19. Oktober 2007

Traditionsreiche Bergschule in neuem Glanz

„Diese nun sehr schöne Schule ist nicht irgendeine Schule, sondern, wir wissen das und sind stolz darauf, es ist die traditionsreichste und einstmals berühmteste Schule des ganzen Landes“, sagte Dr. Karl Scheerer, Vorsitzender des „Vereins Restauro Niermann“ und des Bergschulvereins Schäßburg, bei der Einweihungsfeier der renovierten Bergschule am 6. Oktober. „Die äußere Hülle haben wir in den letzten Jahren wiederherstellen können. Jetzt liegt es an Ihnen, dafür zu sorgen, dass auch im Unterricht an das ehemalige Niveau angeknüpft wird“, legte er den Schulleiterinnen Ligia Coman und Lieselotte Baier ans Herz.
Diese Schule, den älteren Lesern noch als evangelisches „Bischof-Teutsch-Gymnasium“ bekannt, deren Ursprung auf eine erstmals 1522 urkundlich erwähnte Schule zurückzuführen ist, aus der nach der Verstaatlichung 1948, nach Höhen und Tiefen mit wechselnder pädagogischer Ausrichtung und Namen, schließlich das heutige „Theoretische Lyzeum Joseph-Haltrich“ wurde, ist die von Absolventen aller Jahrgänge schlicht „Bergschule“ genannte Bildungsanstalt. Prominentester Absolvent ist der „Vater der Raumfahrt“, Hermann Oberth. Bischöfe der Evangelischen Kirche Siebenbürgens zählen zu den Absolventen und Rektoren vergangener Zeiten, ebenso bekannte Persönlichkeiten aus Kultur und Wirtschaft. Im Laufe der Jahrhunderte war sie auch Bildungsstätte zahlreicher Schüler aus dem Banat, der Bukowina, Bessarabien, dem rumänischen Altreich. Viele rumänische, ungarische und jüdische Intellektuelle von nah und fern waren Bergschüler. Auch aus den rund 60 Absolventenjahrgängen der Nachkriegszeit gingen zahlreiche bekannte Persönlichkeiten, u.a. Wissenschaftler, Mediziner, Kulturschaffende in Rumänien und Deutschland hervor. Nicht zuletzt sind es einige hundert Lehrer, die über Jahrzehnte einen deutschsprachigen Unterricht in Rumänien sicherten und sich gerne an die sie prägende „Bergschule“ erinnern.
Bischof D. Dr. Christoph Klein gratuliert Dr. ...
Bischof D. Dr. Christoph Klein gratuliert Dr. Karl Scheerer. Foto: Raimar Hubatsch
Nach langjährigen Renovierungsarbeiten sind nun alle heute zum Joseph-Haltrich-Lyzeum in Schäßburg gehörenden Gebäude saniert und neu ausgestattet: die eigentliche Bergschule samt Zeichensaal am Schulberg, das Gebäude in der Schanzgasse, wo die Klassen 5 – 8 untergebracht sind, und neben dem Stundturm das vormals „Alberthaus“ genannte Internat, der „Adlerhorst“ mit weiteren Internatsplätzen, IT- und Vortragsräumen sowie der modern eingerichteten Kantine und als drittes Gebäude die heutige Grundschule. Hier wurde auch ein neuer Bibliothekstrakt hochgezogen.

Die komplette Sanierung der Gebäude hatte 2000 mit der Bergschule begonnen und wurde fast ausschließlich von der gemeinnützigen Hermann-Niermann-Stiftung e.V. Düsseldorf finanziert. Großzügige Spenden der Landesregierung von Südtirol durch Vermittlung des Allgemeinen Deutschen Kulturverbandes (Sanitäranlagen), Sachspenden von der Bergschule verbundenen Unternehmern (Instandsetzung der Fassade), Spenden ehemaliger Schüler und Lehrer (Decke der Aula) sowie der HOG Schäßburg (Reparatur der Turmspitze, Restaurierung der Kanzel in der Aula) ergänzten den Ausbau und die Ausstattung des Schulhauses. Die Stadt beteiligte sich an Dachsanierungen und der Verlegung bzw. Erneuerung notwendiger Anschlussleitungen.

