9. Dezember 2008

Drei Parteien beanspruchen das Amt des Premierministers

Die Allianz aus der Sozialdemokratischen Partei (PSD) und der Konservativen Partei (PC) hat die Parlamentswahlen in Rumänien mit 34,16 Prozent der Stimmen für den Senat und 33,09 Prozent für die Abgeordnetenkammer gewonnen. Aufgrund des neuen Wahlsystems stellen das linke Lager jedoch nur 49 Senatoren und 114 Abgeordnete. Über zwei Senatoren und einen Abgeordneten mehr verfügt die Demokratisch-Liberale Partei (PD-L), obwohl sie nur 32,36 Prozent der Stimmen für die Abgeordnetenkammer und 33,57 Prozent für den Senat erhalten hat.
Rund 7,3 Millionen Rumänen haben am 30. November gewählt. Das sind nur 39,7 Prozent der Wahlberechtigten. Es war die niedrigste Wahlbeteiligung in Rumänien seit 1989. Aus Protest oder Politikverdrossenheit machten viele von ihrem Wahlrecht nicht Gebrauch.

Die Nationalliberalen (PNL) stellen 28 Senatoren und 65 Abgeordnete (18,57 bzw. 18,74 Prozent), der Ungarnverband (UDMR) schickt mit 6,17 bzw. 6,39 Prozent neun Senatoren und 22 Abgeordnete ins Parlament. Alle anderen Parteien scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde, unter ihnen Corneliu Vadim Tudors nationalextremistische Großrumänienpartei (PRM), die bei den Wahlen 2004 rund 13 Prozent der Stimmen hatte. Ovidiu Ganț, der als einziger Kandidat des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien angetreten war, hat mit 23 190 Stimmen ein zweites Mandat für die Abgeordnetenkammer erreicht. „Das Gesamtergebnis ist sehr gut“, erklärte Ovidiu Ganț gegenüber der Siebenbürgischen Zeitung, „doch hat man eine Wahlmüdigkeit unserer Landsleute beobachten können. Abgesehen von einigen lobenswerten Ausnahmen wie Hermannstadt oder dem Buchenland war die Anzahl unserer Wähler ziemlich gering“. Der Vertreter der deutschen Minderheit errang – nach dem Vertreter der Roma – die zweitmeisten Stimmen unter den Minderheiten-Vertretern. Die anderen 16 ethnischen Minderheiten in Rumänien werden ebenfalls mit je einem Abgeordneten vertreten sein.

Das neue Wahlsystem sorgt für ein Divergieren von Stimmenprozenten und der Anzahl der Abgeordneten bzw. Senatoren. Die Wähler stimmten erstmals über Direktkandidaten ab, die den Einzug ins Parlament aber nur dann schafften, wenn sie die absolute Mehrheit (mehr als 50 Prozent der Stimmen) in ihrem Wahlkreis erzielten. Die restlichen Mandate werden mittels eines komplizierten Verfahrens auf die Parteien umverteilt. Dementsprechend sehen sich sowohl die Sozialdemokraten als auch die Demokratisch-Liberalen als Wahlgewinner. Noch ist nicht abzusehen, wer die künftige Regierungskoalition bilden wird. Sowohl PSD als auch PD-L umwerben die PNL als Bündnispartner; auch eine große Koalition der beiden stärksten Parteien sei nicht ausgeschlossen, erklärten die drei Parteichefs, die das Amt des Premierministers jeweils für sich beanspruchen.

Staatspräsident Traian Băsescu traf am 5. Dezember die Repräsentanten der vier Regierungsparteien. Die ersten offiziellen Gespräche zwischen Vertretern der PD-L und der PNL fanden am 6. Dezember statt. Die beiden Parteichefs erklärten sich danach unzufrieden. PD-L-Chef Emil Boc sagte der Presse, dass die beiden Parteien „viele Gemeinsamkeiten“ in den Regierungsplänen hätten, allerdings bestehe keine Einigkeit über das Amt des Premierministers. Der amtierende Premier Călin Popescu Tăriceanu erklärte, dass weitere Treffen folgen würden, sobald beide Parteien imstande seien, Kompromisse einzugehen. Die beiden rumänischen liberalen Parteien waren bei den vergangenen Wahlen Verbündete in der Allianz „Gerechtigkeit und Wahrheit“ (DA), haben sich aber nach knapp zwei Jahren gemeinsamer Regierung zerstritten.

UDMR-Chef Marko Bela teilte mit, dass sich seine Partei in einer Regierung zusammen mit PD-L und PNL sehe, eventuell auch nur mit der PD-L, falls sich beide Parteien nicht einigen. Auch eine Regierungskoalition mit der PSD sei nicht ausgeschlossen, doch seien die UDMR-Vertreter noch zu keinen Verhandlungen mit den Sozialdemokraten eingeladen worden. Gespräche zwischen der PD-L und der PSD gab es am 7. Dezember, zu einem Abkommen kam es allerdings nicht. Die PD-L bot der PSD die Leitung des Senats und das Amt des Vizepremiers, um einen eigenen Premierminister zu stellen. Auch sei es möglich, die Regierungsleitung mit dem Amt eins Ober-Vizepremierministers zu erweitern, das der PSD zukommen würde. Laut Presseberichten sei die PSD gespalten: Ein Teil der Mitglieder würde auf das Amt des Premierministers verzichten, um in der Regierung zu sein, ein anderer Teil will lieber in die Opposition gehen.

Ruxandra Stănescu

Schlagwörter: Rumänien

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Neueste Kommentare

  • 16.12.2008, 15:58 Uhr von schully: laut wikipedia: "Alexandru Călinescu, critic şi istoric literar român. ich kenne ihn nur ... [weiter]
  • 16.12.2008, 15:51 Uhr von getkiss: Danke Schully. Wer Johannis ist wissen wir. Hat Al. Cälinescu was mit G.Calinescu zu ... [weiter]
  • 16.12.2008, 12:51 Uhr von schully: Alexandru CĂLINESCU | interstiţii Johannis prim-ministru! Interessanter vorschlag in ... [weiter]

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