17. November 2022

Radeln für einen guten Zweck

Das Ziel der zweiten Etappe der Benefiztour „Von der Quelle der Donau bis zur Mündung“ haben am 3. September zwanzig begeisterte Radler wohlbehalten und glücklich erreicht. Sie radelten nicht nur 924 km bis Belgrad, sondern spendeten auch insgesamt 5495 Euro für die Kirchenburg Holzmengen (über die erste Radtour berichteten wir in der Siebenbürgischen Zeitung Online vom 22. November 2021).
Die Radler erreichen den Gutshof Plauter ...
Die Radler erreichen den Gutshof Plauter (Slowakei). Foto: Arnhild Kerker
Robert Kerker, unterstützt von Ehefrau Arnhild, hatte Ende 2021 mit der Planung der Radtour von Wien nach Belgrad begonnen. In vielen Stunden gliederten sie die Gesamtstrecke in Tagesetappen von etwa 75 Kilometern. Ende Juli 2022 erhielt jeder Teilnehmer die notwendigen Infos, um sich mental auf das bevorstehende Abenteuer einzustellen.

Mit einem funkelnagelneuen Bio-Bike bestens ausgestattet, machte ich wieder mit. Am 20. August trudelte die Mannschaft in Wien am Julius-Raab-Platz ein. Große Wiedersehensfreude. Bis auf drei Neue hatten sich erfreulicherweise dieselben Leute angemeldet. Alle wollten für die Kirchenburg in Holzmengen kräftig spenden. Startbereit reihten sich acht E- und zwölf Bio-Biker in den Radweg zur Donauinsel ein. Über die Praterbrücke radelten wir die Große Praterallee im Schatten der mächtigen Kastanienbäume entlang. Das erste Picknick mit Biertischen und Bänken erlebten wir im Park des Schlosses Eckartsau. Im 27 ha großen Naturpark verschmilzt die Weite des Marschfelds mit der Wildnis der Auwälder. Kaiser Karl und Kaiserin Zita verbrachten hier nach der Abdankung 1918 ein paar Tage vor der Abreise ins Exil. Auf Dammwegen durch abwechslungsreiche Auenlandschaften näherten wir uns der slowakischen Grenze. In Hainburg und Wolfsthal wurde Geschichte geschrieben. Nach einem Türkeneinfall 1683 gehörte der Großvater von Joseph Haydn zu den 100 überlebenden Hainburgern. Festungen und Gedenkstätten entlang der Route erinnerten immer wieder an den erbitterten Kampf des Abendlands gegen die türkische Herrschaft. Am verwaisten Grenz- und Zollamt in Wolfsthal vorbei, radelten wir über die Novy Most-Brücke in Pressburg (Bratislava) ein. Am darauffolgenden Vormittag fuhren wir durch die engen Gassen der Festung zum Marktplatz, den ein Pestbrunnen ziert. Von dort erkundeten wir das Zentrum auf eigene Faust. Bis Vacs radelten wir auf dem Donaudamm am slowakischen Ufer durch eine abgeschiedene, wunderschöne Naturlandschaft. Der leichte Rückenwind beflügelte uns an diesen Tagen zu einer Höchstleistung von bis zu 24 km/h.

Auf der Festung in Esztergom besichtigten wir die dem Heiligen Stephan geweihte Mutterkirche der Ungarn. Von hier offenbarte sich dem Blick eine Besonderheit des Stroms: In einem Winkel von 90 Grad ändert er seine Richtung. Die schweißtreibende, fast unerträgliche Hitze forderte viel Flüssigkeit. Schwitzen wurde zum Dauerzustand. Trinken, trinken, trinken.

In Verőce, am Badestrand in Ráckeve, am Szabad-Strand in Harta und in Baja tauchten wir in das erfrischende Nass der Donau ein. Am 5. Tag erreichten wir Budapest. Von der Margareteninsel starteten wir in zwei Gruppen zu einer Radl-Sightseeing-Tour durch Pest. Wir bewiesen starke Nerven, als wir im dichten Verkehr radelnd auf Ampeln, Fußgänger, Autos achten und die Gruppe im Auge behalten mussten. Die Schifffahrt am Abend stellte den Höhepunkt unseres Aufenthalts dar. Bei einem Glas Champagner bewunderten wir die angestrahlten Sehenswürdigkeiten: das Parlamentsgebäude, die Fischerbastei, die Matthias-Kirche, die Kettenbrücke. Die anhaltende Trockenheit zeigte sich sehr deutlich in der Puszta: braune Sonnenblumen-, gelbe Mais- oder abgeerntete, staubige Felder. Die erbarmungslose Sonne trocknete den Mund aus, doch wir waren froh, dass uns kein Nass von oben berieselte. Der Himmel öffnete seine Schleusen in Vel‘ký Meder und in Bucz, nachdem wir in der Unterkunft angekommen waren.

Am 29. August hielten wir an der historischen Gedenkstätte bei Mohács. Auf den Tag genau stand 1526 der ungarische König Ludwig II. einer türkischen Übermacht gegenüber und verlor die entscheidende Schlacht. Nach der Grenzstadt Udvar radelten wir in der „Kornkammer“ Kroatien über verkehrsreiche Land- und Bundesstraßen durch Dörfer und Städte. Dem Verfall preisgegebene Häuser und Einschusslöcher an Gebäuden sind stumme Zeugen des Balkankriegs. Spuren der Zerstörung entdeckten wir auch in Osijek an der Drau, dem kulturellen und wirtschaftlichen Zentrum Ostslawoniens. Als Mahnmal eines sinnlosen Kriegs wurde der zerschossene Wasserturm in Vukovar zu einer touristischen Attraktion umfunktioniert. Die einzigen Steigungen zwischen Zmajevac und Ilok unterwegs nach Bačka Palanka/Serbien bedeuteten eine neue Herausforderung. Manche mussten ihr Radl schieben. Novi Sad, einst als „Athen Serbiens“ bekannt, erlitt 1999 während der NATO-Angriffe die gewaltigsten Zerstörungen in Kriegszeiten. Prinz Eugen von Savoyen besiegte hier 1716 das türkische Heer. Für den letzten Tag bescherte uns das Wetter eine unangenehme Überraschung. Trommelnder Regen riss mich in Sremski Karlovci aus dem Schlaf. Warten oder losradeln? In Regenschutzkleidung legten wir in zwei Gruppen los. Von Abgasen und Lärm betäubt, erreichten wir Zemun. Ein Katzensprung noch bis Belgrad. Aufatmen. Trocken geblieben. Insgesamt 924 km geschafft! Bei Nieselregen erlebten wir eine Stadtbesichtigung im Reisebus. Den historischen Kern bildet die Belgrader Festung. Dorthin spazierten einige am Samstag bei strahlendem Sonnenschein. Sie wurden mit einer märchenhaften Aussicht belohnt.

Ich freue mich auf ein Wiedersehen mit dieser großartigen Truppe 2023 in Belgrad zum Start der dritten Etappe.

Karin Scheiner

Schlagwörter: Radtour, Donau, Benefizveranstaltung, Holzmengen

Bewerten:

14 Bewertungen: +

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.