21. November 2004

Beachtenswerte Arbeit über Brukenthalmuseum

Rezension der Neuerscheinung von Christine Lapping: "Die Sammlung des Freiherrn Samuel von Brukenthal. Eine Untersuchung zur Geschichte und zum Charakter der Sammlung im Hermannstädter Museum", (Veröffentlichungen von Studium Transylvanicum), Aldus Verlag, Kronstadt, 2004, ISBN 973-9314-94-5, Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde, Heidelberg, 2004, ISBN 3-929848-40-6, 303 Seiten, 12,80 Euro.
Vorliegende Arbeit rundet die Veröffentlichungen, die anlässlich des 200. Todestages Samuel von Brukenthals (1721-1803) erschienen sind, ab. Sie wurde als Examensarbeit bei der Ludwig-Maximilians-Universität München eingereicht und ist nun in die Veröffentlichungsreihe von Studium Transylvanicum des Arbeitskreises für Siebenbürgische Landeskunde aufgenommen worden. Die Autorin hat über die Sammlung Brukenthals bereits für den Katalog der Ausstellung „Barocke Sammellust. Die Sammlung des Baron Samuel von Brukenthal“ im Haus der Kunst in München vom 7. Februar bis 11. Mai 2003 einen beachtenswerten Beitrag beigesteuert.

Ein Meisterwerk zwischen Barock und Klassizismus ist das Gebäude, das Samuel von Brukenthal für seine Sammlungen errichten ließ. Im Bild der Durchgang vom ersten zum zweiten Innenhof des Palais. Foto: Emil Fischer, 1937 (Bildarchiv Konrad Klein)
Ein Meisterwerk zwischen Barock und Klassizismus ist das Gebäude, das Samuel von Brukenthal für seine Sammlungen errichten ließ. Im Bild der Durchgang vom ersten zum zweiten Innenhof des Palais. Foto: Emil Fischer, 1937 (Bildarchiv Konrad Klein)

In dem hier zu besprechenden Band, das mit dem Ernst-Habermann-Preis 2004 ausgezeichnet wurde, gibt die Verfasserin einleitend einen Überblick über das Lebenswerk Brukenthals samt seinem Testament und über dessen Sammlungen. Er stieg vom Sohn des geadelten Leschkircher Stuhlsrichters Michael Breckner von Brukenthal bis zum Gouverneur Siebenbürgens auf, wobei er als „aufgeklärter Geist“ einen Teil von seinem beträchtlichen Gehalt und seinen Vermögenseinkünften in den Ankauf umfangreicher Sammlungen investierte.

Als Brukenthal im Jahr 1803 starb, hinterließ er seine Sammlungen mit dem testamentarischen Vermächtnis, sie ungeteilt in seinem Palais auf dem Großen Ring in Hermannstadt der Öffentlichkeit in einem Museum zugänglich zu machen. Die Sammlungen umfassten nach den Angaben von Lapping über 1200 Gemälde (die Angaben variieren zwischen 1246 und 1296), fast 800 Druck- und Reproduktionsgraphiken, eine Bibliothek mit 15972 Bänden, 72 Inkunabeln, 340 Bände mit wertvollen Handschriften, 17510 Münzen, 2500 Stück Mineralien und 705 antike steinerne Fundstücke. Das Museum konnte allerdings erst 1817 eröffnet werden.

Das Palais – seine Baugeschichte wird in einem Kapitel von Lappings Arbeit dargestellt – samt sonstigem Vermögen Samuel von Brukenthals (dazu gehörten außer den Sammlungen und dem Palais in Hermannstadt Grundstücke mit Sommerhaus außerhalb der Stadtmauern Hermannstadts, Grundstücke mit Schloss und Parkanlage in Freck, grundherrschaftliche Besitzungen im Fogarascher Dominium u. a.) übernahm als Universalerbe Johann Michael Joseph von Brukenthal, ein Sohn seines Neffen (nicht sein Urenkel, wie Lapping angibt). Das Testament sah vor, dass im Falle des Aussterbens des männlichen Stammes der Brukenthal alle Sammlungen als unveräußerliche Stiftung in das Eigentum des evangelischen Gymnasiums von Hermannstadt übergehen sollten. Dieser Fall trat 1872 ein, als Baron Hermann von Brukenthal ohne männlichen Erben starb. Sein Vater hatte zusätzlich bestimmt, auch das Hermannstädter Palais und sonstiges Vermögen in den Stiftungsfonds seines Ahnen aufzunehmen. Damit erbte das Hermannstädter Gymnasium bzw. die evangelische Kirchengemeinde von Hermannstadt als dessen Träger das Palais samt Sammlungen und sonstigem Vermögen.

