24. November 2007

Dr. Günther Tontsch: "Die Zukunft liegt in unser aller Hand"

Eine bewegende Ansprache hielt Dr. Günther H. Tontsch, Vorsitzender des Beirates der Stiftung Siebenbürgische Bibliothek auf dem Verbandstag des „Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland e.V.“ am 4. November 2007 in Bad Kissingen (diese Zeitung berichtete). Die Rede wird im Folgenden im Wortlaut dokumentiert, ist sie doch das geistige Vermächtnis eines bedeutenden Siebenbürger Sachsen, der unerwartet in der Nacht auf den 21. November 2007 in Hamburg einer schweren Krankheit erlag. Der Nachruf auf ihn wird in der Folge 20/2007 der Siebenbürgischen Zeitung erscheinen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Kultureinrichtungen in Gundelsheim auf eine stabile finanzielle Grundlage zu stellen ist ein Anliegen, das uns alle betrifft und das wir seit langem verfolgen. Für viele von Ihnen ist dies sicherlich kein Geheimnis: Das kranke Kind in Gundelsheim ist zur Zeit die Bibliothek mit Archiv und das Siebenbürgen-Institut. Aufgrund reduzierter staatlicher Förderung sind wir nicht mehr in der Lage, eine ausreichende finanzielle Dotation für die notwendigen Mitarbeiter und Sachkosten zu gewährleisten. Da dies nicht seit gestern erst der Fall ist, haben wir schon vor vielen Jahre mit dem Aufbau einer Stiftung begonnen, die die Situation auffangen und die Forschungs- und Dokumentationsarbeit auch in Zukunft sichern soll.

Dr. Günther Tontsch während seiner Ansprache vor ...
Dr. Günther Tontsch während seiner Ansprache vor dem Verbandstag in Bad Kissingen. Foto: Siegbert Bruss
Ein solcher Aufbau ist jedoch relativ schwierig zu bewältigen, das dauert seine Zeit und es ging bislang auch nicht so vorwärts, wie wir uns das gerne wünschen würden. Deshalb haben wir die ganze Zeit über, seit die institutionellen Förderungen der öffentlichen Hand teilweise weggefallen sind, versucht, über Spendenaufkommen gegenzusteuern, so gut es eben ging - aber eben nicht gut genug. Drei Jahre konnten wir auf diese Weise schon einmal überbrücken – an der Unterstützung der Landsmannschaft hat es da auch nicht gefehlt.

Von einem Durchbruch mit Blick auf die langfristige Sicherung unserer Forschungs- und Dokumentationseinrichtungen können wir noch nicht sprechen. Um dies zu erreichen, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung, eines Feuerwehreinsatzes, damit es keinen Zusammenbruch gibt und sobald als möglich wieder mit Perspektive gearbeitet werden kann. Die Möglichkeit des Zusammenbruchs ist keine Erfindung, sondern eine reale Gefahr, weil wir nicht in der Lage sind, eine volle Wissenschaftlerstelle zu finanzieren, die die Sorge für dieses Institut trägt. Im Normalfall bedürfte es zwei bis drei solcher Stellen, und zwar so dotiert, so ausgestattet, dass wir unsere Mitarbeiter nach ihrer Qualität bezahlen können und nicht weiter angewiesen sind darauf, dass die bereit sind für einen halben Lohn die doppelte Arbeit zu leisten. Derzeit müssen wir mit dem Problem leben, dass uns ausgezeichnete Fachkräfte verlassen müssen, um andernorts die Gewähr des familiären Einkommens zu erreichen. Die einzige wirkliche Lösung für diese Situation ist die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek. Der Vorsitzende der Stiftung, Herr Hatto Scheiner, ist anwesend, ebenso das Vorstandsmitglied Herr Georg Hietsch, die beide für weitere Erläuterungen in den Pausen angesprochen werden können.

Die Stiftung hat den Vorteil, dass sie uns überleben wird. Da sie zweckgebunden ist, wird sie das Bestehen von Siebenbürgischer Bibliothek und Siebenbürgen-Institut auch dann gewähren können, wenn es keine Siebenbürger mehr geben sollte. Nichtsiebenbürger werden dann dort siebenbürgische Forschung weiterführen.

Ein dringlicher Appell zur Rettung der Siebenbürgischen Bibliothek

Die derzeitige Situation ist ein Dringlichkeitsfall. Es liegt mir sehr am Herzen, dass wir uns hier irgendwie zu einer Kraftanstrengung zusammenfinden, um diese Engpässe jetzt zu überwinden. Auch der Bundesvorstand hat eingehend darüber beraten und verschiedene Modelle diskutiert. Auch die Aufforderung an die Landes- und Kreisgruppen pro Mitglied jährlich 1 Euro in einen Sonderfonds für Bibliothek und Institut abzuführen, ist eine sehr gute Initiative. Wesentlich ist, dass Folgendes in unser Bewusstsein eindringt: Bibliothek und Institut sind unsere Einrichtungen, wir sind es, die sie unterstützen können und müssen. Bringen Sie, verehrte Delegierte, diese Botschaft als Multiplikatoren unter unsere Landsleute! Wir können das realisieren, indem Sie das tun, und wir können das realisieren, indem die Medien des Verbandes der Siebenbürger Sachsen das auch transportieren. Aus diesen Gründen würde ich davon absehen, es in einen formellen Antrag hier auf dem Verbandstag zu fassen. Vielmehr ist es ein Appell, ein dringender Appell an die Landesgruppen und vor allem an die Kreisgruppen, je nach ihren Möglichkeiten zeitnah durch finanzielle Zuwendungen mitzuhelfen. Diese Zuwendungen, die sehr dringlich sind, können geleistet werden an die Stiftung Siebenbürgische Bibliothek, sie können geleistet werden als finanzielle Zuwendungen an den Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrat, und sie können auch geleistet werden an den Landeskundeverein, was mir auch ein großes Anliegen wäre.
Bundesfrauenreferentin Enni Janesch überreicht ...
Bundesfrauenreferentin Enni Janesch überreicht Dr. Günther Tontsch die Spende des Verbandstages an die Siebenbürgische Bibliothek in Gundelsheim. Foto: Siegbert Bruss
Von der Höhe des Kapitals, das wir in der Stiftung zusammenbringen können, hängt es ab in welchem Maße sie für unsere Einrichtungen in Gundelsheim eine Bestandsgarantie sein kann, daher ist die Stiftung so wichtig für uns. Ich möchte nicht unken, aber ich schätze, in fünf Jahren stehen wir mit dem Museum dort, wo wir jetzt mit der Bibliothek und dem Institut stehen. Und dann, so wünsche ich es von Herzen, wird die Stiftung da sein, sie wird es hoffentlich auffangen können und die örtliche Zusammenexistenz in Gundelsheim wird weitergeführt werden können. Es ist dies eine Sache unserer Zukunft, eine Schicksalsfrage für unser reiches kulturelles Erbe, auf das wir mit Recht stolz sind, aber wir müssen uns wirklich darauf konzentrieren. Ich bitte Sie also, vielleicht auch die Schriftführer, dass Sie diesen Appell ins Protokoll aufnehmen, und dass Sie vielleicht dem auch inhaltlich zustimmen und in Ihren Kreisgruppen und Landesgruppen für die Wichtigkeit dieser finanziellen Anstrengung werben. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Dr. Günther Tontsch

Schlagwörter: Verbandstag, Siebenbürgische Bibliothek, Gundelsheim

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