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Thema: Kommentar: "Aussiedlung - die Rettung?"
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riokardo Mitglied Beiträge: 885 Von:D 73614 Schorndorf Registriert: Mrz 2004
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erstellt am 30.06.2005 um 13:12 Uhr
Na klar, ihr habt ja soviel Recht gogesch und Igor, ich habe gar nicht behauptet dass die "Mineriaden" die Geschichte der SBS oder gar die Auswanderung beeinflussen hätten können. Ich habe nur "spekuliert" (gesponnen) was ein eventueller Putsch in der damaligen politisch sehr instabilen Zeit für Folgen gehabt hätte, das muss doch noch geäussert werden dürfen, oder? Zu Igor: Zitat: "Zu welchem Zweck? Gegen wen?" Auf diese Fragen kann ich leider nicht antworten, gehört auch nicht hierher. Zu gogesch: Zitat: "Ich war am Tag der ersten Mineriade selber in Bukarest, bin im Nordbahnhof an zig Kumpels vorbeigelaufen und keiner hat mir ein Haar gekrümmt.." Nun, es steht ausser Zweifel dass damals (mindestens 6, wahrscheinlich erheblich mehr) Menschen ums Leben gekommen sind. Wohl selber schuld, was? Vielleicht hast Du nicht "dekadent" ausgesehen?[Dieser Beitrag wurde von riokardo am 30.06.2005 editiert.] IP: gespeichert |
Robert Administrator Beiträge: 751 Von:BRD Registriert: Sep 2000
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erstellt am 30.06.2005 um 13:15 Uhr
Zitat: Original erstellt von The history of Igor: Ich schliesse mich da Gogesch an, was fuer einen Einfluss haetten sie den aud die SbS haben koennen? Inwieweit hat das das Thema der der Auswanderung beeinflussen koennen?
Weiss nicht mehr genau wie es damals war, vielleicht bringe ich auch etwas durcheinander. War es nicht so, dass Anfang 1990 die Kumpels auch in den ungarisch geprägten Regionen Siebenbürgens "für Ordnung" gesorgt haben, indem sie ziellos "Ungarn" und intelligent aussehende (zB. Brillentraeger) vermoebelten? Was hat man befuerchtet, etwa dass sich die ungarische Minderheit verselbstständigt? Vielleicht haben diese Ereignisse so manchen Sachsen die Entscheidung erleichtert?? IP: gespeichert |
The history of Igor Mitglied Beiträge: 151 Von: Registriert: Jan 2005
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erstellt am 30.06.2005 um 13:23 Uhr
Zitat: Original erstellt von Robert: Weiss nicht mehr genau wie es damals war, vielleicht bringe ich auch etwas durcheinander. War es nicht so, dass Anfang 1990 die Kumpels auch in den ungarisch geprägten Regionen Siebenbürgens "für Ordnung" gesorgt haben, indem sie ziellos "Ungarn" und intelligent aussehende (zB. Brillentraeger) vermoebelten? Was hat man befuerchtet, etwa dass sich die ungarische Minderheit verselbstständigt? Vielleicht haben diese Ereignisse so manchen Sachsen die Entscheidung erleichtert??
Ja, das war so. Es war die Angst vor dem ungarischen Irredentismus, quasi eine Ueberreaktion. Andras Suto, z.B., ist ja dadurch auf einem Auge blind geworden. Ob das die SbS angespornt hat Rumaenien zu verlassen oder ob die Entscheidung schon fest stand sei einmal dahingestellt. Waere sicherlich mal interessant zu erforschen, ob das irgendeinen Einfluss hatte. Ich bin da eher skeptisch, und glaube die Entscheidung auszuwandern wurde schon viel frueher getroffen. Die Ereignisse 1990 in Tirgu Mures und Bukarest spielten hierbei kaum eine Rolle. IP: gespeichert |
The history of Igor Mitglied Beiträge: 151 Von: Registriert: Jan 2005
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erstellt am 30.06.2005 um 13:25 Uhr
Zitat: Original erstellt von The history of Igor: Ja, das war so. Es war die Angst vor dem ungarischen Irredentismus, quasi eine Ueberreaktion.
Eine vollkommen unbegruendete Angst sollte ich wohl hinzufuegen. IP: gespeichert |
brueckenbauer Mitglied Beiträge: 39 Von: Registriert: Mrz 2005
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erstellt am 30.06.2005 um 13:37 Uhr
Zitat: Original erstellt von helle: Es war weder eine Rettung, noch ein Untergang. Geschichte kennt solche Begriffe nicht. Es war einfach ein Aufbruch in ein neues Zeitalter.
