26. November 2012

Lohnlistenauszüge als Nachweis geeignet

Mit einem am 14. November 2012 zugestellten Urteil hat das Sozialgericht München erneut die Verpflichtung der Rentenbehörden bestätigt, Lohnlisten aus Rumänien bei Fehlen von Widersprüchen als Nachweise anzuerkennen, so bescheinigte Zeiten mit ungekürzten Werten (also zu 6/6) bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen und dem Betroffenen die Rente ab Rentenbeginn in zutreffender Höhe nachzuzahlen (Urteil S 30 R 384/12 vom 21. August 2012).
Die zunehmend restriktive Praxis der Rentenbehörden bei Anrechnung der Rentenanwartschaften aus dem Herkunftsgebiet führt vermehrt zu Prüfungs- und Korrekturbedarf. So wurden in den letzten Monaten häufiger Fälle verzeichnet, in denen sowohl die Qualifikationsgruppen für Tätigkeiten in Rumänien als auch die Nachweise für dort zurückgelegte Zeiten unzureichend berücksichtigt und so zu geringe Rentenhöhen ausgewiesen wurden. Diese Zuordnungskriterien für die Zeiten in Rumänien bei der Berechnung der deutschen Rente sind auch nach dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union wichtige Kriterien, weil davon die in Deutschland gezahlte Rente wesentlich abhängt.

Die schon vor Jahren mit Hilfe des Verbandes der Siebenbürger Sachsen in Deutschland herbeigeführte grundsätzliche Klärung der Geeignetheit von Lohnlistenauszügen als Nachweis für eine Vollbewertung der Zeiten (so Musterverfahren L 19 RJ 163/1999 vom 12. Juli 2000) scheint bei Rentenbehörden zunehmend in Vergessenheit zu geraten. Daher ist bei der Durchführung von Rentenverfahren und besonders nach Zugang von Rentenbescheiden genau darauf zu achten, dass die richtigen Unterlagen vorgelegt und dass diese auch richtig anerkannt werden. Rentenbehörden lehnen das oft mit fehlerhaften Begründungen ab: So soll der Nachweis nur dann erbracht sein, wenn „konkrete Arbeitstage“ bescheinigt werden. Diese Auffassung ist allerdings nur bei Tagelöhnern (lucrător zilier) zutreffend und bei allen anderen Personen, die eine Festanstellung mit Monatslohn hatten, eben ein falscher Ablehnungsgrund, der anzufechten ist.

Beweisen muss man nämlich laut Gesetz nur die durchgängige Beitragsentrichtung (ohne Unterbrechung durch Krankheit, Mutterschaftszeiten, unbezahlten Urlaub oder andere Fehlzeiten). Dazu führte das Sozialgericht nun erneut aus: „Der Beweis im Sinne des Monatsprinzipes lückenloser Beitragsleistung zum Rentenversicherungssystem eines nichtdeutschen Trägers (hier: der rumänischen Rentenversicherung – Anm. d. Red.) wird in erster Linie durch Urkunden, amtliche Auskünfte und Zeugenaussagen geführt.

Die von früheren Arbeitgebern ausgestellten Bescheinigungen und ebenfalls von Arbeitgebern vorgenommenen Eintragungen in den rumänischen Arbeitsbüchern sind zum vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen grundsätzlich geeignet. Enthalten die Beweismittel wie in der Regel die rumänischen Arbeitsbücher nur Angaben über Beginn und Ende der Beschäftigung, ohne erkennen zu lassen, ob und in welchem Umfang die Beitrags- und Beschäftigungszeiten durch Fehlzeiten unterbrochen wurden, sind sie nur als Mittel der Glaubhaftmachung geeignet.“ Nach genau diesen Kriterien sind aber Lohnlistenauszüge, die konkrete Angaben zu den möglichen Unterbrechungen der Beschäftigung ausweisen, als Nachweis einzustufen. Zu der dem Gericht vorgelegten Lohnlistenbescheinigung führte dieses dann aus, dass der erforderliche Nachweis durch diese Adeverință geführt sei: „Aus ihr ergibt sich, dass der Kläger in den streitigen Zeiträumen abgesehen von zehn Tagen seiner Abwesenheit in den Jahren ... (die in der Bescheinigung eingetragen waren – Anm. d. Red.) keine unbezahlten Urlaubstage und keine unbegründeten Fehlzeiten hatte (...).

Innerhalb eines vollen Kalendermonats bleibt für einen nach Monaten bezahlten Arbeitnehmer denkgesetzlich neben abschließend dokumentierten Fehlzeiten kein Raum für Unklarheiten, mit denen Zweifel an kontinuierlicher Beitrasgzahlung begründet werden könnten.” Die Rentenbehörde wurde verpflichtet, die Rente mit ungekürzten Werten zu berechnen und an den Betroffenen nachzuzahlen.

Es wird empfohlen, Rentenbescheide auf diese Punkte genau zu prüfen und bei Ablehnung dagegen Rechtsmittel einzulegen. Dafür gilt eine Frist von einem Monat nach Zugang des Rentenbescheides. Auch nach Ablauf dieser Frist kann eine rückwirkende Korrektur beantragt werden (§ 44 Sozialgesetzbuch SGB X). Wegen der Rückzahlungsvorschriften sollten in abgeschlossenen Fällen notwendige Anträge auf Neuberechnung noch vor Jahresende an die Behörde eingereicht werden, weil zum Jahresende alle Ansprüche verfallen, soweit diese länger als vier Kalenderjahre zurückliegen (bei Anträgen bis zum 31. Dezember 2012 werden demnach Rentennachzahlungen für Zeiten ab dem 1. Januar 2008 erbracht, bei Anträgen im Jahr 2013 nur noch ab 1. Januar 2009; § 44 Abs. 4 SGB X).

Schreiben der Rentenbehörden (und sogar einiger weniger gut informierten Sozialgerichte) mit Aufforderungen zur Beendigung von Verfahren mit einem Verzicht auf die volle Anrechnung sollte durch entsprechende Begründung entgegen getreten werden. Renten für im Herkunftsgebiet geleistete Beitrags- und Beschäftigungszeiten sind gemäß den geltenden Rentenprinzipien in Deutschland kein Almosen, sondern nach dem Generationenvertrag zustehende Leistungen, auf die man ein Recht hat. Dieses sollte man auch nutzen.

Dr. Bernd Fabritius, Rechtsanwalt, München

Schlagwörter: Rechtsfragen, Rente

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