10. Februar 2006

Siebenbürger Sachsen im Stuttgarter Landtag

Rund 1 500 Gäste, Vertreter der Landsmannschaften und des Bundes der Vertriebenen (BdV), nahmen am 14. Januar 2006 an dem von der CDU-Fraktion des baden-württembergischen Landtags veranstalteten "Tag der Heimatvertriebenen, Flüchtlinge und Spätaussiedler" im Landtag von Baden-Württemberg in Stuttgart teil. Aus der CDU-Fraktion anwesend waren unter anderem Ministerpräsident Günther Oettinger, Innenminister Heribert Rech und der Fraktionsvorsitzende Stefan Mappus. Die Politiker würdigten die Leistungen der Heimatvertriebenen und Aussiedler beim Aufbau des Südweststaates und sicherten eine Fortführung der kulturellen Förderung zu.
Die Siebenbürger Sachsen waren mit etwa 150 Personen sehr gut vertreten. Der komplette Vorstand der Landesgruppe Baden-Württemberg war anwesend. Der Original Karpaten-Express der Siebenbürger Blasmusik Stuttgart e.V. und die Jugendtanzgruppe Stuttgart gestalteten das kulturelle Programm mit. Zahlreiche interessierte Landsleute waren aus ganz Baden-Württemberg angereist.

Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech mit siebenbürgisch-sächsischen Trachtenträgern der Jugendtanzgruppe Stuttgart. Foto: Rainer Lehni
Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech mit siebenbürgisch-sächsischen Trachtenträgern der Jugendtanzgruppe Stuttgart. Foto: Rainer Lehni

Eröffnet wurde die Veranstaltung durch ein kurzes geistliches Wort, das seitens der beiden großen Kirchen Pfarrer Wolfgang Gottstein für die Katholische Kirche und Dekan i.R. Hermann Schuller, geschäftsführender Vorsitzender des Hilfskomitees der Siebenbürger Sachsen und evangelischen Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD, für die Evangelische Kirche an die zahlreichen Zuhörer im Plenarsaal des Landtages richteten.

Stefan Mappus, Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, betonte in seiner Begrüßungsrede, dass die CDU sich mit den Vertriebenen verbunden fühle und dass der BdV ein wichtigen Partner der Landesregierung sei. Die Vertriebenen hätten 1950 in Stuttgart mit der Veröffentlichung der "Charta der Heimatvertriebenen", mit ihrem Verzicht auf Gewalt und Rache, maßgeblich zur positiven Entwicklung in Europa beigetragen.

Ministerpräsident Günther Oettinger würdigte den Beitrag von einer Million Vertriebenen beim Aufbau des Landes Baden-Württemberg. Die Vertriebenen hätten sich 1952 maßgeblich für die Entstehung des neuen Bundeslandes eingesetzt: "Ohne die Vertriebenen gäbe es den Südweststaat in dieser Form nicht", sagte der Ministerpräsident. Ohne Ansprüche zu stellen und mit großem Fleiß hätten sie am Aufbau mitgewirkt und die Heimat in ihrer jetzigen Form geschaffen. Der Oberbürgermeister einer badischen Stadt hätte sich seinerzeit sogar schriftlich darüber beklagt, dass seiner Stadt zu wenig Vertriebene zugeteilt worden wären. Oettinger betonte die Bedeutung des "Zentrums gegen Vertreibungen", das nur in Berlin stehen könne. Wer zu Europa gehören wolle, müsse sich mit dem Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen aussöhnen. Die Landesregierung von Baden-Württemberg werde ihrer Pflicht zur Förderung des kulturellen Erbes der Heimatvertriebenen weiterhin nachkommen und beispielsweise die kulturelle Breitenarbeit und Jugendarbeit ideell und materiell unterstützen.

Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech, zugleich auch Landesbeauftragter für Heimatvertriebene, Flüchtlinge und Spätaussiedler, beglückwünschte den Bund der Vertriebenen für seine effiziente Arbeit und drückte seine Freude aus, dass das Thema Vertreibung und Schicksal der Heimatvertriebenen heute in der bundesdeutschen Öffentlichkeit anders wahrgenommen werde und einen anderen Stellenwert habe als noch vor einigen Jahren. Im Bereich der Arbeit mit jugendlichen Spätaussiedlern bleibe aber noch einiges zu tun, damit deren Integration gefördert und beschleunigt wird.

Arnold Tölg, Landesvorsitzender des Bundes der Vertriebenen, stellte abschließend einige wichtige Wünsche an eine neue Landesregierung vor: den Erhalt der Förderung und die Umarbeitung der Ausstellung im Haus der Geschichte Baden-Württembergs, wo das Thema Heimatvertriebene unter dem Titel "Zuwanderung" unzureichend behandelt werde.

In der anschließenden Diskussion drückte Alfred Mrass, Vorsitzender der Landesgruppe Baden-Württemberg der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen, den Wunsch aus, dass der Erhalt der Förderung der Kulturtätigkeit sich auch auf das Siebenbürgische Museum in Gundelsheim beziehe. Mrass machte ferner einen Vorschlag zur Verbesserung der Förderinhalte bei der kulturellen Breitenarbeit.

Innenminister Heribert Rech besuchte die Stände der verschiedenen Landsmannschaften, darunter jenen der Siebenbürger Sachsen. Christa Andree, Brigitte Mrass und Gerhild Reip hatten auf mehreren Tischen Bücher, Stickereien, Krüge, Trachtenpuppen und Trachtenteile sowie Infomaterial über Landsmannschaft, Hilfskomitee, Honterus-Verein und Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde ausgestellt. Daneben boten Friedrich-Christian Andree (Heilbronn) sowie Wilhelm Reip, Agneta Teutschlender, Katharina Schuster und Johann Breckner von der Kreisgruppe Stuttgart dem Minister siebenbürgische Spezialitäten wie Hanklich, Baumstriezel, Fettbrot mit Griebenschmalz und echten siebenbürgischen Schnaps zum Probieren an. Bilder von Kirchenburgen und vom Heimattag in Dinkelsbühl wurden von Michael Konnerth auf eine Leinwand projektiert. Seitens der Siebenbürger Sachsen gestaltete die Jugendtanzgruppe Stuttgart, unter der Leitung von Rainer Lehni und Sunnhild Mai, das Kulturprogramm mit siebenbürgischen und binnendeutschen Volkstänzen. Der Original Karpaten-Express der Siebenbürger Blasmusik Stuttgart, dirigiert von Hans-Otto Mantsch, hatte zum Auftakt die vielen Zuschauer im Foyer des Landtages mit seinen Darbietungen erfreut.

Alfred Mrass

Schlagwörter: Vertriebene und Aussiedler, Politik

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