3. März 2011

Sozialer Einsatz für die Siebenbürger Sachsen: Führungswechsel beim Sozialwerk

Eine Ära ist beim Sozialwerk der Siebenbürger Sachsen zu Ende gegangen. Peter Pastior, 16 Jahre lang Vorsitzender des Sozialwerks, wurde bei der Mitgliederversammlung des Sozialwerks am 26. Februar von Johann Kremer abgelöst. Der neugewählte Vorstand ernannte Pastior angesichts seiner außerordentlichen Verdienste um das Sozialwerk zu dessen Ehrenvorsitzenden. Seinen besonderen Einsatz würdigte Dr. Bernd Fabritius, Bundesvorsitzender des Verbandes der Siebenbürger Sachsen, bei einem Abschiedsempfang.
Karl-Arthur Ehrmann, Geschäftsführer der Saxonia-Stiftung, bedankte sich schriftlich: „Es war wohltuend, ihn als Geschäftspartner zu haben, denn Peter meint, was er sagt (und umgekehrt) und hält auch das, was er nicht versprochen hat.“ Und: „’Die Solidargemeinschaft lebt’, weil sie von Peter Pastior beseelt und durch Tat und Haltung motiviert wird.“

Zur Mitgliederversammlung konnte Peter Pastior in der Begegnungsstätte des Verbandes in der Karlstraße 100 in München unter anderen die Gründungsmitglieder Wilhelm Beer und Rechtsanwalt Ernst Bruckner, den Bundesvorsitzenden des Verbandes Dr. Bernd Fabritius, die stellvertretenden Bundesvorsitzenden Alfred Mrass und Rainer Lehni (die als Landesgruppenvorsitzenden und von Amts wegen auch Mitglieder des Sozialwerks sind) sowie Bundesgeschäftsführer Erhard Graeff begrüßen.

„Das Sozialwerk als integrativer Teil des Verbandes der Siebenbürger Sachsen ist und bleibt ein sehr wichtiges Standbein in der gesamten Tätigkeit der Föderation der Siebenbürger Sachsen“, betonte Peter Pastior in seinem schriftlichen Tätigkeitsbericht, der den Mitgliedern zugesandt worden war und dessen wichtigste Punkte in der Mitgliederversammlung erörtert wurden. Hauptaufgabe des Sozialwerks sei nach wie vor die Unterstützung und Betreuung der in Siebenbürgen lebenden Landsleute, vor allem der Alten, Kranken und Bedürftigen. Rumänien sei zwar seit 2007 Mitglied der Europäischen Union, aber viele Siebenbürger Sachsen müssen weiterhin betreut werden. Umso stärker sei der Einsatz des Sozialwerks der Siebenbürger Sachsen in München gefragt, erklärte Pastior.
Der neue Vorstand des Sozialwerks der ...
Der neue Vorstand des Sozialwerks der Siebenbürger Sachsen in Deutschland, von links: Wolfram Schuster, Heidemarie Weber, Dr. Johann Kremer (Vorsitzender) und Christa Wandschneider sowie der Ehrenvorsitzende des Sozialwerks, Peter Pastior. Foto: Siegbert Bruss
In bester Zusammenarbeit mit der Saxonia-Stiftung in Kronstadt wurden im vergangenen Jahr, jeweils zwei Mal, 1862 bedürftige Landsleute in Siebenbürgen mit insgesamt 97000 Euro unterstützt. Das geschieht seit 2007 hauptsächlich durch Einzelbetreuung in Form von Geldhilfen. Lebensmittelpakete werden immer seltener von den Spendern aber auch von den Empfängern gewünscht.

Sachsen in Nordsiebenbürgen werden wieder vom Sozialwerk betreut

Die Mitgliederversammlung beschloss, die Landsleute in Nordsiebenbürgen ab 2011 wieder durch das Sozialwerk zu betreuen, und zwar aufgrund von Bedürftigenlisten, die – wie in den anderen Regionen Siebenbürgens – von den evangelischen Kirchengemeinden oder den deutschen Foren erstellt und an die Saxonia-Stiftung weitergegeben werden. Der Bundesverband der Siebenbürger Sachsen in Österreich hatte in einem Sozialprojekt die bedürftigen Landsleute in Nordsiebenbürgen in den Jahren 2005-2010 unterstützt, um damit auch das Sozialwerk teilweise zu entlasten.

