24. August 2017

Beitrag zur Energiewende: Siebenbürger konzipiert Hydro-Zyklo-Kraftwerk

Christian Schiel wurde in Bușteni geboren und hatte das Glück, zwölfjährig im August 1944 über die rumänische Grenze nach Deutschland zu gelangen. Als jungem Ingenieur stand ihm in den fünfziger Jahren die ganze Welt offen. Als Leiter der Abteilung Neukonstruktion Papiermaschinen bei Voith konnte er die damalige stürmische Entwicklung der Papierindustrie zu mehr Effizienz und Einsparung von Rohstoffen und Energie mitgestalten. Ein Innovator hört auch als Rentner nicht auf, über ungelöste Probleme nachzudenken. Sein jüngstes Konzept, eine neue Methode zur Energiespeicherung, stellt Christian Schiel, der in Murnau lebt, im Folgenden erstmals öffentlich vor.
Weil fossile Energiequellen für Landwirtschaft, Verkehr und Raumheizung auf absehbare Zeit nur mangelhaft ersetzbar sind, ist es umso wichtiger, den CO2-Ausstoß bei der Stromerzeugung weitgehend zu eliminieren. Leider fällt Strom sowohl aus Photovoltaikanlagen als auch aus Windkraft saisonal und witterungsbedingt sehr unregelmäßig an. Ohne große Speicher müsste man große Kohlekraftwerke im Marsch-und Stopp-Betrieb vorhalten, um die Lücken zu füllen. Dies ist sehr teuer und bedeutet nur die halbe Energiewende bei der Stromerzeugung. Herkömmliche Pumpspeicherkraftwerke können wegen zu kleiner Speicherbecken nur kurzzeitige Bedarfsspitzen ausgleichen. Trotzdem sollten wir unsere Bedenken gegen Pumpspeicherneubauten auf ein Mindestmaß zurücknehmen. Unsere Enkel werden es uns danken. Pumpspeicherkraftwerke sind dort, wo die Topographie günstig ist, bei weitem die billigste Speichermethode. Die Kosten liegen (teilweise erheblich) unter 100 Euro je Kilowattstunde (kWh) und die Lebensdauer ist fast beliebig. Blei-Säure-Akkumulatoren sind fast gleich billig, müssen aber alle fünf Jahre ausgetauscht werden. Somit ist die Speicherung in diesen, auf 100 Jahre gerechnet, mehr als zwanzig Mal so teuer. Lithium-Ionen-Akkus kosten 500 Euro pro kWh und leben zehn Jahre. Sie sind also teurer als Blei-Säure-Akkus. Wasserstoff-Elektrolyse und Wiederverstromung kommt auf über 1 000 Euro je 1 kWh Speicherkapazität. Ihre Lebensdauer ist noch unbekannt. Leider lassen sich Pumpspeicherkraftwerke aus Mangel an geeigneter Topographie nicht beliebig vermehren. In diese Lücke passt das Hydro-Zyklo-Kraftwerk mit etwa 300 Euro pro kWh Speichervermögen und einer Lebensdauer von über 100 Jahren.

Die Funktionsweise des Hydro-Zyklo-Kraftwerks

Das Hydro-Zyklo-Kraftwerk besitzt statt zwei Stauseen als Ober- und Unterwasser nur einen in sich geschlossenen Wasserkreislauf. In offenen Gerinnen, geschlossenen Kanälen oder Rohren zirkuliert das Speicherwasser mit hoher Geschwindigkeit. Die Speicherung erfolgt als kinetische Energie im Wasserstrom. Die speicherbare Energie nimmt mit dem Quadrat der Strömungsgeschwindigkeit zu.

Wählt man genügend große Querschnitte, z.B. 100 qm, dann ist der Strömungswiderstand auch bei hoher Geschwindigkeit vernachlässigbar klein. Die Kanalwände müssen glatt und dürfen nicht wellig sein. Die Kanäle lassen sich in ­Paketen nebeneinander und übereinander zusammenfalten. Rechteckige Querschnitte sind in dieser Bauweise besonders geeignet. Die Umlenkung erfolgt am Übergang einer Kanalsektion in die nächste über gitterförmig angeordnete Umlenkschaufeln um einmal 90° oder zweimal 90° = 180°. In jeden Wasserkreislauf ist mindestens eine Rohrturbine eingebaut, die der Strömung zur Stromerzeugung kinetische Energie entnimmt. Durch Drehmomentumkehr arbeitet die Turbine als Pumpe und verwandelt überschüssigen Strom in kinetische Strömungsenergie. Jede Pumpturbine ist in einen Schacht eingebaut und kann aus einer unteren Betriebsstellung in eine obere Wartungsstellung angehoben werden. Die Kreislaufströmung wird dann durch einen Ersatzkanalabschnitt geleitet.

Der große Vorteil gegenüber Pumpspeicherkraftwerken ist, dass kein geodetisches Gefälle erforderlich ist. Der Speicher lässt sich direkt in die Windfarm im Meer integrieren. Er lässt sich auch als Deich oder Mole in Küstenbauwerke einfügen. Sein Oberdeck kann wirtschaftlich genutzt werden. Richtet man die Längsachse der Kanäle unter einem Winkel von vorzugsweise 45° zum Meridian geneigt aus, wird der Kreislauf zusätzlich durch Corioliskraft angetrieben. Diese wird von der Rotationsenergie der Erde abgezweigt. Die Corioliskraft ist größer als die Wandreibung. Das System ist auch bei Langzeitspeicherung mindestens verlustfrei. Zur Vermeidung von Druckstößen im System sind Entlastungsklappen oder Überläufe eingebaut. Die Wassergeschwindigkeit in den Kanälen beträgt 15 bis 20 m/sec oder mehr. Die Speicherkapazität nimmt mit dem Quadrat der Geschwindigkeit zu und beträgt bei 20 m/sec 56 Millionen kWh pro km3. Etwa die Hälfte davon ist als Regelenergie nutzbar. Mit einer Pumpturbinenleistung von einer Million kW kann damit etwa 20 Stunden lang Volllast gefahren werden. Allerdings muss diese riesige Energiemenge aus Überschüssen von erneuerbaren Quellen vorher eingespeist werden. Mit dem Hydro-Zyklo-Kraftwerk erschließt sich erstmals die Möglichkeit, beliebig große Mengen an Überschussenergie aus Wind und Sonnenlicht vorübergehend zu speichern und in Flautezeiten wieder abzurufen. Mit dieser neuen Speichertechnik wird die Energiewende gelingen. Ohne sie nicht.

Christian Schiel

Schlagwörter: Energie, Wissenschaft, Technik, Innovation

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