23. August 2013

Trekkingtour im Karakorum

Um eine der schönsten Bergkulissen der Welt mit mehreren 6000 bis 8000 m hohen Gipfel zu erleben, die islamische Religion sowie die Kultur und das Leben der Menschen in Pakistan kennenzulernen, nahmen Dagmar Götz und Reinhold Kraus an einer der schwersten Trekkingtouren der Welt im Karakorum – Baltistan teil und bestiegen den Pastore Peak, einen 6200 m hohen Gipfel. Die Ermordung von neun Bergsteigern durch eine Talibangruppe überschattete die Tour.
In Islamabad, der Hauptstadt Pakistans, begegneten wir den zwei weiteren Teilnehmern unserer Gruppe, die unserer Einladung folgten, Judy und Brad Corr, ein amerikanisches Pärchen aus Kalifornien. Gemeinsam besuchten wir die wenigen Sehenswürdigkeiten der 53 Jahre jungen Stadt. Beeindruckt hat uns die Faisal Moschee, die größte Pakistans, mit ihrem lichtdurchfluteten großen Gebetssaal, Mosaikwänden und den gesungenen Koranversen. Von den Margalla Bergen, die mit dem Auto erreichbar sind, hat man eine wunderbare Aussicht auf Islamabad. Da Feiertag war, begegneten wir hier vielen Einheimischen in ihren landesspezifischen Kleidungen: die Männer mit weiten Hosen und einem Hemd, das bis über die Knie reicht, und die Frauen mit ihren Burkas und Schals, die das Gesicht bedecken, und mit langen Röcken. Die sehr höflichen und zuvorkommenden Menschen baten uns oft, mit ihnen ein Foto zu machen, da Touristen sehr selten anzutreffen sind. Mit einem kleinen Bus fuhren wir in Richtung Ausgangsort der Trekkingtour auf dem Karakorum-Highway. Der Weg führt schlangenartig Richtung Norden entlang des Indusflusses. Am ersten Tag fuhren wir acht Stunden bis nach Chilas und am zweiten Tag 16 Stunden bis nach Skardu. An diesem Tag passierte das Attentat auf die neun Bergsteiger im Basislager vom Nanga Parbat (8010m), die von Taliban erschossen wurden. Das hatte zur Folge, dass unser Bus nur mit verstärkter Polizeipatrouille weiterfahren durfte. Für den Pakistanischen Tourismus ist es natürlich auch ein herber Rückschlag. Skardu liegt in einer grünen Baum-Oase am Rande eines riesigen Talbodens, der aus den Wassermassen der Gletscher und dem mitgespülten Sand besteht. Das Treiben auf der Hauptstraße erstaunte uns Touristen: Autos, Mopeds, Schiebewagen, Kühe, Menschen tummeln sich auf der Straße. Handwerker verrichten ihre Arbeit auf der Straße. Verkäufer mit allen erdenklichen Produkten ergänzen das Chaos.
Dagmar Götz und Reinhold Kraus (3. von rechts) ...
Dagmar Götz und Reinhold Kraus (3. von rechts) mit einem Teil ihrer Mannschaft auf dem Concordiaplatz, im Hintergrund der K2 (8611 m) und rechts der Broad Peak (8047 m).
Am nächsten Tag haben wir mit einem Toyota Land Cruiser sechs Stunden eine „Höllenfahrt“ entlang des Braldu Flusses erlebt, um das Dorf Alskole, unseren Ausganspunkt, zu erreichen. Die einspurige Schotter- und Steinstraße, ohne Leitplanken, führt an steilen Berghängen der Bralduschlucht entlang. Unter uns tobte fast immer der wilde Braldu. Ein Fehler des Fahrers wäre beinahe fatal gewesen. Teilweise mussten reißende Bäche oder riesige Steinhaufen, die der Regen auf die Straße gespült hatte, überquert werden. Vom urigen, sehr armen Dorf Alskole aus begann unsere Trekkingtour. Es folgten 13 Tage, Übernachtung im Zelt, jeden Tag woanders. Hier wurde die Mannschaft endgültig zusammengestellt: Bergführer Sharif (42), Koch Ali, drei Küchenhilfen und 32 Träger für unsere aus vier Personen bestehende Mannschaft. Wir schlossen sehr schnell Freundschaft miteinander und hatten sehr viel Spaß auf der Tour. Diese menschlichen Beziehungen waren eine wichtige Säule unseres Wohlbefindens. Die ersten beidenTage wanderten wir je acht Stunden auf dem verstaubten und sandigen Pfad entlang des rauschenden Gletscherflusses. Nach dem Lager Jhola und Paiju erreichten wir den Baltorogletscher. Mit seinen 63 km ist er der längste Gebirgsgletscher der Welt. Er ist fast ausschließlich mit Steinen und riesigen Felsbrocken bedeckt. Seine Dicke liegt zwischen 80 und 90 m. Viele zum Teil sehr große Gletscherbäche fließen zwischen den riesigen Gletscherspalten. Riesige weiße Eis­pyramiden ragen aus seiner Mitte heraus, die das Bild der tristen Steinwüste etwas aufhellen. Es folgten die Lager Khoborsey und Urdukas. Die zum Teil mit Müll übersäten Lager drückten etwas auf das Stimmungsbild. Eine Ganzkörperwäsche ist nur im Bach möglich. In Urdugans blühen hinter dem Camp Gebirgsblumen auf einer Wiese und wir fanden sogar ein Edelweiß sowie Ruhe. Es folgten die Lager Goro II und dann, nach sechs Tagen, endlich der Concordiaplatz, 4600 m, ein riesiges Gletscherarial, wo mehrere Gletscher zusammenfließen und den Baltorogletscher bilden. Als wir das Concordialager erreichten, war es bewölkt, es schneite leicht und es war später Nachmittag, somit war von den stolzen Bergen nicht viel zu sehen.