Sehr effektiv sind auch die Maßnahmen im Bereich Medikamente und medizinische Hilfen. Dass das Sozialwerk im letzten Jahr 6250 Euro dafür eingesetzt hat, um fast 50 Prozent mehr als 2009, zeige, „dass die medizinische Versorgung der Bevölkerung in Rumänien noch sehr im Argen liegt“, betonte Peter Pastior. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die projektbezogene Betreuung der Altenheime in Schweischer und Kronstadt-Blumenau und des „Carl-Wolff-Alten- und Pflegeheims“ in Hermannstadt.

Zudem tritt das Sozialwerk als Mittler zwischen dem Bundesministerium des Innern bzw. Bundesverwaltungsamt und dem Siebenbürgenforum in Erscheinung. Es handelt sich dabei um die Mittlung der materiellen Hilfen der Bundesregierung für Siebenbürgen. Diese werden vom Sozialwerk verwaltungsmäßig betreut und durchgeführt. Die zeitaufwändige Verwaltungsarbeit konnte dank der sehr guten Zusammenarbeit mit der Saxonia-Stiftung effektiv und fast kostenfrei abgewickelt werden. Aus Mitteln des Bundesinnenministeriums wurden 2010 Einzelhilfen in Höhe von 18100 Euro an Bedürftige in Siebenbürgen verteilt.

Aufgaben in Deutschland

Das Sozialwerk nimmt vielseitige Aufgaben auch für die Landsleute in Deutschland wahr. Durch Kürzungen der Renten und Sozialsysteme geraten auch Siebenbürger Sachsen in Deutschland unverschuldet in Not. Auf diese neue Lage hat sich das Sozialwerk schon 1994 durch eine Satzungsänderung eingestellt. So konnte Landsleuten geholfen werden, die durch einmalige besondere Ereignisse in Not geraten sind. Durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung vom 6. März 2010 kann das Sozialwerk – auf Antrag der Landesgruppen des Verbandes – die anfallenden Kosten für die Siebenbürgische Zeitung für jene Mitglieder als sog. Sachleistung erstatten, deren Mitgliedsbeitrag aufgrund geringen Einkommens ermäßigt wurde. 2010 hat das Sozialwerk für diesen Sachkostenausgleich 3526 Euro eingesetzt.

Schon 1999 wurde ein Kulturfonds im Sozialwerk eingerichtet. Nachdem die damalige rot-grüne Bundesregierung die finanziellen Mittel für die kulturelle Breitenarbeit gemäß Paragraph 96 des Bundesvertriebenengesetzes massiv gekürzt hatte, beschloss der Verbandstag der Landsmannschaft 1999 eine Erhöhung des Mitgliedsbeitrages zugunsten der kulturellen Breitenarbeit. Für die im Jahr 2000 erworbene Begegnungsstätte in der Karlstraße 100 in München setzte das Sozialwerk in den letzten zehn Jahren vor allem Spendenmittel ein, die dem Verband aus dem Gruppenversicherungsvertrag mit der Hamburg-Mannheimer (jetzt: ERGO) zufließen. So ist die Begegnungsstätte seit letztem Sommer schuldenfrei.

