27. September 2022

Ernst Göhn (Gyöngyösi): De Zet vergauht …

Das folgende Mundartgedicht wurde dem Theaterstück „De irscht Ognithler Eisebahn“ von Ernst Gyöngyösi entnommen, das im Jahr 1983 von einer Agnethler Theatergruppe für die „Deutsche Stunde“ des rumänischen Fernsehens aufgeführt wurde. Das Mundartgedicht in Agnethler Mundart ist zugleich eine Premiere für die Rubrik "Sachsesch Wält" - es wird von einer Audiodatei im mp3-Format begleitet, so dass es nicht nur gelesen, sondern auch gehört werden kann (siehe Aufruf und Datei am Ende dieses Artikels).
De Zet vergauht, et äs schui späit.
De Staind huoit sich ze schneïl gedräiht.
Näi stioh mer ha – en Häimdvål Let –
und läicheln iwwer dä åålt Zet.

Und näi, ze geïder Läitzt, hiesch Stäck fuir Stäck
leïjen de Såche mir zeräck
än de gebliamt gruiß aujchan* Trunn,
än deïr mir munchäst fainden hun:
E wiannij Froud, e låstij Wuirt,
äst iwwer asen Haumetuirt.
Und feierllich, mät Suarj, beduoicht
Leïje mir ännen och de Truoicht.
Mät dïesem ållem, hiesch zesummen,
en munch schuin fåst vergäißen Nummen.
Derzäi e Wuirt, e Biald, en Spriåch –
vun dïese fäimde mir geneåch.
Und wuann ich dïeffer ännesahn,
äs vun äis ållen äst dertan.

De Schlässel åwwer vun der Trunn
kiannt ir mät Frouden och bekunn.
Nuarr mïesst ir ållent gäit verwiohren,
ått och nio ville, ville Giohren
iwwer dïess Såchen, wuot drä loun,
sich och ir Käind aust kianne froun.
Dä‘ wuann ich dïeffer ännesahn,
äs vun ech ållen äst dertan.

Wäir et nïet schuoid am dïess hiesch Såchen,
em säill se leichtsännij verlåchen?
Äwäijschmeißen ustatt verschinken?
Ze schuoid bestiammt. Och mïesst er dinken:
Wuann mer häir dïeffer ännesahn,
en Häimdvål Haumeteïrd äs och dertan.

1983

Worterklärung: aujchan = aus Eichenholz

Als Brauchtumsveranstaltung beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen 2022 in Dinkelsbühl führte die Theatergruppe der HOG-Regionalgruppe Hermannstadt-Harbachtal unter der Regie von Doris Hutter das Stück „Se kit, se kit … De Wusch uch Nået äm Hårbåchtool“ auf. „Wusch“ ist die volkstümliche Bezeichnung der Schmalspurbahn, die den Bewohnern der ländlichen Gemeinden des nordöstlich von Hermannstadt gelegenen Harbachtales einst Reise- und Begegnungsmöglichkeiten bot. Anlässlich der Agnethler Kulturtage im August d.J. konnte die Gruppe das Stück bei einer Rumänienfahrt sozusagen an „Originalschauplätzen“ aufführen, außer in Agnetheln auch in Hundertbücheln und Holzmengen.

Doris Hutter ist die Autorin des Stückes, wobei sie das Theaterstück „De irscht Ognithler Eisebahn“ von Ernst Gyöngyösi eingebaut hat, das im Jahr 1983 von einer Agnethler Theatergruppe für die „Deutsche Stunde“ im rumänischen Fernsehen aufgeführt wurde. Diesem Stück ist der obenstehende Text entnommen.

Ernst Göhn (Gyöngyösi) wurde am 13. März 1946 in Agnetheln geboren. Er studierte Philologie und Kunst in Klausenburg. Früh begann er zu schreiben. Beruflich unterrichtete er an deutschen Schulen in Rumänien die Fächer Deutsch, Musik und Zeichnen. Seit 1990 lebte er mit seiner Familie in Wermelskirchen, wo er als Mitarbeiter eines Altenzentrums tätig war. Seine lyrischen Texte (er war u.a. Mitglied im Autorenkreis für den Rheinisch-Bergischen Kalender) und seine Bilder, die in mehreren Ausstellungen gezeigt wurden, erfreuten sich hoher Wertschätzung. Im Prospekt der Ausstellung von 2003 in Wermelskirchen heißt es von seinen Werken, sie seien „eine Hommage an seine Mitmenschen und vor allem an den Schöpfer selbst.“ Ernst Göhn starb am 7. Mai 2018 in Langenfeld und wurde auf dem Hauptfriedhof in Hilden bestattet.

Hanni Markel, Bernddieter Schobel

Aufruf an die siebenbürgisch-sächsischen Mundartautoren

Viele Vereinsmitglieder haben den Wunsch geäußert, in der Siebenbürgischen Zeitung Online vermehrt Audioaufnahmen in Mundart anzuhören, weil das Lesen der Mundart als schwierig empfunden wird. Deshalb rufen Chefredakteur Siegbert Bruss und die Webmaster unseres Verbandes die Mundartautoren auf, ihre Texte vorzutragen und als Audiodatei aufzunehmen. So können die Mundartgedichte in der SbZ Online künftig nicht nur gelesen, sondern auch gehört werden.

Die Mundart-Audiobeiträge können gerne auch über das Radio gesendet werden, wobei wir eng mit Radio Siebenbürgen zusammenarbeiten. Die Aufnahmen können auf dem iPhone oder Smartphone aufgenommen oder als CD geliefert werden. Nebengeräusche sind zu vermeiden, die Texte sollten ansprechend sein und nicht unnötig lang! Ansprechpartner für die Audiodateien ist Hans-Detlev Buchner, E-Mail: hans-detlev[ät]gmx.de.

Schlagwörter: Mundart, Agnetheln, Audiodatei

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