Am nächsten Morgen war die ganze Landschaft weiß gepudert vom frischen Schnee. Ein blauer Himmel bildete den Hintergrund für eines der schönsten Bergpanoramen der Welt. Der stolze K2 (8611 m), der Broad Peak (8047 m), Gasherbrum 4, Chogolisa und viele namenlose Berge zeigten sich in ihrer ganzen Schönheit. Zufriedenheit stellte sich nach all der Schinderei ein. An diesem Tag ging es weitere fünf Stunden in Richtung Basislager des Pastore Peak. Am Abend stiegen wir mit unserem Bergführer auf einer Moräne auf 5000 Höhenmeter, um den Weg zu erkunden. In der folgenden Nacht starteten wir um ein Uhr mit Stirnlampen auf den Helmen bei sternenklarem Himmel in Richtung Gipfel. Schon nach zwei Stunden wurde das Gelände bis zu 60 Grad steil. Der Schnee war gefroren, die Steigeisen griffen gut, dennoch war der Weg mühsam wegen der dünnen Luft. Hier war volle Konzentration nötig, einen Fehltritt konnte man sich dort nicht leisten. Im ­oberen Bereich behinderten eine große Gletscherspalte und Wächten, überhängende Schnee­bretter, den Aufstieg. 100 Höhenmeter vor dem Gipfel beschlossen wir stehen zu bleiben, weil die Sonne sehr warm schien und den Schnee aufweichte. Mit der pakistanischen und unserer Vereinsfahne machten wir Fotos und stiegen vorsichtig ab. Die Sonne beleuchtete nach und nach die vielen Gipfel, die nun auf Augenhöhe noch schöner erschienen. Unsere Träger empfingen uns am Fuße des Berges, um uns schon dort zu gratulieren. Wir hatten eine sehr freundschaftliche Beziehung mit unserer Mannschaft aufgebaut und die Erkenntnis gewonnen, dass uns trotz unterschiedlicher Religion, Sprache und Herkunft nicht viel von diesen Menschen unterscheidet. Mit ihrem Glauben sind sie sehr verbunden und folgen den vielen Verboten, die im Koran festgeschrieben sind. Die Einladung von unserem Trägerchef zu einem Tee und Essen in einem Bergdorf nahmen wir gerne an. Es wurde alles auf dem Boden serviert. Einheimische Frauen nehmen an solchen Begegnungen nicht teil. Normalerweise kann man durch die Überquerung des Gondogolapasses, 5 800 m, die Trekkingtour in weiteren zwei Tagen beenden. Doch dieser war vom Militär gesperrt. Somit mussten wir die 100 km auf dem gleichen Weg in vier Tagen zurückgehen. In dieser Form ist dieser Treck niemandem zu empfehlen. Mit dem Flugzeug ging es zurück nach Islamabad. Nach drei Tagen bei 40°C in Islamabad flogen wir zurück in die Heimat.

Wie so oft werden die schönen Erinnerungen und neu gewonnen Erkenntnisse in unserem Bewusstsein bleiben und die vielen schweren oder nicht so aufregenden Momente vergessen. „Man kann nicht nur die Rosinen aus dem Ku­chen picken.“ Einen umfangreichen Bericht finden Sie auf der Seite www.Sektion-Karpaten.de.

Dagmar Götz und Reinhold Kraus

Schlagwörter: Sektion Karpaten des DAV, Trekkingtour, Pakistan

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