Danksagung an alle Spender

Ein großer Dank gilt allen Siebenbürger Sachsen, die durch ihre Spenden und gelebte Nächstenliebe die Hilfen des Sozialwerks an unsere Landsleute erst ermöglichen. Beispielhaft für diesen sozialen Geist sind die Erbschaften oder Aktionen unter dem Motto „Statt Blumen auf das Grab“, die dem Sozialwerk und somit unseren bedürftigen Landsleuten zugute kommen. So erhielt das Sozialwerk aus dem Erbschaftsanteil einer im Herbst 2009 verstorbenen Siebenbürgerin aus Nürnberg einen nicht unerheblichen Betrag, der den Reserven zugeführt wurde. Auf diese Reserven musste das Sozialwerk in den letzten Jahren immer wieder zurückgegriffen werden, weil die Einzelspenden rückläufig sind. 2009 wurden noch 71966 Euro gespendet, 2010 nur noch 62635 Euro – das ist ein Rückgang von 15 Prozent.
Das Altenheim Schweischer wird vom Sozialwerk ...
Das Altenheim Schweischer wird vom Sozialwerk maßgeblich unterstützt. Foto: M. Dama
Ein besonderer Dank wurde Julius Henning für seine Aktion zugunsten des Sozialwerks ausgesprochen: Aus dem Reinertrag der CD „Glocken und Stimmen der Heimat Siebenbürgen“ hat Henning 6100 Euro überwiesen. Eine Spende von 12400 Euro wurde dem Sozialwerk seitens unserer Landsleute aus den USA beim Heimattag 2010 in Erie/Pennsylvania übergeben.

Die Rechnungsprüfer Alfred Mrass und Harald Janesch stellten fest, dass das Sozialwerk in der letzten Amtszeit gut und ordnungsgemäß gewirtschaftet habe. Nach der Entlastung des alten Vorstandes wurde unter der Wahlleitung von Erhard Graeff ein neuer Vorstand gewählt. Neuer Vorsitzender ist Dr. Johann Kremer. Im Amt bestätigt wurden Heidemarie Weber als stellvertretende Vorsitzende, Wolfram Schuster als Schatzmeister und Christa Wandschneider als Schriftführerin.

Der neue Vorsitzende setzt neue Akzente

Johann Kremer wurde am 5. Oktober 1953 in Kronstadt geboren, studierte dort 1974-1979 an der Forstwissenschaftlichen Fakultät und promovierte 1998 zum Dr. rer. silv. am Lehrstuhl für Forstliche Arbeitswissenschaft und Verfahrenstechnik der LMU München. Er wirkte jahrelang als wissenschaftlicher Mitarbeiter der LMU/TU München und ist seit 1986 selbstständig als Forstsachverständiger, Gutachter und Berater tätig. Ehrenamtlich ist der Kronstädter seit seiner Ausreise 1982 vielseitig in der Siebenbürgenhilfe, der Aussiedler- und Integrationsarbeit sowie seit 25 Jahren im Vorstand der Kreisgruppe Fürstenfeldbruck (davon acht Jahre als Vorsitzender) engagiert. Der neue Vorsitzende des Sozialwerks will die bewährte Altenhilfe in Siebenbürgen fortsetzen und die kulturelle Breitenarbeit des Verbandes unterstützen. Einen neuen Akzent will er auf soziale Projekte setzen. Dafür sollen Richtlinien erarbeitet werden, wonach Projektanträge gestellt und gefördert werden. Auf diese Vorhaben könnte das Sozialwerk dann Jugendliche verweisen, die ihr Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr in Siebenbürgen absolvieren wollen. „Dadurch wollen wir jungen Siebenbürgern in Deutschland ihre Wurzeln, die Heimat ihrer Eltern, näher bringen“, sagte Dr. Kremer.

Der Führungswechsel im Sozialwerk wird fließend verlaufen. Die verlässliche und verständnisvolle Betreuung unserer Landsleute war Peter Pastior nicht nur von 1979 bis 1994 als Bundesgeschäftsführer der Landsmannschaft und seit November 1994 als Vorsitzender des Sozialwerks (als Nachfolger des Gründungsvorsitzenden Wilhelm Schiel) ein großes Anliegen. Jetzt will Pastior der Bitte seines Nachfolgers nachkommen und ihn mit Rat und Tat unterstützen, um einen nahtlosen Übergang zu ermöglichen.

Siegbert Bruss

Schlagwörter: Sozialwerk, Soziales, Siebenbürgenhilfe, Peter Pastior, Kremer

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