10. Juni 2017

Botschafter Cord Meier-Klodt: Prädestiniert an einem gemeinsamen Europa mitzubauen

Die Rolle der Siebenbürger Sachsen reicht nach Worten des neuen deutschen Botschafters in Bukarest Cord Meier-Klodt weit über die oft beschriebene Funktion als Brückenbauer hinaus. Der 1958 in Hamburg geborene Diplomat sagte in seinem Grußwort bei der Eröffnung des Heimattages am 3. Juni in Dinkelsbühl, die Siebenbürger Sachsen seien geradezu prädestiniert, an der Stärkung „unseres gemeinsamen Europas“ mitzuarbeiten: „Mit dem deutschen Erbe von Jahrhunderten bauen wir mit am Europa von morgen, in dessen Mitte Rumänien einen festen Platz hat.“ Cord Meier-Klodt hat Anfang dieses Jahres die Nachfolge von Werner Hans Lauk als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Rumänien angetreten. Er gilt als Experte für Abrüstungsfragen, Kenner der Republik Moldau und hat sich binnen kurzer Zeit bestens in die deutsch-rumänischen Beziehungen eingearbeitet. Sein Grußwort in Dinkelsbühl wird im Folgenden im Wortlaut wiedergegeben.
Grüß Gott und guten Morgen allerseits! Ich bin „der Neue“ in Bukarest und freue mich, Sie bei diesem schönen Anlass kennenzulernen. Mir wurde bedeutet, dass ich über alles sprechen darf, nur nicht über drei Minuten. Ich werde mich also auf einige Kerngedanken beschränken.

Sie haben zu Jahresbeginn auch hier in Deutschland in den Abendnachrichten mitverfolgen können, in welch politische bewegte Zeit mein Amtsantritt in Rumänien fiel. Erste Entscheidungen der neuen Regierung wurden von weiten Teilen der rumänischen Bevölkerung als Infragestellung des erfolgreichen Reformkurses der letzten Jahre verstanden. Die Reaktion dieser Menschen in vielen großen Städten des Landes – an einem Abend waren es 300.000 allein auf dem Siegesplatz in Bukarest – wurde dann das vielleicht emotionalste Bekenntnis zu einem Europa gemeinsamer Werte, das in letzter Zeit irgendwo zu sehen war.
Botschafter Cord Meier-Klodt sprach sich bei ...
Botschafter Cord Meier-Klodt sprach sich bei seinem Einstand beim Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl für eine Stärkung "unseres gemeinsamen Europas" aus. Foto: Petra Reiner
Das ist erfreulich und Ansporn zugleich. In diesem Jahr feiern wir in unseren Beziehungen drei Jubiläen, die ich in einem engen Zusammenhang sehe.

50 Jahre seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Rumänien und der Bundesrepublik Deutschland, 25 Jahre seit der Zeichnung des bilateralen Freundschaftsvertrags und 10 Jahre Rumänien in der Europäischen Union.

Heute –im Lichte des Brexit – muss es bei der Stärkung unserer so exzellenten bilateralen Beziehungen nach meiner festen Überzeugung immer auch um die Stärkung unseres gemeinsamen Europas gehen.

Dabei kommt der deutschen Minderheit, ihrem kulturellen Erbe im Land, eine Rolle zu, die weit über die oft beschriebene Brückenfunktion hinausreicht. Sie wirkt im Lande ganz unmittelbar. Dies dürfen Sie gern ganz direkt auf den höchsten Repräsentanten des Landes beziehen, den Siebenbürger Sachsen Klaus Johannis, der mit über 60% in das Amt des Präsidenten gewählt wurde und dessen Bedeutung für das Land mit Blick auf das politische Ziel kaum zu überschätzen ist.

Es reicht aber noch viel weiter: Nehmen Sie die Bedeutung der deutschen Sprache in Rumänien, und zwar nicht nur im Sinne des Lernens von Vokabeln und Grammatik, sondern als Träger von Werten, Verhaltensnormen, einer Kulturtradition.

