5. Dezember 2007

In Heilbronn: Kultureller Abend zum Gedenken an Viktor Kästner

„,Wä? Ich sil net sachsesch rieden?’ – Die sieben­bürgisch-sächsische Seele im Spiegel der Ge­dichte von Viktor Kästner“ war das Motto des diesjährigen „Bunten Abends“ im Bürgerhaus in Heilbronn-Böckingen. Das Kulturprogramm war dem 150. Todestag von Viktor Kästner gewidmet.
Mit dem musikalischen Auftakt „Siebenbür­ger Gruß“, gespielt vom Karpaten – Tanz- und Unterhaltungsorchester Heilbronn, begann die Festveranstaltung. Unsere Kreisgruppenvorsit­zende Christa Maria Andree begrüßte die zahlreichen Gäste und bedankte sich bei allen Kul­turgruppen, die diesen Abend gestalteten.

Pfarrer Peter Madler stellte das Leben und Wir­ken von Viktor Kästner vor und moderierte das Kulturprogramm hervorragend. Viktor Käst­ner, 1826 in Kerz geboren und 1857 in Her­mann­stadt verstorben, ist einer der bedeutends- ten Mundartdichter der Siebenbürger Sachsen. In jedem Volk gibt es Dichter, die sich mit ihrer Heimat befassen, deren Landschaft beschreiben, die Sprache oder die Mundart verherrlichen und so zum Künder der Seele dieses Volkes werden. Für die Siebenbürger Sachsen wurde Viktor Kästner zum Deuter der siebenbürgisch-sächsischen Seele, sagte Herr Madler zu Beginn seiner Ansprache und verwies dabei auf Kurt Galters Veröffentlichung: „Viktor Kästner, Leben und Werk“ (in „Tradition und Fortschritt“, Heft 15, Herausgeber: Stephan Ludwig Roth-Gesellschaft für Pädagogik e.V.). Seine Kindheit und Jugend verbrachte Kästner auf dem Pfarrhof in Kerz. 1845 bis 1847 studierte er an der Hermann­städter Rechtsfakultät. Seine Beamtenlaufbahn führte ihn u.a. nach Broos, bis er sich endgültig in Hermannstadt niederließ und eine Familie gründete.
Die Kreisgruppe Heilbronn widmete ihren ...
Die Kreisgruppe Heilbronn widmete ihren Kulturabend dem bedeutenden siebenbürgisch-sächsischen Mundartdichter Viktor Kästner. Foto: Hans Günther Schuller
Viktor Kästner war einer der ersten sächsischen Intel­lektuellen, deren Versuch, sich in der Dich­tung der Mundart zu bedienen, von Erfolg gekrönt wurde. Seine vorwiegend in Kerz geschrie­benen Gedichte zeugen von tiefstem Empfinden und von Ursprünglichkeit. Nach seinem frühzeitigen Tod veröffentlichte der Vater des Dichters dessen Gedichte. Einige, wie z.B. „De Breokt um Alt“, fanden Eingang ins Volksliederrepertoire der Siebenbürger Sachsen.

Dieses Lied, „Dra Wängsch“ und „Sachsesch“ (Wä? ich sil net sachsesch rieden, sachsesch dinken, sachsesch bieden? Sachsesch riet meng innich Schatzken, gid af sachsesch mer se Matzken, ben e Sachs äm Sachsenland!) sang der Chor sehr schön und einfühlsam. Friedrich Schuster, in Kerz geboren, trug das Ge­dicht „Me Bechelchen“ vor, ein Gedicht über den Bach, der auch heute noch durch den Pfarr­hof fließt und eine kleine Klappmühle in Bewe­gung setzt. Astrid Kelp trug fünf der 48 Strophen des Gedichts „Vum bisen Hanz“ vor und forderte das Publikum auf, die restlichen Strophen daheim zu lesen. Dorothea Löw und Arno Klein – beide standen das erste Mal in Heilbronn auf der Bühne – spielten die Szenette „Weiwertra“ und gaben dem bis dahin besinnlichen Abend eine heitere Note. Angelehnt an das „Klappmühl­chen“ auf dem Pfarrhof tanzte die Sieben­bür­gische Jugendtanzgruppe Heilbronn das „Mühl­rad“. Unsere Siebenbürgisch-Sächsische Kin­der-­ gruppe Heilbronn unter der Leitung von Astrid Kelp zeigte die Tänze „Michel Finnigan“, „Mädel wasch Dich“ und „Fröhlicher Kreis“.

