16. September 2003

Die Gangbarkeit gemeinsamer Wege befördert

Fritz Frank, seit 1998 Ehrenobmann der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Österreich, erfüllte am 15. September in Linz sein 80. Lebensjahr.
Der gebürtige Klausenburger und Abkömmling Bistritzer Vorfahren, den der Zweite Weltkrieg wie Tausende von Nordsiebenbürgern nach Oberösterreich verschlagen hatte, war dort schon Mitte der 1950er Jahre in der siebenbürgisch-sächsischen Jugendarbeit aktiv und wurde 1962 zunächst zum stellvertretenden, 1969 dann zum Obmann der Landsmannschaft in Oberösterreich gewählt, der er bis 1994 vorstand. Ebenfalls ab 1969 war er zugleich stellvertretender Obmann des Gesamtverbands, der ihn 1988 zu seinem Bundesobmann berief. Als er 75-jährig sein Amt in jüngere Hände legte, wurde er in Anerkennung seiner Verdienste um die zum Ehrenobmann der siebenbürgischen Landsmannschaft in Österreich gewählt.

Konsulent Dr. Fritz Frank
Konsulent Dr. Fritz Frank

In einer Festrede zum 125. Jubiläum des Wiener Vereins der Siebenbürger Sachsen ist Fritz Frank 1996 den Sinnhinsichten von dem nachgegangen, was er "heimatlichen Geist" nannte und damit wohl einen spezifisch "siebenbürgischen" Geist meinte. Aus ihm lasse sich eine Art "Arbeitsprogramm unserer Vereine und Landsmannschaften für die Zukunft" ableiten: "die Wurzeln unserer Herkunft erkennen", historisch erfahrene, "kennzeichnende Wertvorstellungen" an "unsere Nachkommen vermitteln", ihnen, diesen Wertvorstellungen, "nachleben", sie auch "in unsere jeweilige Umwelt einbringen und mit allen, die ebenso fühlen und handeln, eine aktive Gemeinschaft bilden".

Welche Erfahrungen und Wertvorstellungen sind es, die Fritz Frank hier anspricht und die offenbar sein Leben, seine Arbeit, sein Wirken ins gesellschaftliche Umfeld hinein derart geprägt, auch erfolgreich gemacht haben, dass er ihnen allgemeinere, über die eigene Person hinausgehende Sinnhinsichten zusprechen darf?

Sicher waren es zunächst die der Kindheit und frühen Jugend: Der Sohn eines aus Bistritz stammenden sächsischen Elternpaars - der Vater hatte eine höhere Beamtenstelle in Klausenburg inne - besuchte in seiner Geburtsstadt zunächst die deutsche Grundschule, dann das rumänische Staatslyzeum und, nach dem Wiener Schiedsspruch von 1940, als Klausenburg mit Nordsiebenbürgen an Ungarn fiel, ein örtliches madjarisches Kollegium, um 1942 schließlich in Budapest ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaft zu beginnen, wobei er die Semesterferien zusätzlich als Hauslehrer in ungarischen Adelsfamilien Siebenbürgens verbrachte. Bei seinen frühen Berührungen mit den drei wichtigsten Kulturkreisen Siebenbürgens machte der junge Frank prägende Toleranzerfahrungen, wie ihn später seine Mehrsprachigkeit - Englisch und Französisch in Wort und Schrift kamen hinzu - sowohl beruflich als auch landsmannschaftlich zu fruchtbaren Mittlerdiensten befähigen sollte: Nach einjährigem Kriegsdienst hatte sich Frank zunächst in Oberösterreich als Metallarbeiter durchschlagen müssen, nahm jedoch schon 1949 nebenberuflich sein Studium in Graz wieder auf, das er 1955 mit der Promotion zum Doktor der Rechte abschloss. Inzwischen war er in Linz bei VOEST eingetreten, wo er sich im Exportbereich emporarbeitete, das Großunternehmen erfolgreich in der Schweiz, in Ägypten, Algerien, Guinea und dem Iran vertrat, danach als hoch angesehener Leiter des Konzernsekretariats tätig war und schließlich als Abteilungsdirektor pensioniert wurde.

Bei der Schichtarbeit als Eisendreher und Elektroschweißer hatte der "Kriegsheimkehrer", den es gar nicht "heim", sondern in eine vorerst fremde Welt verschlagen hatte, soziale Not zur Genüge, aber auch die Vorteile solidarischen Verhaltens kennen gelernt. So kam es, dass er in die Sozialistische Partei Österreichs eintrat und dadurch Gelegenheit bekam, etwa als persönlicher Dolmetscher des SPÖ-Vorsitzenden und österreichischen Vizekanzlers Bruno Pittermann an internationalen Begegnungen teilzunehmen und sehr früh schon, vor allen anderen landsmannschaftlichen Spitzenvertretern aus Deutschland oder Übersee, auch mit Regierungsstellen Rumäniens in Kontakt zu treten.

