3. August 2006

EU-Beitritt Rumäniens schon 2007?

Rumänien, Bulgarien und Kroatien gehören eindeutig zum europäischen Kulturboden. Dies stellte Dr. Hans Zehetmair, Vorsitzender der Hanns-Seidel-Stiftung, unter Berufung auf die Geschichte Europas und die Stellung der Donau als Lebensader bei einem Europa-Forum am 27. Juli in München fest. Die unter dem Titel "Die südöstliche Perspektive der europäischen Integration" von Hanns-Seidel-Stiftung organisierte Tagung war dem EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens sowie Kroatiens Weg in die EU gewidmet.
Emilia Müller, Staatsministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten der Bayerischen Staatskanzlei, ging in ihrem Vortrag auf die kritische Frage der Grenzen einer erweiterten Europäischen Union ein. Dabei machte sie vor allem auf die Aufnahmefähigkeit der EU aufmerksam. Diese sei gegeben, wenn der Beitritt eines neuen Landes der Vertiefung und Vereinheitlichung der bestehenden Europäischen Union nicht schade. Die EU müsse weiter funktionieren, handlungsfähig bleiben und auch ihre Identität bewahren. Des Weiteren müsse die Akzeptanz der Mitgliedsstaaten und damit der EU-Bürger gegeben sein und respektiert werden. Müller erwähnte den letzten Fortschrittsbericht der EU-Kommission vom Mai 2006, der den EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien für Januar 2007 empfiehlt. Die bayerische Ministerin bekundete ihren Respekt für die enormen Fortschritte, die sowohl Rumänien als auch Bulgarien erzielt hätten.

Die Größe und Bevölkerungszahl Rumäniens verdeutlichen nach Ansicht von Mihai Botorog, Generalkonsul von Rumänien in München, das Ausmaß der nötigen Anstrengungen für den angestrebten EU-Beitritt. Er bedankte sich bei der Hanns-Seidl-Stiftung für die langjährige Unterstützung und Begleitung auf diesem Weg. Der Generalkonsul wies auf die gute parlamentarische Vertretung der ethnischen Minderheiten in Bukarest hin. Die Siebenbürger Sachsen würdigte er in Zusammenhang mit Hermannstadt, das 2007 zusammen mit Luxemburg Europas Kulturhauptstadt sein werde. Dieser Erfolg sei auch durch die Städtepartnerschaft mit Landshut begünstigt worden. Lokale Partnerschaften seien besonders wichtig für die Entwicklung der beteiligten Städte.

Laut Fortschrittsbericht der Kommission vom Mai 2006 bestünden keine gravierenden Bereiche und Defizite mehr, die eine Verschiebung des EU-Beitrittes oder die Auslösung der Schutzklausel rechtfertigen würden. Belgien, Frankreich, Dänemark und Deutschland seien die Mitgliedsstaaten, die über die Ratifizierung des Beitrittsvertrages mit Rumäniens noch entscheiden müssen. Falls es zu keinen Rückschlägen kommt, werde Rumänien der Europäischen Union am 1. Januar 2007 beitreten, sagte Botorog.

Wirtschaft im Aufwärtstrend

Der rumänische Diplomat räumte ein, dass immer noch viel Verbesserungspotential, vor allem im Bereich der Landwirtschaft, bestünde. Zu kritischen Fragen bezüglich der Korruption berichtete Botorog von zwingenden Maßnahmen wie der Veröffentlichung von Vermögensangaben sowie der zunehmenden Privatisierung, welche die Korruption einschränken sollen. Er berichtete von einer Dynamik und Entwicklung in allen Bereichen. Rumäniens Bruttoinlandsprodukt ist im Jahr 2005 um 4,1% gegenüber dem Vorjahr gestiegen, die Inflation ist im April 2006 auf 6,92% gesunken, im März 2006 wurde eine Arbeitslosenrate von 6,2% verzeichnet. Die niedrige Arbeitslosenrate ist auch auf die ungefähr 2,5 Millionen Rumänen, die als Gastarbeiter in Spanien, Portugal, Italien usw. tätig sind, zurückzuführen. Generell kann gesagt werden, dass sich die Wirtschaft in einem Aufwärtstrend befindet. Botorog erklärte auch, dass sich ein Großteil der künftigen Investitionen auf die Bereiche Infrastruktur und Umweltschutz beziehen werden und Rumänien auf ausländische Technologie und Know-how angewiesen ist. Rumänien werde sich an die EU-Politik anpassen und das Ziel eines gemeinsamen Nutzens, sowohl für die bisherigen EU-Mitglieder als auch für Rumänien, weiter verfolgen.

Zvonko Plecas, Kroatiens Generalkonsul in München, äußerte sich sehr zuversichtlich bezüglich eines EU-Beitritts Kroatiens. Den seit Oktober 2005 stattfindenden Verhandlungen könne man entnehmen, dass Kroatien bereits viele Voraussetzungen erfülle und voraussichtlich als 28. Mitgliedsstaat in die Europäische Union eintreten werde. Plecas nannte 2008 als mögliches Beitrittsjahr, da Kroatien an den europäischen Parlamentswahlen 2009 teilnehmen möchte. Einer Erweiterung der Europäischen Union um die südosteuropäischen Länder wie Bosnien-Herzegowina, Serbien, Mazedonien und Albanien steht er zuversichtlich gegenüber.

Veneta Momtscheva, Bulgarische Generalkonsulin in München, bezeichnete die Europäische Union als starkes, differenziertes und einziges Regelwerk in Europa und damit als Anreiz zum Beitritt. Aufgrund der Koppelung der bulgarischen Währung an den Euro, hält sie den Beitritt Bulgariens zur Eurozone 2009 für sehr wahrscheinlich.

Bernd Dieter Rill, Referent für Recht, Staat und Europäische Integration der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidl-Stiftung, führte gekonnt durch die Vorträge und Diskussionen. Nach Beendigung der Vorträge konnten sich die zahlreichen Gäste bei einem Stehempfang mit Buffet ausgiebig austauschen und weiter diskutieren.

Simone Fleischer

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 13 vom 10. August 2006, Seite 5)

Schlagwörter: EU-Beitritt

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