Die Sammlungen des Museums sind nach dem Tode von Brukenthal vor allem in der zweiten Hälfte des 19. und im 20. Jahrhundert mit siebenbürgischen bzw. rumänischen Kunstwerken und Büchern erweitert worden. Das Museum wurde dadurch, so Lapping, in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts zu einem „Museum der sächsischen Nation“. Nach seiner Verstaatlichung im Jahr 1948 wurde die Institution zu einer „repräsentativen Anstalt der rumänischen Kulturlandschaft“ umgestaltet und der Name des Stifter sowie ihr sächsischer Charakter weitgehend vertuscht. Seit 1989 sind Bemühungen im Gange, den Charakter des Brukenthalmuseums, vor allem den der Gemäldegalerie, wieder herzustellen, um der Anstalt das ihr gebührende Renommee und ihr internationales Prestige zurückzugeben. Dazu gehört auch die Forderung, die dem Museum entwendeten Objekte zurückzuführen, unter anderem 19 seiner bedeutendsten Gemälde, die sich das Kunstmuseum von Bukarest als „Dauerleihgabe“ nach 1948 einverleibt hat.

Den umfangreichsten Teil der Arbeit widmet Lapping der Kunstsammlung – Gemäldegalerie und Graphiksammlung –, die den bedeutendsten Museumsbestand bildet. Es werden die Entstehung dieser Sammlung mit Angaben über Herkunft und Preis, dann deren Zugehörigkeit zu Malschulen – niederländisch-flämisch, deutsch, italienisch, französisch, spanisch, siebenbürgisch – sowie die wichtigsten in der Sammlung vertretenen Künstler namhaft gemacht, um dann auf den Charakter der Pinakothek einzugehen. Es folgt eine Darstellung der Geschichte der Gemäldegalerie nach dem Tode Brukenthals bis heute.

Die internationale kunstgeschichtliche Bedeutung der Brukenthalschen Gemäldegalerie besteht hauptsächlich darin, dass sie viele so genannte kleine Meister birgt, durch deren Werk die Entwicklung der niederländischen Malerei des 17. und die der österreichischen Malerei des 18. Jahrhunderts weiterverfolgt werden kann, stellt die Verasserin fest. Zudem befinden sich in der Kunstsammlung Brukenthals einige seltene Gemälde von Malern, die für deren monographische Erfassung unerlässlich sind.

Der siebenbürgisch-sächsischen Kunstentwicklung hat Brukenthal vielfache Impulse verliehen. Die von ihm gestiftete Anstalt war das erste Museums Südosteuropas und wurde „zum Meilenstein für die Erneuerung der siebenbürgischen Kunst und Kultur“. Über den gegenwärtigen Stand des Museum heißt es bei Lapping: „Im Gebäude des Brukenthalpalais sind nur noch die Gemäldegalerie im I. und II. Obergeschoss, die Bibliothek (im eigens dafür errichteten Neubau) und das Barockmuseum (in den ehemaligen Wohntrakten im I. Obergeschoss) verblieben. Damit bietet das Museum dem Besucher nun wieder jenen Eindruck, den es zu Lebzeiten seines Stifters ausgestrahlt haben könnte. Der Kreis eines bewegten (20.) Jahrhunderts der Umbrüche schließt sich so.“

Ein umfangreicher dokumentarischer Anhang, darunter das Testament des Stifters, das Inventar von seinem Nachlass, der Einrichtungsplan des Museums von 1804 sowie 20 Reproduktionen der Kunstsammlung ergänzen die Ausführungen der Verfasserin.

Michael Kroner

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgische Zeitung, Folge 18 vom 15. November 2004, Seite 5)
Die Sammlung des Freiherrn Sam
Christine Lapping
Die Sammlung des Freiherrn Samuel von Brukenthal

Kronstadt, Aldus,
Taschenbuch

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Schlagwörter: Brukenthalmuseum, Museum, Brukenthal, Rezension, Buchbesprechung

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