Pfar­rer Peter Madlers Vortrag wurde von wun­derbaren Fotos von Viktor Kästner, Kerz, dem Pfarrhof und der Zisterzienserabtei umrahmt, die von Ines und Helmut Wenzel zusammengestellt und auf eine Großleinwand projiziert wurden.

Anschließemd stellten sich unsere Kulturgrup­pen mit Beiträgen aus ihrem aktuellen Pro­gramm vor. Der Auftritt des „Liederkranzes der Siebenbürger Sachsen Heilbronn“ unter der Lei­tung von Melitta Wonner war nicht nur ein Hör­genuss, sondern auch ein optisches Erlebnis. Der Chor trat in Tracht auf – viele der Sängerinnen waren gebockelt. Der Chor begeht im kommenden Jahr sein 30-jähriges Jubiläum und zählt heute über 50 Mitglieder.

Seit 1994 ist er Mitglied des Schwäbischen und somit auch des Deutschen Sängerbundes. Sein Repertoire beinhaltet Volksmusik, deutsches und siebenbürgisch-sächsisches Liedgut sowie klassische Werke und geistliche Musik. Wir hörten im zweiten Teil des Abends: „Wo Musik sich frei entfaltet“ von W. A. Mozart, „Die Rose“ und „Heißa, Kath­rei­nerle“. Neue Chormitglieder sind jederzeit herzlich willkommen.

Die „Siebenbürgische Jugendtanzgruppe Heil­bronn“ unter der Leitung von Christine Göltsch und Ines Wenzel tanzte noch den „Nagel­schmied“ und „Holsteiner Dreitour“. Die Tanz­gruppe wurde 1975 ins Leben gerufen. Die derzeit 32 Mitglieder im Alter von 13 bis 34 Jahren bestreiten im Jahr über 30 Termine. Es sind Auftritte in und um Heilbronn, bei Stadt- und Dorffesten, Heimattagen etc. Auch im Ausland gab es erfolgreiche Darbietungen, z.B. dieses Jahr in der Europäischen Kulturhauptstadt Her­mann­stadt. Die Gruppe probt jeden Montag um 19.00 Uhr im „Haus der Siebenbürger Sachsen“, Sinsheimer Straße 55, in Heilbronn-Bö­ckingen.

Wie bei allen unseren Festen trat auch das „Karpaten – Tanz- und Unterhaltungsorchester Heilbronn“ unter der Leitung von Uwe Horwath auf. Das 1982 gegründete Orchester spielt zu schwäbischen und siebenbürgisch-sächsischen Festanlässen. Für uns spielten die Musiker noch die Ouvertüre „Meine Königin“, „Blumengeflüs­ter“ und ein Potpourri bekannter siebenbürgisch-sächsischer Lieder. Das Orchester probt ebenfalls montags um 19.00 Uhr in unserem „Haus der Siebenbürger Sachsen“ in Heilbronn-Böckingen. Zum Abschluss spielte das Orchester zum Tanz auf. Solisten waren Melitta Wonner und Johann Gaber. Wir danken den Organisa­toren, Pfarrer Peter Madler und den Kulturgrup­pen für diesen gelungenen Abend.

Gerlinde Schuller

Schlagwörter: Mundart, Heilbronn, Viktor Kästner

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