Dem stimme ich auch nur zu. Da mag damals zwar ein Herr Gentscher gesagt haben "das Tor bleibt offen". Im Grunde genommen war das aber das Eingeständnis dass unter den zukünftigen politischen Bedingungen in Europa die BRD keinen Einfluss mehr auf das Schicksal der siebenbürger Sachsen als Minderheit in Rumänien hatte. Der Aufbruch in die neue Zeit war längst vollzogen... IP: gespeichert |
gogesch Moderator Beiträge: 430 Von:Deutschland Registriert: Nov 2000
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erstellt am 30.06.2005 um 13:40 Uhr
ich finde es sehr interessant, dass der Zeitpunkt WANN die Entscheidung zu gehen sehr unterschiedlich wahrgenommen wird.stellt sich nur noch die Frage: wann sind wir angekommen (wenn wir es überhapt schon sind!) Meine persönliche Meinung: wir sind "alle" ausgewandert, aber noch längst nicht alle angekommen. In welchem Prozentsatz die Generation Ü60 überhaupt noch ankommen wird? IP: gespeichert |
seberg Mitglied Beiträge: 40 Von:Hessen Registriert: Okt 2002
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erstellt am 30.06.2005 um 14:38 Uhr
Dass die „Generation Golf“ mit Siebenbürgen und der ganzen Vergangenheit keine Probleme hatm, habe ich von Gogesch gelernt: nix vorgestellt … nix Gedanken machen … Kaugummi, Liebchen und Cola und man ist überall schon „angekommen“.Was die Generation davor betrifft – die ist etwas nachdenklicher, sie hat ja auch Geschichte am eigenen Leib erlebt und erlitten! Ist diese Generation nicht doch auch ziemlich enttäuscht worden in ihrer Vorstellungen von Deutschland? Hat sie sich nicht etwas anderes vorgestellt? Etwas „Rettenderes“ für ihre „Identität“? Enttäuscht vom Multikulti-Deutschland UND von den eigenen „Golf“-Kindern? Die Frage von Biervampir war wohl gar nicht so unwichtig.
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helle Mitglied Beiträge: 103 Von:NRW Registriert: Jun 2001
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erstellt am 30.06.2005 um 15:49 Uhr
Zitat: Original erstellt von seberg: Dass die „Generation Golf“ mit Siebenbürgen und der ganzen Vergangenheit keine Probleme hatm, habe ich von Gogesch gelernt..... ...Was die Generation davor betrifft – die ist etwas nachdenklicher, sie hat ja auch Geschichte am eigenen Leib erlebt und erlitten!
Mir kommen gleich die Traenen. Sind das nicht die Alt-68er die wir da hoeren, hueben wir drueben, stets unzufrieden, stets mit ihrem Schicksal hadernd? Die "erlittene" Geschichte derer die ihre Jugend in den 60ern und fruehen 70ern erlebt haben soll ja auch in Rumaenien kein sooo schlechter Abschnitt gewesen sein. Jedenfalls besser als unsere in den 80ern, als es noch nicht mal mehr was zu Fressen gab. Das steht fest. Nun ist also die Generation Golf in der Bringschuld, weil sie beim Gedanken an die Ausreise nicht gleich in sozialphilosophischer Askese versunken ist, sondern sich eher um banale Fragen gesorgt hat, wie sie 17jaehrige halt so haben. Geradezu entaeuscht seid ihr von uns...na dann. Ich glaube eher ihr seid enttaeuscht von Euch selbst. Ihr hattet in Rumaenien keine Traeume mehr, und ihr habt hier (immer noch) keine Traeume. Seid wenigstens ehrlich und gebt es zu, anstatt die Schuld auf andere zu schieben. Ihr habt es uns eingebrockt, jetzt loeffelt es aus. Die saechsische Generation Golf kommt jedenfalls in Deutschland mittlerweile prima zurecht. -helle
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Robert Administrator Beiträge: 751 Von:BRD Registriert: Sep 2000
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erstellt am 30.06.2005 um 16:11 Uhr
Zitat: Original erstellt von seberg: Was die Generation davor betrifft – die ist etwas nachdenklicher, sie hat ja auch Geschichte am eigenen Leib erlebt und erlitten! Ist diese Generation nicht doch auch ziemlich enttäuscht worden in ihrer Vorstellungen von Deutschland? Hat sie sich nicht etwas anderes vorgestellt? Etwas „Rettenderes“ für ihre „Identität“? Enttäuscht vom Multikulti-Deutschland UND von den eigenen „Golf“-Kindern?
