16. Juni 2011

Rumänische Regierung bedauert kommunistisches Unrecht und Auswanderung der Siebenbürger Sachsen

Der rumänische Außenminister Dr. Teodor Baconschi hat in seiner Festrede beim Heimattag am 12. Juni 2011 in Dinkelsbühl die „dunklen Seiten der Geschichte“, namentlich die Deportationen der Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben nach Russland und in die rumänische Bărăgan-Ebene, angesprochen und sich vor den Opfern des kommunistischen Unrechts verneigt. Im Namen der rumänischen Regierung bedauerte er die Auswanderung der Deutschen aus Rumänien und lud sie ein, möglichst oft nach Rumänien zurückzukehren. Die Rumänen seien sich der kulturellen Bedeutung der Siebenbürger Sachsen bewusst. Diese könnten auch heute ein Modell für das moderne Rumänien sein, da sie die Mittelschicht als tragende Pfeiler der Gesellschaft aufgebaut hätten. Baconschi zeigte sich zuversichtlich, dass die Eigentumsrückgabe, der finanzielle Augleich für kommunistisches Unrecht und die Rentenzahlungen, die im Dialog mit der Verbandsspitze in Dinkelsbühl erörtert wurden, auf den richtigen Weg gebracht werden. Die Festrede des Außenministers wird in deutscher Übersetzung wiedergegeben.
Sehr geehrter Herr Bundesinnenminister Friedrich,
sehr geehrter Herr Botschafter Comănescu,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Hammer,
sehr geehrter Herr Bundesvorsitzender Fabritius,
sehr geehrter Herr Maffay,
sehr verehrte Damen und Herren,
liebe Siebenbürger Sachsen,

Vor vier Monaten, im Februar dieses Jahres, habe ich am Siebenbürgerball in München teilgenommen und dabei festgestellt, dass Ihre Bindungen zur alten Heimat Rumänien lebendiger denn je sind. Die Einladung des Herrn Bundesvorsitzenden Fabritius zum Heimattag habe ich mit großer Freude angenommen, da es das bedeutendste Ereignis für Ihre Gemeinschaft ist. Es war für mich selbstverständlich, die Einladung anzunehmen, als Zeichen des Respekts gegenüber den Siebenbürger Sachsen, die einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau meines Landes, des modernen Rumänien, geleistet haben.

Der rumänische Außenminister Dr. Teodor Baconschi ...
Der rumänische Außenminister Dr. Teodor Baconschi bedauerte das kommunistische Unrecht und die Auswanderung der Siebenbürger Sachsen. Foto: Lukas Geddert
Ihren Trachtenumzug habe ich mit großer Bewunderung verfolgt und es freut mich, dass Sie Ihr außerordentliches Kulturerbe so würdevoll und feierlich zelebrieren.

Heute sind Sie alle in Ihrem Mutterland Deutschland perfekt integriert. Die Bundesrepublik Deutschland hat Sie mit offenen Armen empfangen, als Sie Ihr Heimatland Rumänien verlassen haben.

Wir vergessen aber auch die düstere Seite der Geschichte nicht, wir dürfen nicht vergessen, dass diese wertvolle Gemeinschaft, seien es die Siebenbürger Sachsen oder die Banater Schwaben, sehr stark unter dem Stalinismus gelitten hat, als es zu Deportationen auf Befehl Stalins von 1945 bis 1949 und zur Deportation in den Bărăgan von 1951 bis 1956 kam. Ich verneige mein Haupt, zusammen mit Ihnen, im Gedenken an die bekannten und unbekannten Gestalten jener, die unter dieser politischen Verfolgung zu leiden hatten.

Sehr geehrter Herr Bundesminister Friedrich, ich freue mich, Ihnen heute zum ersten Mal hier, beim Festtag unserer Siebenbürger Sachsen, zu begegnen. Auf diese Ihre Mitbürger können Sie stolz sein!

Sowohl ich persönlich als auch die Regierung, die ich vertrete, bedauern die Aussiedlung der Deutschen aus Rumänien zutiefst und ich sage Ihnen, dass Sie herzlich willkommen sind, „immer öfter“ zurückkehren, wie Peter Maffay sagt.

Alle Rumänen wissen, dass Sie die Zivilisation im rumänischen Raum stark geprägt und dass Sie Baudenkmäler vom Rang des UNESCO-Weltkulturerbes in ganz Siebenbürgen gebaut haben. Sie können aber auch ein Modell für das neue politische Projekt in Rumänien sein, weil die Siebenbürger Sachsen die Ersten waren, die der Mittelschicht Kraft verliehen haben und die als Unternehmer ein Vorbild für der Mittelschicht im postkommunistischen Rumänien sind.

Für die rumänische Regierung ist es eine Ehrenpflicht, die Rechte und die Identität der deutschen Minderheit in Rumänien zu respektieren. Wie Sie wissen, ist diese sowohl im Parlament als auch in der Regierung vertreten. Die Theater in deutscher Sprache in Hermannstadt und Temeswar sind weiterhin geöffnet und aktiv, ebenso die deutschsprachigen Gymnasien, wo die Lehrkräfte allerdings rarer geworden sind. Wir sollten mehr Lehrer aus den Reihen der Siebenbürger Sachsen herbringen, um die deutsche Tradition am Leben zu erhalten.

Ich bestätige, dass wir mit Herrn Fabritius gute Gespräche über den aktuellen Stand der Eigentumsrückgabe, den finanziellen Ausgleich für politisch Verfolgten und die Rentenzahlungen geführt haben. Ich bin sicher, dass wir im Dialog Fortschritte auf dem richtigen Weg erzielen werden.

Das Rumänien des Jahres 2011 ist ein modernes Land, das in die Europäische Union und in die NATO integriert ist, das sich beschleunigt entwickelt, was auch auf die deutschen Investitionen zurückzuführen ist.

Die Staatsreform, für die wir uns einsetzen, wird unumkehrbar sein und die Voraussetzungen für eine noch leistungsfähigere Wirtschaft schaffen.

Deshalb ermutige ich Sie, nicht nur möglichst oft nach Rumänien zurückzukehren, sondern auch Partnerschaften auf kommunaler Ebene zu fördern, wie jene zwischen Landshut und Hermannstadt oder zwischen Schäßburg und Dinkelsbühl.

Ich danke Herrn Oberbürgermeister Hammer sehr herzlich für die Freundschaft und Offenheit, die er uns zeigt.

Desgleichen möchte ich Peter Maffay einen öffentlichen Dank aussprechen für sein soziales Engagement in Rumänien. Die Politiker sind oft Demagogen und die Rockstars egoistisch – das ist bei Peter Maffay nicht der Fall und ebenso wenig bei mir.

Ich beglückwünsche Sie aufs Herzlichste, und Sie können sich auf die Unterstützung der rumänischen Behörden verlassen!

Schlagwörter: Heimattag 2011, deutsch-rumänische Beziehungen

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