10. November 2010

Beitragserhebung bei Lebensversicherungen eingeschränkt

Das Bundesverfassungsgericht hat die Beitragserhebung der Krankenkassen auf selbst finanzierte Anteile von Kapitallebensversicherungen verboten (Beschluss vom 28.09.2010 – 1 BvR 1660/08). Bereits erlassene Beitragsbescheide können auf Antrag abgeändert werden.
Seit 2004 werden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auch auf ausgezahlte Kapitallebensversicherungen erhoben, die der Arbeitgeber für seine Beschäftigten abgeschlossen hat. Bei einem Wechsel des Arbeitgebers wurden diese Versicherungen oft von den Beschäftigten privat fortgeführt. Das Bundesverfassungsgericht hat kürzlich entschieden, dass es verfassungswidrig ist, wenn auf den privat finanzierten Anteil der Lebensversicherung Beiträge erhoben werden. Eine entsprechende Entscheidung des Bundessozialgerichts wurde aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen.

Vorteile bringt diese Entscheidung für diejenigen, die eine ursprünglich vom Arbeitgeber abgeschlossene Kapitallebensversicherung (oft Direktversicherung) übertragen bekommen und selbst als Versicherungsnehmer fortgeführt haben. Nach bisheriger Praxis der Krankenkassen wurde auf den vollen Kapitalbetrag der Krankenkassenbeitrag erhoben und auf zehn Jahre verteilt. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darf der Krankenkassenbeitrag aber nur auf den Teil erhoben werden, der durch die Zahlungen des Arbeitgebers angespart wurde. Der andere, selbst finanzierte Anteil soll beitragsfrei bleiben.

Keinen Vorteil bringt diese Entscheidung dagegen Arbeitnehmern, die ihre Versicherung nach dem Arbeitgeberwechsel zwar auch selbst finanziert haben, der alte Arbeitgeber aber weiterhin Versicherungsnehmer geblieben ist. Hier hat das Bundesverfassungsgericht die Beitragslast bestätigt.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat eine Versicherung vom Arbeitgeber übernommen und privat weiter gezahlt. Bei Fälligkeit werden 50000 Euro ausgezahlt. Die Versicherungsgesellschaft teilt mit, dass je 25000 Euro vom Arbeitgeber und vom Arbeitnehmer selbst finanziert wurden. Bisher hätte der Rentner auf den Kapitalbetrag Beiträge in Höhe von rund 8200 Euro, verteilt auf die nächsten zehn Jahre, zahlen müssen. Pro Monat wäre daher mit einem Mehrbeitrag zur Krankenkasse von rund 68 Euro zu rechnen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird der Beitrag voraussichtlich nur noch auf 25000 Euro erhoben. Die Beitragslast würde sich also in diesem Beispiel auf 34 Euro pro Monat oder insgesamt auf 4100 Euro halbieren.

Wer in diesen Fällen einen Beitragsbescheid von den Krankenkassen erhält, sollte zur Fristwahrung Widerspruch erheben und den Bescheid prüfen lassen. Zur Prüfung sollte unbedingt eine Bescheinigung der Versicherungs- gesellschaft vorgelegt werden, aus der ersichtlich ist, in welchem Maße der Kapitalbetrag selbst finanziert wurde. Da das Bundesverfassungsgericht nicht die Rechtsnorm, sondern nur deren Anwendung in der Praxis als verfassungswidrig gerügt hat, kann für bereits erhobene Beiträge rückwirkend eine Korrektur beantragt werden. Dadurch könnten bisher zu Unrecht erhobene Beiträge, maximal für die vergangenen vier Kalenderjahre, zurück gefordert werden. Wer den Antrag also noch bis zum 31. Dezember 2010 bei seiner Krankenkasse stellt, könnte Beiträge rückwirkend bis zum 1. Januar 2006 erstattet bekommen. Wird der Antrag erst im nächsten Jahr gestellt, werden Beiträge nur bis zum 1. Januar 2007 rückwirkend erstattet.

Rb Norbert Schädlich-Loos, RA Fabritius & Kollegen, München

Schlagwörter: Rechtsfragen, Versicherung, Krankenkasse

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