1. April 2013

Der Gekreuzigte ist auferstanden

Christus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und vertritt uns. (Römer 8,34) In diesem Wort ist aufs Kürzeste Karfreitag und Ostern – das Kreuz und die Auferstehung Jesu ausgesagt, gewissermaßen in einem Satz. Dabei darf das Ende dieses Satzes nicht überlesen oder überhört werden, nämlich… „und vertritt uns.“ Damit sind wir Menschen gemeint, und zwar Alle, wie es in der Weihnachtsbotschaft so heißt… „Freude, die allem Volk widerfahren wird“. Unsertwegen geht Jesus ans Kreuz und für uns überwindet Gott der Herr in seiner Auferstehung die Ursache dessen, was den Menschen am Leben leiden macht. Dabei geht es nicht um Worte oder Dogmen. Es ist vielmehr das weltbewegende Geschehen.
Schon als Schüler in der Volksschule habe ich ergriffen die Leidensgeschichte dieses unschuldigen Mannes gelesen. Heute weiß ich und habe erkannt: auf Golgatha wird offenbar, wer und wie wir Menschen sind, wer Jesus ist und was er tut, und was wir Gott wert sind. Von der Gefangennahme Jesu bis in die Nachmittagsstunde des Karfreitags ist alles voller menschlicher Geschäftigkeit. Von Kapitel zu Kapitel, von Vers zu Vers steigert sich das entsetzliche Tun. Es beginnt mit dem Verrat eines Jüngers, und dann die Gefangennahme, Verleugnung, Beschuldigung, Verurteilung, Verhöhnung, Geißelung und zuletzt heißt es: „und sie kreuzigten ihn“. Und keiner geht aus diesem Geschehen unschuldig von dannen, auch die Jünger nicht, einer von ihnen verrät ihn, einer verleugnet ihn und alle fliehen.

Was wir in der Passion Jesu anschauen, lesen wir in unzähligen Bänden der Menschheitsgeschichte, sehen wir heutzutage in aller Welt, hören wir in dem leisen, falschen Zungenschlag bis hin zu den harten Anschuldigungen im Haus, in der Arbeit, der Politik und im Weltgeschehen unserer Tage. „Lass ihn kreuzigen“, hat nicht aufgehört. Immer noch wird der Andere, die Anderen beschuldigt. Auf Golgatha wird in verdichteter Weise die Leben zerstörende Sünde offenbar. Hier wird aber auch das Tun Jesu offenbar. Von ihm heißt es in dem Geschehen an ihm „und Jesus schwieg still“. Als er am Kreuz zum ersten Mal seinen Mund auftut, ist das keine Drohung, keine letzte Selbstverteidigung. Nein. Dieser vom Menschen Geschundene übernimmt die Verteidigung der Menschenschinder, größter, kleinster, härtester oder unscheinbarster Art. Und diese Verteidigungsrede vor dem allerhöchsten Weltenrichter heißt: „Vater vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“. Den Mitgekreuzigten, der sich seiner Schuld bewusst an Jesus wendet, den nimmt er mit in sein Reich: „Heute wirst du mit mir im Paradiese sein“. Hier, schon am Kreuz, wird deutlich, wie Gott in Christus den Menschen seine Versöhnung für alles Versagen und alle Schuld vor ihm, an den Menschen und an sich selbst in seinem Sohn auf sich nimmt. Dann aber heißt es „und er verschied“ und wurde ins gut versiegelte Grab gelegt. Die Evangelien lassen uns deutlich wissen, dass alle Hoffnungen der Jünger nach Kreuz und Tod ihres Meisters dahin waren. Sie sitzen ratlos hinter verschlossenen Türen. Nur die Frauen wagen sich bis ans Grab und sind zu Tode erschrocken, als das Grab leer ist und der Engel sie wissen lässt: „Ihr sucht den Gekreuzigten; er ist auferstanden…“. Das macht den Schreck noch größer. Als sie es den Aposteln sagen, halten diese ihre Nachricht für „Geschwätz und glaubten ihnen nicht“. Die wussten auch, genau wie wir, dass mit dem Tod menschlich alles am Ende ist.

Dann geschieht es, dass ihnen der Auferstandene Christus nacheinander erscheint und sie anspricht. Sie anspricht! Das ist das Entscheidende, für die weinende Maria am Grab, für die ratlosen und enttäuschten Jünger. Für den an sich irre gewordenen Petrus. Ihn spricht der Herr dreimal so an: „Simon Jona hast du mich lieb…? Dreimal! Er kann nur antworten: „Du weißt es…“. Und Petrus weiß auch, dass es um seine dreimalige Verleugnung geht. Und er hört keinen Tadel, keinen Vorwurf, nur, dass der Herr ihn wieder annimmt. „Weide meine Lämmer“! Petrus ist nicht unfehlbar und seine Nachfolger auf „dem Stuhl Petri“ gewiss auch nicht.

Aber in Christus hat Gott selbst die Vergebung eröffnet und die Versöhnung geschaffen zu einem neuen Leben, auch über den Tod hinaus, für Petrus und für mich und dich und die von der Sünde geplagte Menschheit. Das sind wir Gott wert. Dazu lädt uns der Auferstandene Christus auch heute noch mit seinem Wort ein. Das ist die große Freude,- die Osterfreude- die allem Volk widerfahren will.

Pfarrer I.R. M. Fabi


Der Artikel ist in der Beilage "Kirche und Heimat", Siebenbürgische Zeitung, Folge 5 vom 25. März 2013, Seite 9, herausgegeben von der Gemeinschaft Evangelischer Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Diakonischen Werk der EKD, erschienen.

Schlagwörter: Kirche und Heimat, Ostern

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