10. November 2018

Tobsdorfer Chorgestühl in Mediasch festlich eingeweiht

Ein durchaus denkwürdiges Ereignis war die Einweihung des Tobsdorfer Chorgestühls am 4. November 2018 in der Margarethenkirche im Kirchenkastell von Mediasch.
465 Jahre lang stand das Gestühl – bestehend aus einem Dreisitzer und einem Sechssitzer – in der evangelischen Kirche in Tobsdorf. Nachdem die dortige Kirchengemeinde durch die großen Auswanderungswelle nach 1990 bis auf wenige Seelen geschrumpft war, wurden 1999 zunächst der Flügelaltar und das Taufbecken in die Kirche nach Mediasch in Sicherheit gebracht. 2002 wurde das 1537 datierte und vom Schäßburger Meister Johannes Reychmut hergestellte Gestühl in die Kirchenburg Großau ausgelagert.

Mitarbeiter der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) Hildesheim fanden das Chorgestühl als maroden Bretterhaufen 2006 in Großau und erreichten, dass es 2010 zur Restaurierung nach Hildesheim überführt werden konnte. Acht Jahre dauerte die aufwändige Restaurierung, über 70 Studierende arbeiteten daran. Den Mitarbeitern und Studierenden der Studienrichtung Konservierung und Restaurierung von Möbeln und Holzobjekten der HAWK Hildesheim um Projektleiterin Prof. Dr. Gerdi Maierbacher-Legl, Werkstättenleiter Dr. Ralf Buchholz, Susanne Karius und Christine Fiedler ist es gelungen, aus dem einstigen Bretterhaufen das Gestühl in seiner ganzen Pracht wieder herzustellen. Da die feuchte Kirche in Tobsdorf dafür nicht in Frage kam, entschied man sich, die wertvollen Möbel im Chorraum der Margarethenkirche in Mediasch aufzustellen.
Blick in den Chorraum der evangelischen ...
Blick in den Chorraum der evangelischen Margarethenkirche in Mediasch mit dem Tobsdorfer Chorgestühl (links) und dem wertvollen Flügelaltar. Fotos: Rainer Lehni
Ende Oktober 2018 wurde das Gestühl aus Hildesheim nach Mediasch transportiert und von den Hildesheimer Restauratoren auf der linken Chorseite der Mediascher Margarethenkirche aufgestellt. Am 4. November 2018 wurde das Tobsdorfer Chorgestühl im Rahmen des Gottesdienstes zum Reformationsfest wieder eingeweiht. In dem von Stadtpfarrer Gerhard Servatius-Depner, Pfarrerin Hildegard Servatius-Depner und Pfarrerin Bettina Kenst gestalteten Festgottesdienst hielt Bischof Reinhart Guib die Predigt. Stadtpfarrer Gerhard Servatius-Depner begrüßte herzlich u.a. die aus Hildesheim angereiste Gruppe der Restauratoren, Heike Mai-Lehni als Vorsitzende der Heimatgemeinschaft Tobsdorf, Rainer Lehni, stellvertretender Bundesvorsitzender des Verbands der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, und Ortwin Rill, stellvertretender Vorsitzender der Heimatgemeinschaft Mediasch.

Es war ein Gottesdienst der vielen Emotionen. Stadtpfarrer Gerhard Servatius-Depner, begleitet am Orgelpositiv von Kantorin Edith Toth, „entführte“ auf der Violine zu einer musikalischen Reise des Tobsdorfer Gestühls. Auch der Mediascher Kirchenchor, geleitet von Edith Toth, umrahmte den Gottesdienst musikalisch.

Prof. Dr. Gerdi Maierbacher-Legl bot seitens der HAWK Hildesheim einen kurzen Abriss der erfolgreichen Restaurierungsarbeiten und dankte allen daran Beteiligten, vor allem ihren Mitarbeitern und Studierenden, denen sie jeweils den außergewöhnlichen Bildband „Siebenbürgen. Bilder einer Reise II“ von Peter Jacobi überreichte.
Das restaurierte Tobsdorfer Chorgestühl am neuen ...
Das restaurierte Tobsdorfer Chorgestühl am neuen Standort in der Mediascher Kirche.
Im Gottesdienst wurde gleichzeitig die Ausstellung „Das Tobsdorfer Chorgestühl und seine Restaurierung“ eröffnet. Die Wanderausstellung in deutscher und rumänischer Fassung wird in den nächsten Wochen in der Margarethenkirche und im Frühjahr 2019 im Begegnungs- und Kulturzentrum „Friedrich Teutsch“ in Hermannstadt zu sehen sein. Weitere Stationen folgen in Budapest und in Deutschland. Die interessante Ausstellung wurde u.a. vom Verband der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und der Heimatgemeinschaft Tobsdorf finanziell gefördert. Ein Dank geht auch an die Firma Dinu Design GmbH aus Heusenstamm für die Unterstützung beim Druck der Ausstellungstafeln.

Das Tobsdorfer Chorgestühl steht jetzt in unmittelbarer Nähe des Flügelaltars, den es mehrere Jahrhunderte in der Tobsdorfer Wehrkirche flankiert hat. Das Tobsdorfer Taufbecken befindet sich ebenfalls in der Margarethenkirche, auf der Schneiderempore. Damit sind diese sakralen Einrichtungsgegenstände für die Nachwelt sicher aufbewahrt und gerettet.

Rainer Lehni

Schlagwörter: Restaurierung, Chorgestühl, Tobsdorf, Mediasch, Hildesheim

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