2. November 2010

Bistritzer reisen zum Sachsentreffen

Heuer fand das 20. Sachsentreffen in Bistritz statt. Bistritz war vor zwei Jahren durch den verheerenden Kirchturmbrand vom 8. Juni 2008 in die Schlagzeilen geraten. Der Schaden konnte dank der engagierten Unterstützung der HOG Bistritz-Nösen weitgehend behoben werden. Vor diesem Hintergrund hat die HOG Bistritz-Nösen e.V. zusammen mit dem Kreisverband Nürnberg eine Rundreise ausgeschrieben in den Norden Rumäniens, die Bukowina, nach Nordsiebenbürgen, insbesondere Bistritz.
Annemarie Wagner rief und aus ganz Deutschland kamen Interessierte, ehemalige Bistritzer aus dem Nösnerland wie auch Bundesbürger ohne siebenbürgischen Hintergrund, nach Nürnberg, um an der Fahrt teilzunehmen. Am Morgen des 10. September füllte sich der Bus in Nürnberg. In Österreich stiegen die letzten Fahrgäste ein. Ein besonders weitgereister Gast kam aus Kapstadt. Wir waren eine bunte Gruppe. Wir trafen abends in dem mit internationalen Gästen bevölkerten Hotel in Budapest ein.

Am nächsten Tag regnete es bis zur Grenze Rumäniens, die wir in der Nähe von Sathmar (Satu Mare) überquerten. Mit der jungen rumänischen Reiseleiterin Diana Nistor, die sehr kompetent in recht gutem Deutsch von nun an die Reiseleitung übernahm, hatten wir den Sonnenschein gepachtet. Bis hierher, aber immer wieder auch im Verlauf der weiteren Fahrt hat uns auch Dr. Michael Kroner wichtige Informationen geliefert. Wir sind beiden sehr dankbar. In den Informationspausen hatte Anna Montsch die Gelegenheit, mit eigenen Gedichten die Fahrgäste zu erheitern oder nachdenklich zu stimmen. Auch einige von Brigitte Skurka vorgelesene Geschichten aus dem Land der Zipser haben unser Wissen bereichert. In Frauenbach (Baia Mare) übernachteten wir in einem sehr guten Hotel und besuchten am nächsten Morgen das Mineralogiemuseum. Auf der Weiterfahrt durch eine wunderschöne Landschaft musste unser Busfahrer Kurt einige diffizile Wegstrecken mit unserem 15m langen Bus meistern. Er tat das mit Bravour und Umsicht. Dafür bekamen wir eine winzige alte Holzkirche in Șurdești zu sehen. Es war Sonntag, die Kirche voll besetzt und es gab eine Trauung. Viele mussten draußen auf dem Rasen um die Kirche Platz nehmen. Als das Vaterunser rumänisch erklang, konnte ich mitbeten und Gott danken, dass ich die wunderschöne Fahrt mitmachen durfte. Zu Mittag Tag aßen wir auf einem Bauernhof in Oncești.

Wir besichtigten im weiteren Verlauf noch ein Freilichtmuseum, um am Abend in Sighetul Marmației einzutreffen. Am nächsten Tag besichtigten wir weitere alte Holzkirchen, eine neu gebaute orthodoxe Kirche und ein ganz neues, landschaftlich wunderschön gelegenes Kloster in Bârsana. Mittagessen gab es in ­Botiza, wieder auf einem Bauernhof. Wir sahen den „Heiteren Friedhof“ in Săpânța. Beim Abendessen konnten wir uns an Fol-­ klore aus der „Țara Oașului“ erfreuen.
Bistritzer Reisegruppe vor dem Hotel Castel ...
Bistritzer Reisegruppe vor dem Hotel Castel Dracula in Piatra Fântânele. Foto: Hans Wagner
Nun ging die Fahrt über den höchsten Pass in der Gegend, den Prislop, in Richtung Bukowina, nach Suceava. Am Pass gab es Mittagessen aus der guten und reich bestückten Bordküche des Busses. Annemarie und ihre freundlichen Helfer waren immer bemüht, alle Wünsche zu erfüllen. Wir sahen das sehr gut erhaltene und restaurierte Kloster Moldovița mit seinen reich bemalten Außenwänden. Schwester Tatjana hat uns in einer beeindruckenden Weise die Wandmalereien und ihre Bedeutung erklärt. Bei der Besichtigung von Kloster Voroneț tat das unsere Reiseleiterin Diana auch erstaunlich kompetent. Abends erreichten wir Suceava. Tags darauf sahen wir die Klöster Putna und Sucevița. Zur Burg des Ștefan cel Mare mit ihren mächtigen Mauern konnte uns Dr. Kroner interessante Details sagen.