Und vor allem haben sie es letztendlich und nach reiflicher Überlegung der Zukunft der Kinder zuliebe gemacht. Sie waren es auch, die etwas zu verlieren hatten und nahmen all diese Einbußen in Kauf. Ihnen viel Abschied nehmen und die Auswanderung schwer und die Integration noch viel schwerer. Und hier ruhen sie erst wenn sie die Kinder versorgt wissen ... und wenn noch etwas Zeit übrig bleibt geben sie ihnen auch noch etwas sbs Identität mit auf den Weg.
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Robert Administrator Beiträge: 751 Von:BRD Registriert: Sep 2000
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erstellt am 30.06.2005 um 16:44 Uhr
Zitat: Original erstellt von helle: Wie war es denn zu guter Letzt? Sicher hat es noch ein "Sachsentum" Ende der 80er Jahre gegeben, doch wieviel davon war alleine auf festgelegte soziale Netzwerke (die einfach da waren) und eine geographische oder regionale Naehe zurueckzufuehren (die es so z.B. in der BRD nicht mehr gibt), und wieviel noch auf das Bewusstsein einer saechsischen Tradition?
F: Was galt es zu guter Letzt zu retten? A: Die eigene nationale, kulturelle und sprachliche Identität. In Siebenbürgen waeren wir früher oder später dem rumänischen Assimilationsdruck erlegen. Hier tun wir es zwar auch, aber wir hatten die Wahl zwischen "deutscher und rumänischer Assimilation" zu waehlen. Und wir haben uns eindeutig entschieden. Aus dieser Sicht ist es eine Rettung! Seberg scheint mit seinem Beitrag in die gleiche Kerbe zu hauen: Zitat: Original erstellt von seberg: Ein Grund zur Auswanderung könnte doch auch gewesen sein, dass uns "das Deutsche" wichtiger war als "das Rumänische", also deutsche Sprache, Schule, Gesellschaft, Kultur usw., oder? Zumindest bis 1990 war das sicher ein Grund, aber vielleicht auch danach? Mutter-Sprache...Mutter-Land...?
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helle Mitglied Beiträge: 103 Von:NRW Registriert: Jun 2001
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erstellt am 30.06.2005 um 17:20 Uhr
Ja ohne Zweifel war das ein Grund, alle anderen Gruende, ob wirtschaftlicher, sozialer oder politischer (oder der ins Rollen gebrachte Stein) Natur wurden schon genannt. Deswegen habe ich ja meine Probleme mit der Feststellung es sei der Weg in den "Untergang" gewesen (ich verstehe sehr wohl das damit gemeint sein soll). Wenn man es bezueglich ganz konkreter Punkte als Rettung bezeichnen will, bitte. Gleichzeitig beklagen viele einen Identifikationsverlust, die Aufgabe gewohnter Traditionen, usw, also kann aber auch von Rettung nicht uneingeschraenkt die Rede sein, und wir sind auf einmal wieder beim Untergang. Mit beidem habe ich meine Probleme. Koennen wir uns vielleicht darauf einigen, das es einfach nur der Aufbruch zu neuen Ufern war? Viele Aspekte sind nicht spezifisch fuer SbS, sondern ganz allgemeine Probleme von Auswanderern, als Wandler zwischen zwei Welten, nie ganz weg aus der alten Welt, nie ganz angekommen in der Neuen. Das ist so, und weil es so ist finde ich es doch toll wenn nur die ersten (Generationen) anfangen sich hier heimisch zu fuehlen und sich gleichzeitig aber auch Gedanken machen ueber die eigene Identifikation. -helle IP: gespeichert |
seberg Mitglied Beiträge: 40 Von:Hessen Registriert: Okt 2002
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erstellt am 30.06.2005 um 23:29 Uhr
Zitat helle: „…Gedanken machen über die eigene Identifikation.“Hmmm, ja, das könnte interessant werden, besonders wenn es um unsere Identifikation mit dem sog. „hässlichen Deutschen“ geht, Identität, für die wir uns mit unserer „Assimilations-Wahl“ (Robert) und der Aussiedlung ja auch entschieden haben. Und da hängen alle Generationen mit drin.
