3. Oktober 2008

25-jähriges Treffen der Honterus­schule

Über das erste Wochenende im September war, schon beginnend mit Freitag, dem 5. Sep­tember, in dem sehenswerten Schwarzwald­städt­chen Calw einiges los. Es war nämlich von Sie­benbürgern besetzt worden. Aber nicht so, wie einst Napoleon ganze Landstriche besetzte, mit Waffen und Soldaten, sondern friedlich.
Trotz­dem besetzt: In ganz Calw gab es kein freies Hotelzimmer mehr, und auf den Straßen traf man alle paar Meter auf Gruppen der Ex-Honte­rianer, wie sich ehemalige Honterus-Schüler ger­ne nennen. Das Jahrgangsmotto der Abitu­rienten 1983 war das Hesse-Zitat: „Nichts war, nichts wird sein, alles ist, alles hat Wesen und Gegenwart.“ Ob es ein Zufall war, dass Calw die Hesse-Stadt schlechthin ist? Sein Geburtsort und der Ort, der ihn geprägt hat, wie er versichert.

Nicht nur die Abiturienten 1983, sondern auch alle, die vorher schon ausgewandert waren, ka­men zu dem 25-jährigen Treffen in der Tanz­schule Danekdance in Calw. Und sie fühlten sich wieder jung: das Namen-Raten, wer ist wer (who’s who?) war der Einstieg in das Wochen­ende, nach der Begrüßung durch die drei Organisatoren Christian Danek, Frank Schmidts und Inge Hanke, bei welcher aufgezählt wurde, von wo die am entferntest Lebenden kamen (Nord-Kanada und New York) und auch die am nächsten Wohnenden (in Calw), und die ehemaligen Lehrer begrüßt wurden, wurde mit dem Singen der Abi-Hymne Gaudeamus Igitur begonnen. Auch nach 25 Jahren schafften wir zwei Strophen auswendig!
Die Teilnehmer des Klassentreffens der ...
Die Teilnehmer des Klassentreffens der Honterusschule, Abiturjahrgang 1983, mit den Lehrern: Butzi Vasile Capatina, Gundel Einschenk, Klaus Fabritius, Detlef Hermannstädter, Freya Klein und Edda Rohrsdorfer.
Zwischen viel, viel Tanzen auf exzellente Mu­sik, gutem Essen und Erinnerungsaustausch durf­ten wir auch die eine oder andere Rede hören. Die Deutsch-Lehrerin Freia Klein trug ein auf die Honterianer parodiertes Faust-Zitat vor, Frau Gundel Einschenk erzählte uns über das heutige Kronstadt und das heutige Honterus-Lyzeum, und der Kollege Roger Folberth hatte sich Gedanken gemacht über Siebenbürgen und Siebenbürger.

Kern-Zitat aus seiner Rede: „Ganz wesentlich erscheint hier das siebenbürgische Gemein­schaftsgefühl, die Gemeinschaft der Sieben­bür­ger Sachsen, dieses Gefühl der Zusam­men­ge­hörigkeit, der Zugehörigkeit zu einer Volks­- grup­pe. Es zählt mit Sicherheit zu den wichtigen menschlichen Wohlgefühlen! Nicht zuletzt hat dieses Gefühl dazu geführt, dass die Siebenbürger, also quasi die in der Diaspora lebenden Deutschen, 800 Jahre im Ausland als Deutsche überlebt haben. Vielleicht hat gerade die Tatsache, dass wir 800 Jahre in der Fremde leben mussten, dieses Zusammen­gehörigkeitsgefühl erzeugt? Die altbekannte Fra­ge nach dem Ursprung: Henne oder Ei? Letzt­endlich hat unsere Umgebung uns und wir unsere Umgebung beeinflusst, geprägt und gestaltet.

Ein Zeugnis davon ist das, was wir an Bau­subs­tanz von Siebenbürgen noch besichtigen kön­nen, und die relativ gut dokumentierte Ge­schichte eines Teils des deutschen Volkes. Die Ein­maligkeit, die Schönheit der Bausubstanz lässt sich heute noch besichtigen, die Einma­lig­keit des Gesamten wohl nicht mehr. Vieles lässt sich nur noch aus dem Erzählten zusammensetzen. Dem ganzen Siebenbürgen fehlen heute die Siebenbürger.“

Die sich allerdings in ihrer neuen Heimat einbringen und Integrationsgeschichte schreiben. Ein selten schönes Zusammentreffen verdanken wir also den Organisatoren, die viel Zeit und Herzblut investierten, um dieses Wochenende zu ermöglichen. Als Dankeschön wurde zusammengelegt, damit sie sich einen lange gehegten Wunsch erfüllen konnten.

Zusammengehörigkeit, liebevolles Erinnern an die Wurzeln, aber auch vorgelebte Integra­tion, egal ob in Kanada oder im bayerischen Schwa­ben, kamen durch. Obwohl ersichtlich war, dass ein Honterianer nie das Honterus-Deutsch verlernt, merkte man auch, dass jeder da, wo er lebte, sich gut angepasst hatte – nicht zuletzt auch sprachlich. Auf dem Jahrgangsbild sind alle anwesenden Schüler und Lehrer zu sehen. Wir werden noch lange dankbar und froh daran denken.

Astrid Merz-Fronius

Schlagwörter: Klassentreffen, Honterusschule, Kronstadt

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