschen Minderheiten frei in kulturellen und politischen Vereinigungen. Mancherorts sind sie in ihren historischen Siedlungsgebieten eine bedeutende kommunalpolitische Kraft (so in Stadt und Kreis Hermannstadt in Siebenbürgen), in manchen Ländern stellen sie gar Abgeordnete in nationalen Parlamenten, die ihren Anliegen Gehör verschaffen. Ihr gemeinsames Hauptanliegen ist die Schul- und Bildungspolitik in deutscher Sprache sowie die Aufrechterhaltung deutschsprachiger Medien zur Bewahrung ihrer Gruppenidentität. Als Referenten an der Kissinger Tagung nahmen mit folgenden Beiträgen teil: Josef C. Karl: „Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien und das ‚Wunder von Hermannstadt‘“; Johann Schuth: „Über 50 Jahre Neue Zeitung in Ungarn; Till Scholz-Knobloch: „Die Situation deutscher Medien in Oberschlesien“; Christel Ungar-Țopescu: „Deutschsprachige Fernsehsendungen in Rumänien“; Dr. Eva Gerner und Robert Stein: „Deutschsprachige Fernseh- und Rundfunksendungen in Ungarn“. Zudem fand eine Podiumsdiskussion mit politischen Repräsentanten der deutschen Minderheiten statt, worin die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der aktuellen Situation vergleichend analysiert wurden. Auf dem Podium saßen Norbert Rasch (Polen), Wolfgang Wittstock, MdP a.D. (Rumänien), Martin Dzingel (Tschechische Republik) und Johann Schuth (Ungarn). Die Diskussion wurde vom Studienleiter des Heiligenhofs, Gustav Binder, moderiert. Als Ergebnis kann festgehalten werden: Während in Rumänien noch ein differenziertes staatliches deutschsprachiges Schul- und Bildungswesen und eine vielfältige Medien- und Literaturlandschaft existiert, sind die Verhältnisse – vor allem die Sprachkenntnisse – in Polen und Tschechien diesbezüglich dürftig. In Ungarn gibt es an den Schulen intensiven Deutschunterricht, eine Selbstverwaltung, deutsche Rundfunk- und Fernsehsendungen, eine deutsche Bühne. Rumänien und Ungarn gelten als „deutschfreundliche“ Länder, wohingegen die deutsche Minderheit in Polen und ihre politischen Interessenvertreter immer noch mit Vorsicht agieren und Rücksicht auf die historischen Belastungen nehmen müssen. In der Tschechischen Republik sehen sich die Deutschen gar nicht als politische Kraft, sondern bemühen sich lediglich um den Erhalt und die Pflege der Sprache, der Gemeinschaft und des Brauchtums.
Ostmitteleuropa war einst – nicht ausschließlich – von deutschen Menschen, deutscher Kultur und Sprache geprägt. Bis heute leben dort autochthone deutsche Gruppen, meist überaltert und schrumpfend. Zunehmend ziehen aber in die Tausende gehende Zuwanderer aus deutschen Kernlanden nach, dem Zerfall des Ostblocks und dem EU-Beitritt der ostmitteleuropäischen Staaten sei es gedankt. Ob die deutschen Minderheiten in Ostmitteleuropa aussterben, ist noch nicht ausgemacht.
Gustav Binder
Schlagwörter: Tagung, Minderheiten, Bad Kissingen
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