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riokardo Mitglied Beiträge: 885 Von:D 73614 Schorndorf Registriert: Mrz 2004
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erstellt am 30.06.2005 um 23:32 Uhr
Zitat: Ob das die SbS angespornt hat Rumaenien zu verlassen oder ob die Entscheidung schon fest stand sei einmal dahingestellt
Sicher stand bei den meisten die Entscheidung fest, diese Ereignisse haben mich jedenfalls nicht direkt dazu motiviert Ro 1990 zu verlassen. Aber ich traute den Brüdern (besonders dem "emanatu'" mit seiner "democratie originala") damals nicht so ganz über den Weg mit ihrem ewigen Demokratiegehabe und ich hatte immer das ungute vage Gefühl, da passiert noch irgendwas, so dass ich schaute daß ich mich lieber heute als morgen jenseits der Grenze befand. Daß ein Putsch damals nicht unmöglich gewesen wäre hat uns das Beispiel Sowjetunion ein gutes Jahr (August '91) später gezeigt. Petre Roman selber hat vor einigen Wochen im Fernsehen gesagt: "Damals war ALLES möglich". Und ich glaube mal daß ich mit meinen damaligen Befürchtungen nicht allein dastand. Zitat: Die "erlittene" Geschichte derer die ihre Jugend in den 60ern und fruehen 70ern erlebt haben soll ja auch in Rumaenien kein sooo schlechter Abschnitt gewesen sein
Nein, war sie tatsächlich nicht, sondern gleich nach Ceausescus Amtsantritt als "General" ging's rapide aufwärts, eine Liberalisierung wie wir sie bis dahin nicht kannten setzte ein und ich sagte noch Jahre später, als diese Zeit nurmehr Erinnerung war und der "Titan" völlig durchgedreht hatte, es war die "rumänische Perestroika", leider abrupt beendet von eben jenem, welcher sie auch initiiert hatte. Danach ging's aber rapide bergab und zwar mit allem und in den 80-ern kam es dann ganz dicke. Zitat: nix Gedanken machen … Kaugummi, Liebchen und Cola und man ist überall schon „angekommen“.
Was ist daran schlimm? Wenn man immer nur mit sorgenvoller Miene rumläuft wird's au net besser. Ausserdem: Rettung oder Untergang - Wie heißt das so: Nichts geht verloren, nichts wird hinzugewonnen, alles verwandelt sich, oder so ähnlich, gelle? Gute Nacht und Fia Goud!
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joker Mitglied Beiträge: 390 Von:Frankreich Registriert: Jan 2001
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erstellt am 01.07.2005 um 07:24 Uhr
Zitat: The history of Igor: Ich bin mir nicht sicher, aber kann es sein, dass du "Fatherland" von Robert Harris meinst?
Genau das meine ich! Danke! Der Titel sagt mir nichts mehr, aber der Autor könnte stimmen. Es wird wohl diese Buch sein, wenn es darin um dieses Thema geht. Habs vor eiwg langer Zeit gelesen, fand es interessant! IP: gespeichert |
petrilaboy Mitglied Beiträge: 21 Von:Berlin Registriert: Feb 2004
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erstellt am 01.07.2005 um 17:16 Uhr
Ich möchte einige Zitate zusammenfassen. Zitate: kulturellen "Rettung" nach Freiheit gesehnt Familienzusammenführung kommunistischen Holz- und Betonköpfe physisch in einem Land leben und psychisch in einem anderen Obwohl als Lemming lässt sich ja ganz gut leben eine Menge 100%-ge Rumaenen weil wir die Chance damals nicht wahrgenommen haben, und würden uns nun in A***** beissen, weil "das Tor bleibt offen" sich als Wahlkampfparole herausgestellt hat und wir nun auf die cleveren Rumänen schimpfen würden die damals statt uns nach D. ausgereist waren und sich als "politisch Verfolgte" hier niedergelassen haben und uns mit den dicken Autos die lange Nase zeigen würden? Koruptionssumpf Rumänien Politisch waren wir in Rumänien schon lange tod. Dort als Devisenbringer und hier als Wahlpack... eigentlich müssten wir Mitleid mit uns selber haben. "das Tor bleibt offen" Heute sehen wir das damalige Leben in Siebenbuergen wie durch eine rosarote Brille, wir haben vergessen womit wir dort zu kämpfen hatten, was uns bedrueckt hat aber wir Sachsen sind sehr gute "Herdentiere" "das Deutsche" wichtiger war als "das Rumänische" "Diktator" Iliescu "mineriade" siebenbürgisch-sächsische Schicksal ein weiterer Schritt Richtung Untergang saechsische Identitaet intelligent aussehende (zB. Brillentraeger) Multikulti-Deutschland Generation Golf Jedenfalls besser als unsere in den 80ern, als es noch nicht mal mehr was zu Fressen gab ihr habt hier (immer noch) keine Traeume waeren wir früher oder später dem rumänischen Assimilationsdruck erlegen Identifikation mit dem sog. hässlichen Deutschen traute den Brüdern (besonders dem "emanatu'" mit seiner "democratie originala") damals nicht
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