12. September 2006

Securitate-Mitarbeiter enttarnt

Die Öffnung der Securitate-Akten ist seit Wochen das Hauptthema der rumänischen Politik. Mehr als 16 Jahre nach dem Ende des Ceaușescu-Regimes sind gerade mal vier Prozent der Securitate-Akten "dekonspiriert". Sowohl Staatspräsident Traian Băsescu als auch Ministerpräsident Călin Popescu Tăriceanu (PNL) setzen sich nun für eine konsequentere Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit ein.
Immer mehr Unterlagen der früheren Securitate, die bisher vom In- und Auslandsnachrichtendienst unter Verschluss gehalten wurden, gelangen neuerdings zum Rat zum Studium der Securitate-Archive (Consiliul Național pentru Studierea Arhivelor Securității - CNSAS). Die Behörde kann somit, wenn auch in zögerlichen Schritten, ihrem gesetzmäßigen Auftrag nachkommen, die Mitarbeiter der früheren Geheimpolizei zu enttarnen. Die Aufdeckung der Securitate-Offiziere, wie sie der Historiker Marius Oprea und andere Persönlichkeiten fordern, steht allerdings noch aus.

Gleich drei prominente Mitglieder der Nationalliberalen Partei (PNL), der stärksten bürgerlichen Partei mit historischen Wurzeln, sind ungewollt ins Rampenlicht gerückt. So legte der liberale Ehrenvorsitzende, Mircea Ionescu-Quintus, am 14. August sein Amt nieder, um seine Partei von einem Imageverlust zu bewahren. CNSAS-Mitglied Ticu Dumitrescu hatte 188 Informativnoten entdeckt, die Ionescu-Quintus für die ehemalige Securitate geschrieben hatte.

Die beliebte Abgeordnete Mona Muscă und der frühere Kronstädter Bürgermeister Ioan Ghișe wurden aus der PNL ausgeschlossen. Nachdem ihr Securitate-Dossier unter die Lupe genommen worden war, gestand Musca, 1977 in Temeswar eine Verpflichtungserklärung für die Securitate unterschrieben und in deren Auftrag ausländische Studenten beobachtet zu haben. In einer Sitzung am 2. September schloss die Führung der Liberalen Muscă und Ghise aus der Partei aus, obwohl Letzterer schon vor Jahren offen gelegt hatte, für die Securitate berichtet zu haben. Einer Stellungnahme der CNSAS zufolge habe Ghișe keine "politische Polizei" gemacht. Ghișe sei ein kollaterales Opfer für Muscăs Ausschluss, erklärten mehrere Politiker. Sie verwiesen auf markantere und wichtigere Persönlichkeiten der PNL mit Securitate-Vergangenheit, die unbehelligt blieben.

Auch hohe kirchliche Würdenträger werden nun untersucht: Präsident Băsescu gab nach einer Sitzung des Obersten Verteidigungsrats (Consiliul Superior de Apărare a Țării - CSAT) am 28. August bekannt, dass die Securitate-Akten von kirchlichen Würdenträger freigegeben und dem Rat zum Studium der Securitate-Archive zur Verfügung zugestellt werden. Die Freigabe dieser Dossiers hatte Kultur- und Kultusminister Adrian Iorgulescu (PNL) gefordert. Der Patriarch der rumänischen orthodoxen Kirche kündigte an, dass die Heilige Synode selbst über das künftige Schicksal von Kirchenmitgliedern, die Securitate-Spitzel waren, entscheiden werde.

Ruxandra Stănescu

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 14 vom 15. September 2006, Seite 2)

Schlagwörter: Securitate

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