Wie die Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien (ADZ) berichtet, wurde die Einweihungsfeier am 6. Oktober mit einem ökumenischen Festgottesdienst in der Bergkirche eröffnet. Dieser würdige Rahmen wurde auch deshalb gewählt, weil die Mehrzahl der genannten Gebäude kürzlich der Evangelischen Kirche, die Schule in der Schanzgasse der Orthodoxen Kirche erstattet worden sind. Mitgefeiert wurden 400 Jahre „Schule auf dem Berg“: 1607 ist die damalige „schola majoris“ vom heutigen Predigerhof auf den waldigen Bergkegel verlegt worden, neben die bereits seit Jahrhunderten stehende Bergkirche.

Die Bergschule und das dazu gehörende Internat seien das größte Projekt der Hermann-Niermann-Stiftung in Südosteuropa und zugleich „Initialzündung“ für das weitere Engagement der Stiftung in Siebenbürgen, sagte Bischof D. Dr. Christoph Klein in seinem Grußwort. Für Dr. Uwe Stiemke, der mit weiteren Vorstandsmitgliedern an der Feier teilnahm, ist die Renovierung der Bergschule das wichtigste Kulturprojekt der Stiftung in Rumänien. Klaus Johannis, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, wies auf die Bedeutung der deutschen Schule für die Identitätsbewahrung hin. Von der „noblen Aufgabe“ der Denkmalpflege und der Bedeutung der deutschen Sprache in der Europäischen Union sprach Dr. Jean Pierre Rollin, der neue deutsche Generalkonsul in Hermannstadt. Weitere Ansprachen hielten Gertraud Schuller, Obfrau der Österreichischen Landsmannschaft, Wien, und Ehrenmitglied im Bergschulverein München, Dr. August Schuller, Brühl, ehemaliger Stadtpfarrer und nun Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Schäßburg e.V., und Oana Secaș vom rumänischen Bildungsministerium. Der Schäßburger Bürgermeister Ioan Dorin Dăneșan versicherte, dass das Bürgermeisteramt für die Neugestaltung des Internatshofes aufkommen werde. Schuldirektorin Ligia Coman dankte dem Stiftungsvorsitzenden für die großzügigen Spenden. Ein besonderer Dank gebühre den beiden Persönlichkeiten, die das ganze Vorhaben eingefädelt haben und nach Schäßburg gekommen seien, um die Arbeiten voranzutreiben und zu überwachen: Annemarie und Karl Scheerer.
Herbstbild mit der Inschrift „Patriae fillis....“ ...
Herbstbild mit der Inschrift „Patriae fillis....“ in Schäßburg. Foto: Dieter Moyrer
Schülerinnen und Schüler der 3. A-Klasse unter Leitung von Lehrerin Irina Mihai Graef boten ein Flötenvorspiel und Familie Halmen erfreute mit wunderschönem mehrstimmigem Gesang. Nach dem Gottesdienst und den Reden in der Bergkirche konnten die Gäste alle renovierten Gebäude des Schulkomplexes besichtigen. Begeisterte Lehrer erklärten ihnen alle Einrichtungen.

Eine Überraschung gab es zum Abschluss der Feier: Kein Geringerer als Dr. Uwe Stiemke, Vorsitzender der Hermann-Niermann-Stiftung, bot mit seiner Jazzband „Big Bonn Special“ ein Platzkonzert mit Swing-Klassikern von Benny Goodman, Count Basie, Duke Ellington, Glenn Miller u.a. in meist eigenen Arrangements. So wurde die Festtagsstimmung auch auf die zahlreichen Einheimischen und Touristen auf dem Burgplatz übertragen.

Über dem Eingangsportal des 1793 fertig gestellten und 1901 nochmals aufgestockten Neubaus der Bergschule steht unübersehbar: PATRIAE FILIIS VIRTUTI PALLADIQUE SESE VOVENTIBUS SACRUM – „Den Söhnen des Vaterlandes, die sich der Tugend und Wissenschaft gewidmet haben, ein Heiligtum“. Es ist die Ergänzung zur Inschrift von 1619 an dem Gebäude des ehemaligen Zeichensaales: SCHOLA SEMINARIUM REIPUBLICAE: „Die Schule – eine Pflanzstätte des Gemeinwesens“. Die beiden Texte sind Mahnung und zugleich Leitmotiv: Die Schule wird dann erst zur geheiligten Pflanzstätte, wenn die Söhne des Vaterlandes sich der Tugend und Wissenschaft weihen. Möge dieser Leitspruch weiterhin die Lehrer und auch kommende Schülergenerationen zu Bestleistungen beflügeln, Geist und Tradition dieser altehrwürdigen Bildungsanstalt zu pflegen.

Ruxandra Stănescu

Schlagwörter: Schäßburg, Schulgeschichte, Hilfsprojekt

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