25. September 2016

Ethnien feiern gemeinsam in Schäßburg

Schäßburg – 20 Minderheiten aus Rumänien präsentoerten sich beim 14. multiethnischen Festival ProEtnica vom 18.-22. August in Schäßburg: mit Trachtenparaden, Tänzen, Musik, Ausstellungen, Buchvorstellungen und Konferenzen. Die eigentliche Idee dahinter ist nicht unbedingt das Bewahren von Traditionen, sondern das gegenseitige Kennenlernen und Anerkennen – und damit Friedensförderung, so der Initiator Volker Reiter, Leiter des Interethnischen Bildungszentrum für Jugendliche (IBZ) in Schäßburg.
Das seit 2002 erfolgreiche Konzept wird vom Departement für Interethnische Beziehungen an der rumänischen Regierung (DRI) unterstützt und stand 2016 erstmals unter der Schirmherrschaft von Staatspräsident Klaus Johannis. Über 600 Teilnehmer und Vertreter von 19 Minderheitenorganisationen waren dieses Jahr zugegen, dazu etwa 15000 Besucher. Doch wie jedes Jahr erfolgt die eigentliche Aufmerksamkeit erst nach dem Fest, wenn nationale Sender verstärkt über Minderheiten berichten, erklärt Reiter.
Das multiethnische Festival in Schäßburg stand ...
Das multiethnische Festival in Schäßburg stand dieses Jahr erstmals unter der Schirmherrschaft von Staatspräsident Klaus Johannis.
ProEtnica soll zwar weiterhin ein nationales Festival bleiben, doch will man die Sichtbarkeit im Ausland erhöhen und ab nächstes Jahr für den Konferenzteil auch internationale Experten einladen. Einen Höhepunkt bildete die öffentliche Diskussion über interethnische und interreligiöse Beziehungen unter Moderation von Aurel Vainer, dem Vertreter der jüdischen Gemeinschaft. Gesprächspartner waren die Abgeordneten Dragoș Zisopol, Vertreter der griechischen Minderheit und christlich orthodox, Adrian Merka, Vertreter der tschechischen und slowakischen Minderheit, katholisch, und Amet Aledin, Vertreter der Tataren, Muslim und als Staatssekretär im DRI für alle Minderheiten zuständig.

Von allen gelobt wurde der gute Dialog zwischen den Ethnien. Merka strich den Beispielcharakter Rumäniens vor dem europäischen Hintergrund heraus: „Es gibt viele, die sich wundern, wie frei wir uns hier ausdrücken können.“ Vainer bot an, nicht mehr genutzte Synagogen als Zentren für den interkulturellen Dialog zur Verfügung zu stellen und eine Tribüne für den kulturellen Austausch zu schaffen.

Überraschungsauftritt des aus Rumänien stammenden ...
Überraschungsauftritt des aus Rumänien stammenden israelischen Friedensaktivisten Reuven Moscovitz. Foto: George Dumitru
Für eine ungeplante Überraschung sorgte der israelische Friedensaktivist Reuven Moscovitz, der sich zufällig vor Ort befand. Der Träger des Aachener Friedenspreises (2003) war 1949 aus Rumänien nach Jerusalem ausgewandert, hatte dort eine jüdisch-arabische Dorfgemeinschaft gegründet und engagiert sich bis heute für den Frieden. Der 88-Jährige bestieg in Schäßburg unerkannt die Festbühne und verkündete schlicht, er wolle auf der Mundharmonika ein Lied für den Frieden spielen, denn in dem Land, aus dem er komme, gebe es keinen Frieden und keine Freundschaft zwischen den Ethnien. „Das Festival hier ist eine Art Modell. Das braucht die Welt!“, lobt Moscovitz, der spontanen Applaus für seinen berührenden Auftritt erntete.

Nina May

Schlagwörter: Schäßburg, Minderheiten

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