11. Januar 2013

Verbesserung im Rentenrecht: LPG-Mitgliedschaft als Beitragszeit

Durch ein im Dezember 2012 zugestelltes Urteil hat das Bayerische Landessozialgericht bestätigt: Rentner, die ihre Mitgliedschaft in Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) in Rumänien im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1966 und 31. Dezember 1977 nachweisen, haben Anspruch, dass die Beitragszeiten in ihrem Rentenkonto als nachgewiesen (mit 6/6-Werten) anerkannt wird. Sie erhalten damit höhere Entgeltpunkte bei der Rentenberechnung (Urteil L 14 R 217/10 vom 20. September 2012). Zweifel an einer durchgängigen Beitragsleistung sind nur dann beachtlich, wenn die Rentenbehörden sie im Einzelfall konkretisieren. Das bisher von Behörden oft praktizierte „Bestreiten ins Blaue hinein“ reicht zur Ablehnung ungekürzter Entgeltpunkte nicht mehr aus.
Dem Urteil vorausgegangen war der Rechtsstreit eines Siebenbürger Sachsen, der vor dem Zuzug nach Deutschland Mitglied einer LPG gewesen war. Diese Zeit hatte er durch eine Bescheinigung belegt, in der auch festgehalten wurde, dass er Mitglied (membru cooperator) gewesen war. Das Sozialgericht hatte zutreffend die Behörde verpflichtet, seine Mitgliedschaft vom 1. Januar 1966 bis zu seinem Ausscheiden als Mitglied im Jahre 1972 als nachgewiesene Beitragszeit mit ungekürzten Werten (6/6) anzuerkennen und das damit begründet, dass während der betreffenden Zeit in Rumänien alleine aufgrund der Mitgliedschaft aus dem Gesamtproduktionsvolumen der LPG Beiträge eingezahlt worden seien.

Die Rentenbehörden waren gegen diese Entscheidung in Berufung gegangen und hatten vorgetragen, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne LPG eben nicht vollständig Beiträge für ihre Mitglieder an die Rentenkasse (CAS) gezahlt hätten. Diesem von Rentenbehörden als einfaches Bestreiten oft vorgebrachten Argument hat sich das Landessozialgericht ausdrücklich nicht angeschlossen. Es führte in seiner umfassend begründeten Entscheidung aus: „Eine Beitragszeit ist (...) nachgewiesen, wenn eine Pflichtversicherung bestand und wenn die entsprechenden Beiträge ohne Rücksicht auf Zeiten der Arbeitsunterbrechung einzelner Mitglieder durchgehend entrichtet wurden. Davon ist auszugehen, wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine Nichtentrichtung des Beitrages oder eine Unterbrechung der Beitragszahlung bestehen. (...) Die theoretische Möglichkeit der Nichtzahlung kann nach Ansicht des Senates den Nachweis nicht erschüttern, wenn in Ansehung der konkreten LPG entsprechende Anhaltspunkte nicht vorhanden sind.“ Derartige Anhaltspunkte müsste die Rentenbehörde selbst konkret vortragen, wenn diese einen Nachweis von der Anerkennung ausschließen möchte (Urteil L 14 R 217/10 vom 20. September 2012).

Damit bestätigt ein Obergericht, dass ein schlichtes Bestreiten der Rentenbehörden zur Begründung einer Ablehnung nicht ausreicht, wenn Betroffene die relevanten Sachverhalte durch schlüssige Bescheinigungen belegt haben.

Rentner, die nach der bisher restriktiven Praxis der Rentenbehörden Ablehnungen bekommen haben, können nun eine Prüfung ihrer Rentenhöhe und gegebenenfalls eine Nachzahlung der Rente beantragen. Auch zeigt dieses Urteil erneut, dass es sich durchaus lohnt, auf einer korrekten Bewertung und Anerkennung der Zeiten im Herkunftsgebiet zu bestehen und sich nicht durch zunehmend restriktive Entscheidungen der Rentenbehörden um die ihnen zustehende Rentenzahlungen bringen zu lassen.

Betroffen sind Rentner mit Arbeits- und Beschäftigungszeiten im Herkunftsgebiet, die bereits in Rente sind oder die in den nächsten Jahren in Rente gehen wollen. Weil die Höhe der eigenen Rente ganz entscheidend von der Bewertung der Zeiten im Herkunftsgebiet abhängt und diese sogar Auswirkungen auf die Bewertung einzelner Zeiten in Deutschland haben kann, sollte eine möglichst genaue Schlüssigkeitsprüfung der Bewertung eigener Zeiten in den Bescheiden zur Kontenklärung oder in den Rentenbescheiden vorgenommen werden. Weitere Informationen und praktische Hinweise zum Rentenrecht folgen in der nächsten Ausgabe dieser Zeitung.

Dr. Bernd Fabritius, Rechtsanwalt, München

Schlagwörter: Rechtsfragen, Rente

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