22. November 2011

Zum Tod von Thomas Nägler

Am 4. November 2011 ist Professor Dr. Thomas Nägler einem Herzinfarkt erlegen. Er hat sich als Archäologe, Historiker und als Politiker für die Siebenbürger Sachsen und für die Siebenbürgen-Forschung verdient gemacht, worauf anlässlich seines 70. Geburtstags auch in dieser Zeitung (Folge 2 vom 31. Januar 2009, Seite 2) ausführlich hingewiesen worden ist.
Der am 30. Januar 1939 in Stolzenburg geborene Bauernsohn besuchte die Grundschule in seiner Heimatgemeinde, danach das Pädagogische Lyzeum und nach dessen Auflösung die Brukenthalschule in Hermannstadt. Danach studierte er Geschichte an der Babeș-Bolyai-Universität in Klausenburg (1957-1962) und ging bei so bedeutenden Archäologen wie Constantin Daicoviciu und Kurt Horedt in die Lehre.

Nach dem Studium wurde Nägler zuerst Mitarbeiter des Brukenthalmuseums (1962-1969), wo er als Archäologe und Betreuer der Mittelalter-Abteilung des Geschichtsmuseums wirkte, dann wissenschaftlicher Mitarbeiter des Hermannstädter Forschungsinstituts der Rumänischen Akademie. Nach der Wende von 1989/1990 wurde er dessen Direktor sowie Hauptschriftleiter der „Forschungen zur Volks- und Landeskunde“ (1990-1994). 1993 wurde er zum Professor an der Lucian-Blaga-Universität ernannt, wo er bis vor einem Jahr Vorlesungen hielt und Doktoranden betreute. Diese Universität verlieh ihm 2005 auch die Ehrendoktorwürde.
Thomas Nägler (links) im Gespräch mit dem ...
Thomas Nägler (links) im Gespräch mit dem damaligen Chefredakteur der Siebenbürgischen Zeitung Hannes Schuster auf dem Heimattag in Dinkelsbühl 1990. In der Mitte Doina Nägler, die Frau des Historikers. Foto: Konrad Klein
Nägler promovierte 1974 bei Professor Fran­cisc Pall mit einer Dissertation über die „Ansiedlung der Siebenbürger Sachsen“. Das gleich­namige Buch wurde sein wissenschaftliches Haupt­werk und erlebte zwei deutsche und zwei rumänische Auflagen. Weitere Bücher schrieb er über das Zusammenleben von Deutschen und Rumänen in Siebenbürgen und schloss vor drei Jahren eine Ortsmonographie von Birthälm ab. Von großer Bedeutung waren und sind die Ergebnisse der archäologischen Grabungen, die der Mittelalterspezialist vor allem auf sächsischem Siedlungsgebiet durchgeführt hat, unter anderem bei Kleinscheuern und im Zisterzienserkloster Kerz.

Er organisierte 1991 die Ausstellung „800 Jahre Kirche der Deutschen in Siebenbürgen“ und gab den dazugehörigen Katalog heraus. Es war die erste große Selbstdarstellung der Siebenbürger Sachsen nach der Wende.

Thomas Nägler war noch im Dezember 1989 Mitbegründer des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien und amtierte zwischen 1990 und 1992 als dessen Landesvorsitzender. Als solcher setzte er sich sowohl in Rumänien als auch in Deutschland für die Belange seiner Landsleute ein, half wo es nur ging und warb Hilfen ein. Für sein politisches Wirken wurde er 2003 mit der Stephan-Ludwig-Roth-Medaille des Verbandes der Siebenbürger Sachsen und 2006 mit der Johannes-Honterus-Medaille des Siebenbürgen-Forums ausgezeichnet.

Thomas Nägler hat nicht nur als Wissenschaftler, sondern auch als Politiker für sein Volk gewirkt, ihm historisch begründetes Selbstvertrauen vermittelt und wesentlich zum Wiedererstarken einer Gruppe beigetragen, der man nach der politischen Wende in Rumänien und dem Massenexodus der Rumäniendeutschen keine Zukunft mehr zugetraut hat, die aber heute das wirtschaftliche, gesellschaftliche, politische und kulturelle Leben Rumäniens mit prägt, zum Wohle des Landes.

Konrad Gündisch

Schlagwörter: Nachruf, Historiker

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  • 23.11.2011, 16:37 Uhr von Bir.Kle.: Die Siebenbürger Sachsen haben eine Persönlichkeit verloren Ich kannte Herrn Dr. Nägler leider ... [weiter]

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