Die muttersprachlichen Schulen im Lande, das Brukenthal-Lyzeum in Hermannstadt oder das Honterus-Gymnasium in Kronstadt – um nur diese beiden zu nennen –, erfreuen sich heute höchster Nachfrage bei rumänischen Eltern und Schülern allgemein

Gleiches gilt unter Studenten und Auszubildenden für deutschsprachige Studiengänge an den Universitäten und die duale Berufsausbildung nach dem deutschen Modell, die mehr und mehr als Schlüssel für die weitere wirtschaftliche Entwicklung gesehen wird

Wir haben – so hat es der Vorsitzende des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien, Dr. Porr, kürzlich bei einer Veranstaltung im Rahmen der Gemischten Kommission zur deutschen Minderheit prägnant auf den Punkt gebracht – kein Schülerproblem, wir haben ein Lehrerproblem, weil die Nachfrage das Angebot bei weitem übersteigt.

Deswegen ist es auch von so großer Bedeutung, dass der Deutsche Bundestag ein weiteres Mal die Mittel zur direkten Unterstützung der Lehrer an den muttersprachlichen Schulen erhöht hat, und ich möchte Herrn Dr. Fabritius und allen Mitstreitern an dieser Stelle dafür ausdrücklich danken.

Zusammen mit der sozialen Unterstützung für bedürftige Mitglieder der Minderheit sowie Programmen zur Pflege des sächsischen Kulturerbes, wie die unter der Schirmherrschaft der Staatsoberhäupter stehenden Initiative zum Erhalt der Kirchenburgen in Siebenbürgen, zeigen wir so unsere Solidarität mit der Minderheit, erhalten ihr Erbe und machen es zukunftsfähig.

„Verändern – Erneuern – Wiedererfinden“ – das Motto dieses 67. Heimattages!

Meine Damen und Herren, bei der erwähnten Veranstaltung der Gemischen Kommission haben wir auch einen kleinen Film gezeigt, den das Goethe-Institut produziert hat. Er zeigt vier kurze Portraits von jungen Menschen aus Weißkirch, Temeswar, Oberwischau und Hermannstadt, die in die Heimat ihrer Eltern und Großeltern zurückgekehrt sind und in bewegenden Worten schildern, warum sie dies getan haben und wie sie sich eine Zukunft dort aufbauen wollen. Ein Trend ist dies vielleicht noch nicht, aber doch ein Signal.

Dass sich viele von Ihnen schon in Kürze zum großen Sachsentreffen in Hermannstadt wiedersehen werden – ein Ereignis in diesem Umfang, wenn ich richtig verstanden habe, ohne Präzedenz – ist ein weiteres solches Signal.

Ich freue mich darüber! Und ich möchte Sie herzlich einladen, dieses Wiederanknüpfen über die persönlichen Bezüge hinaus auch als einen Beitrag zu der gemeinsamen Aufgabe zu betrachten: Mit dem deutschen Erbe von Jahrhunderten bauen wir mit am Europa von morgen, in dessen Mitte Rumänien einen festen Platz hat.

Lassen Sie uns dies stärker als je zuvor gemeinsam tun, Seite an Seite, von hüben und drüben: das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien, viele wichtige Partner, ich, die Botschaft und die Konsulate von dort – Sie von hier und anderswo in der Welt!

Lassen Sie uns Empfindlichkeiten, wo sie, resultierend aus der unerbittlichen Geschichte, hier und da zwischen Menschen und Organisationen entstanden sein mögen, entschlossen überwinden.

Eine Gabe ist eine Aufgabe! Diesen schönen, von Käthe Kollwitz kolportierten Satz möchte ich uns allen dazu ins Stammbuch schreiben. Sie alle hier sind in besonderer Weise prädestiniert, maßgeblich an dieser gemeinsamen Aufgabe mitzuwirken, lassen Sie es uns tun!

Ich grüße Sie aus Ihrer alten Heimat und freue mich auf ein baldiges Wiedersehen ebendort!

Schlagwörter: Heimattag 2017, deutsch-rumänische Beziehungen, Botschafter

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