Dabei hat er stets die Interessen auch seiner sächsischen Landsleute vertreten und manch schwierigem Fall von Familienzusammenführung zu gutem Ende verholfen. Als dann in den endsechziger und siebziger Jahren auch die Landsmannschaft in Deutschland unter ihrem Bundesvorsitzenden Erhard Plesch in einen ersten Dialog mit der Bukarester Regierung sowie mit Vertretern der deutschen Minderheit im Herkunftsland trat, hat Frank als bereits erfahrener Brückenbauer die Gespräche nutzbringend begleitet und auf diese Weise die Gangbarkeit gemeinsamer Wegstrecken befördert - ganz im Sinne der Toleranzerfahrung in jenem "heimatlich siebenbürgischen Geist", den er nach wie vor für zukunftsträchtig hält.

Seine Gesprächskultur und das früh geübte diplomatische Geschick haben nicht selten auch innerhalb der Föderation der Siebenbürger Sachsen Früchte getragen. Oft genug hat er, wenn unterschiedliche Ansichten zu Verständigungsschwierigkeiten führten, den Weg frei gemacht zu einem für alle Seiten akzeptabeln Modus Vivendi und so manch gemeinsamer Unternehmung mit zum Gelingen verholfen, wobei er freilich nie die Anliegen der siebenbürgischen Vereinigungen Österreichs aus den Augen verlor.

Ihnen hat er mit Leidenschaft und Ausdauer sehr viel von seiner Lebenskraft gewidmet: Zunächst der Landsmannschaft in Oberösterreich, in der er nahezu vier Jahrzehnte lang ehrenamtlich tätig war. Hier, im nordöstlichen Bundesland der Alpenrepublik, hat er sich in den Nachkriegsjahren auch Schritt für Schritt sein neues Zuhause geschaffen: Nahe bei Linz erwarb er 1959 einen Grundbesitz mit der denkmalgeschützten Ruine einer mittelalterlichen Burg aus dem Jahre 1365. Deren Pflege obliegt seither ihm und seiner Gattin Elfi, die sich zudem der wissenschaftlichen Aufarbeitung des Burgarchivs verschworen hat. Die Bewirtschaftung des Anwesens, die Fritz Frank auch körperliche Anstrengungen abfordert, ist für ihn guter Ausgleich bei das vielfältige gesellschaftliche Engagement, das ihn umtreibt und für das seine Ehefrau bei manchem Verzicht bewundernswert großes Verständnis aufgebracht hat.

Im österreichischen Bundesverband der Siebenbürger Sachsen ist Frank seit drei Jahrzehnten ehrenamtlicher Funktionsträger, zehn Jahre davon als Bundesobmann. Vieles von dem, was die siebenbürgische Landsmannschaft Österreichs in dieser Zeit an Brauchtumspflege, an wirksamer Jugendarbeit, an Eingliederungshilfen und an Unterstützungen für die Landsleute im Herkunftsland, auch an Brückenschlägen nach dorthin Vorbildliches geleistet hat, ist nicht zuletzt seiner, die Mitstreiter motivierenden Führungsarbeit zu verdanken.

Dies alles ist denn auch wiederholt öffentlich anerkannt worden: 1962 wurde Frank für seine erfolgreichen internationalen Einsätze mit der Goldenen Medaille für Verdienste um die Republik Österreich und für seine landsmannschaftliche Arbeit 1988 mit dem Silbernen Verdienstzeichen der Alpenrepublik ausgezeichnet; 1975 würdigte ihn das Bundesland Oberösterreich ebenfalls mit seinem Verdienstzeichen und verlieh ihm den Ehrentitel "Konsulent der oberösterreichischen Landesregierung für Brauchtum und Heimatpflege"; 1983 zeichnete ihn die Stadt Wels für die Organisation und Gestaltung der Heimattage der Siebenbürger Sachsen, die dort regelmäßig stattfinden, mit ihrer Kulturmedaille aus.

In "siebenbürgisch heimatlichem Geist" hat Fritz Frank sein Leben lang die Förderung des Gemeinwesens obenan gestellt. Mit welchem Verantwortungsbewusstsein er das tat, mag hier ein letztes Beispiel belegen: Drei Jahre bevor er als Bundesobmann zurücktrat, hatte er sich bereits Gedanken über seinen Nachfolger gemacht, ihn daraufhin angesprochen, die Entscheidung mit ihm gemeinsam immer wieder diskutiert und abgewogen, bis sie reif war und der Bundesversammlung vorgelegt werden konnte. Und es erweist sich heute, dass der umsichtig vorbereitete Schritt, der ohne jedes eigennützige Festhalten an Amt und Würde des scheidenden Funktionsträgers vollzogen wurde, kein schlechter war: Volker Petri, der Nachfolger Franks, setzt dessen Arbeit in dem "heimatlichen Geiste" seines Vorgängers fort. Ihm steht dieser freilich mit Rat und Tat zur Seite. Möge der Achtzigjährige das noch lange tun können, zum Nutzen der siebenbürgischen Landsleute in Österreich und über Österreich hinaus! Für die Gangbarkeit gemeinsamer Wege jedenfalls ist gesorgt worden.

Hannes Schuster


(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 15 vom 15. September 2003, Seite 3)

Schlagwörter: Porträt

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