4. August 2006

Kinder als Securitate-Spitzel angeheuert

16 Jahre nach dem Sturz des Diktators Ceausescu wird für viele Rumänen Gewissheit, was sie bisher nur vermutet hatten: Die Securitate hatte sich in die intimsten Bereiche des gesellschaftlichen Lebens hinein geschlichen. Und das auch mit Hilfe von Kindern. Jüngsten Enthüllungen des rumänischen Nationalen Rates für die Aufarbeitung der Securitate-Akten (CNSAS) zufolge hat die Geheimpolizei auch 12- bis 15-jährige Kinder als informelle Mitarbeiter geführt. Sie hatten den Auftrag, ihre Eltern, Schulkameraden und Lehrer zu bespitzeln.
Die zögerliche Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit ist einem Bericht der Deutschen Welle zufolge dem Einfluss der beiden rumänischen Nachrichtendienste, des für das Inland zuständigen SRI und des Auslandsgeheimdienstes SIE zuzuschreiben. Die Nachfolge-Organisationen des kommunistischen Machtapparates haben kein Interesse, die eigenen Mitarbeiter zu enttarnen.

Trotzdem ist die Vergangenheitsbewältigung ist nicht mehr aufzuhalten. Dafür setzen sich die Zivilgesellschaft und Persönlichkeiten wie Andrei Plesu und Horia Radu Patapievici, zwei Kulturphilosophen und ehemalige CNSAS-Mitglieder, oder der Dichter Mircea Dinescu, gegenwärtiges Mitglied der Behörde, ein. Auf Druck von Staatspräsident Traian Basescu erhält die Landesbehörde zur Aufarbeitung der Securitate-Vergangenheit einen großzügigeren Zugang zum Archiv der früheren Geheimpolizei, das bislang dem Inlandsnachrichtendienst unterstellt war.

Ein weiterer mutiger Vorstoß kommt vom liberalen Kulturminister Adrian Iorgulescu. Dieser stellte kürzlich einen Gesetzentwurf zur Öffnung des Staatsarchivs vor. Das bestehende Gesetz sieht eine Sperre der „geheimen Akten“ für 30 Jahre vor. Iorgulescu will den Forschern jetzt schon freien Zugang zu allen wichtigen Dokumenten von historischer Relevanz ermöglichen. Zudem sollen alle Bürger das Recht auf Kopien der Dokumente im Staatsarchiv bekommen. Die Initiative wird von der rumänischen Zivilgesellschaft geradezu als Revolution im Demokratisierungsprozess gewertet. „Sollte das Gesetz verabschiedet werden, wäre damit ein weiterer Schritt weg von der kommunistischen Vergangenheit in Richtung Demokratie getan“, berichtet die Deutsche Welle.

Schlagwörter: Politik, Securitate

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