Tags darauf ging es nach Bistritz. Wir fuhren durch die ersten Dörfer des Nösnerlandes, zuerst Jaad, dann Wallendorf. Einige erkannten schon die Häuser, die sie einst verlassen hatten. Manche gut erhalten, andere weniger gut. Dann kamen wir nach Bistritz und fuhren, der Tradition der Fahrten mit Annemarie gemäß, durch die Stadt und um unsere schöne Kirche, deren Turm, zwar noch vom Gerüst umgeben, wieder mit den Türmchen und der Uhr hoch aufragt, zum Hotel. Das reichhaltige Programmangebot konnte jeder nach seinem Wunsch wahrnehmen. Unser Bus fuhr mit einem großen Teil der Gäste, denen sich auch ein Teil der Tanzgruppe Nürnberg und Besucher aus Sachsenheim anschlossen, nach Jaad, wo ein genussreicher Aufenthalt auf einer Schaf-­ alm mit Lammgulasch, frischem Käse und Unterhaltung auf uns wartete. Andere waren bei der 140-Jahr-Feier der Ackerbauschule dabei. Abends gab es ein Konzert der Blasorchester aus Traun und Landshut im Pavillon auf der Promenade. Auf der Terrasse gab es bei Mici und Bier Wiedersehen mit alten Bekannten.

Am Samstag hielt Bischof Dr. Christoph Klein die Festpredigt in der Stadtpfarrkirche. Die neuen Glocken riefen zum Gottesdienst, und die Kirche füllte sich bis auf den letzten Platz. Am Sonntag gab es dann einen Gottesdienst mit Abendmahl. Der ehemalige Stadtpfarrer von Bistritz, Pfarrer i.R. Kurt Franchy, predigte. Viele, die ihn noch von früher kannten, waren tief beeindruckt. Es gab einen Festakt mit Grußworten der Ehrengäste, dann einen Umzug unter Regenschirmen. Es waren viele Siebenbürger gekommen von nah und fern, Kulturgruppen aus Siebenbürgen, Deutschland und Österreich. Danach traten verschiedene Tanzgruppen auf einem überdachten Podest auf. Fast gleichzeitig fand eine Veranstaltung im Gewerbeverein statt. Peter Pastior wurde die Honterus-Medaille verliehen, Dr. Hans Georg Franchy erhielt die Ehrenbürgerwürde der Stadt Bistritz. Anschließend gab es ein wunderschönes Konzert mit Werken u.a. von Verdi, Mozart und Johann Strauß. Als Abschluss des Tages lud der Bürgermeister der Stadt Bistritz, Ovidiu Crețu, 500 Gäste zu einem Festessen ein. Am Sonntagnachmittag fuhr unser Bus nach Mönchsdorf, wo wir die renovierte Basilika besichtigen konnten. Dann sahen wir Tekendorf, Lechnitz, Wermesch. Die Fahrt weckte wehmütige Erinnerungen und war gerade deshalb schön.

Am nächsten Tag fuhr der Bus noch nach Senndorf, Deutsch-Budak, Minarken, Petersdorf und Oberneudorf. Viele waren tief bewegt, als in Senndorf vom Kirchturm plötzlich die Glocken zu läuten begannen, als sie davor halt machten. Auf dem Rückweg wurde man von Familie Andrecut in Oberneudorf mit einem traditionellen Essen bewirtet. Ein Teil der Gäste war in Bistritz geblieben, weil im Gymnasium eine Jubiläumsveranstaltung stattfand: 100 Jahre seit dem Umzug und dem Beginn des Unterrichtes im neuen Gebäude auf der Fleischerallee. Danach hatten wir noch Zeit, durch Bistritz zu gehen. Die Urenkelin des ersten Direktors des Gymnasiums auf der Fleischerallee war mit in unserer Reisegruppe. Ich bin durch die Straßen gewandert, auf den Friedhof, wo mein Vater, mein Onkel, meine Großeltern, aber auch Schulkollegen ruhen. Das hat mich alles sehr beeindruckt. Als wir Bistritz am Dienstagmorgen (21. September) verließen, konnten wir den Kirchturm zum Abschied sehen. Beim Verlassen der Stadt stimmte jemand im Bus das Lied „Nun ade, du mein lieb Heimatland“ ein. Für viele wird es wohl der letzte Abschied von der alten Heimat sein.

Auf der Rückreise übernachteten wir wieder in Budapest. Auf dem letzten Streckenabschnitt der Fahrt haben wir einen Film über die Entstehung der neuen Glocken von Bistritz gesehen, von der Vorbereitung und dem Glockengießen in Passau bis zur Glockenweihe in Bistritz. Das war ein schöner Abschluss der Reise. Wir haben eine Reise in die Vergangenheit zu unseren Wurzeln gemacht, aber auch gesehen, dass sich vieles geändert hat und es auch eine Zukunft gibt, wenn wir auch nur bei gelegentlichen Besuchen daran teilhaben werden. Wir danken besonders Annemarie Wagner für diese äußerst gut organisierte Reise. Wir danken aber auch Kurt Penteker, der uns sicher über die vielen Kilometer wieder nach Hause gebracht hat.

Friederike Paulini

Schlagwörter: Bistritz, Reise, Sachsentreffen

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