15. Juni 2011

HOG Wurmloch: Aus der Vergangenheit in die Gegenwart

Die in den 90er Jahren begonnene Reihe „Heimatortsgemeinschaften stellen sich vor“ wird nach langer Pause mit der HOG Wurmloch fortgesetzt. Die HOGs sind dazu aufgerufen, die Reihe auch in Zukunft mit Leben zu füllen.
Die monografischen Angaben über Wurmloch folgen zum Großteil den Daten von Pfarrer Dr. Hellmut Klima.

Zur Ortsgeschichte

Die stattliche Gemeinde Wurmloch liegt 5 km südöstlich von Kleinkopisch, in einem Seitental der Großen Kokel. Der Ortsname ist vom Mittelhochdeutschen her zu erklären und setzt sich aus „Urm“ = Schlange und „Loh“= Wald zu „Schlangenwald“ zusammen. Von den Ungarn ist „Wurmloch“ umgedeutet worden in „Baromlaka“, was soviel heißt wie „Rinderwohnung“, während der deutsche Name „Wurmloch“ eine volksetymologische Umdeutung darstellt.

1305 wird die Gemeinde erstmals unter dem Namen „Baromlak“ urkundlich erwähnt. (Gegründet wurde das Dorf nach G. E. Müller im Jahre 1224, nachzulesen in Heft 8 – Baudenkmäler in Siebenbürgen von Architekt H. Fabini.). Klima berichtet, dass 1263 erstmals eine „possesio Barwmlak“ von Györffi II/195 urkundlich und 1357 zum zweiten Mal erwähnt wird. Unter den geistlichen Vertretern ist auch „Gerhardus de Wurmloch“ angeführt.

1359 brach ein Hattertstreit zwischen den adligen Grundbesitzern von Mortesdorf und den „populi seu hospites de Baromlak“ aus. Auf Weisung des Königs führte das Weißenburger Kapitel eine Grenzbegehung durch und legte den Verlauf urkundlich fest. Die Bezeichnung „hospites“ (Einwohner), die selbst als Partei aufgetreten sind, und keine Adligen aus Wurmloch, deutet darauf hin, dass die Gemeinde ihre Freiheit zwischen 1305 und 1359 schon erlangt hatte.

1411 wurde ein Versuch unternommen, die Gemeinde Wurmloch wieder untertänig zu machen. Der Abt von Kolozsmonostor beanspruchte unter anderem auch Wurmloch als sein ­Eigen­tum und beschwerte sich bei dem Großwardeiner Kapitel. Der Einspruch verhallte wirkungslos.

1429 wurden bei einer Grenzbegehung der zwei Stühle Gräf Arnold aus Wurmloch und die Bürger Ladislaus Antiqui und Johannes Doleator erwähnt, die neben dem Gräfen als Vertreter der Bauernschaft auftraten.

1484 beglaubigte das Weißenburger Kapitel auf Antrag des Pfarrers Servatius aus Wurmloch die Hattertbegehung gegen Mortesdorf von 1450.

1511 wurden die beiden Ortschaften Meschen und Wurmloch von Großbränden heimgesucht. Die Brandstifter sollen Bösewichte gewesen sein, die sich in der Gegend herumtrieben. Darauf erließ der König den Geschädigten die Steuern für drei Jahre.

1516 wurde Wurmloch offensichtlich zu den freien Gemeinden des Schelker Stuhles (auch noch Unterer Stuhl des Mediascher Stuhles) gezählt. Wurmloch war zu diesem Zeitpunkt mit 95 Wirten, zehn Siedlern, elf Witwen, einem Hirten, zwei Müllern und einem Schulmeister nach Klein­schelken die zweitstärkste Gemeinde des Schelker Bezirks.

1543 wurde Johan „Rott“ von Wurmloch als Inhaber des Stuhlrichteramtes und Abgeordneter der Sachsen im Landtag zu Weißenburg angeführt.

1546 bestätigten die „sieben und zwei Stühle“ eine Entscheidung im Hattertprozess zwischen Wurmloch und Schaal wegen des Hattertteils „in der langen Maar“. Es steht fest, dass die Gemeinde eine erhebliche Bedeutung hatte. In diesem Jahrhundert wurde auch die Kirchenburg mächtig ausgebaut.

1602 gelang der Gemeinde während des Bürgerkrieges der Erwerb eines eigenhändig unterschriebenen Schutzbriefes von Seiten des kaiserlichen Generals Georg Basta.

1662 musste auch Wurmloch Lebensmittel für die Türken nach Temeschburg liefern.

Im März 1880 vernichtete ein Großbrand viele Wirtschaftsgebäude.

1900 wurde die Kommassation durchgeführt.

1909-1911 wurden das Gemeindehaus und der Festsaal gebaut.

Zur Kirchengeschichte

Die Kirche von Wurmloch wurde im 14. Jahrhundert gebaut. Sie erhebt sich als „Mächtige Kirchenburg“ inmitten des Ortes. Im Laufe der Jahrhunderte wurden mehrere An- und Umbauten vorgenommen, bis sie die heutige Form einer spätgotischen Saalkirche erhielt.

Das Langhaus hat die Ausmaße von 24m x 8,4m. Der Triumphbogen, der Chor und Langhaus voneinander trennt, ist 1,2m dick. Der dreiseitig geschlossene Chor ist 8,9m lang und 6,55m breit. Mit diesen Ausmaßen gehört die Kirche zu den größten und eindrucksvollsten Dorfkirchen und Bauten dieser Art in unserer Heimat Siebenbürgen.

1520 wurde der Sakralbau zu einer Wehrkirche aus- und umgebaut. Ursprünglich war am Westende der Kirche ein romanischer Glockenturm, durch den der Haupteingang in die Kirche führte. Bei der Wehrbarmachung wurde das Westhauptportal zugemauert und ein starker Pfeiler vorgebaut, der mit Gussscharten versehen wurde. Im dritten Geschoss errichtete man einen auf Bögen ruhenden, vorspringenden Wehrgang. Es wurden zwei neue Eingänge, ein Nord- und ein Südeingang, eröffnet, die durch einen erkerartigen Vorbau geschützt werden. Zur Abwehr dienten je ein Fallgitter und mehrere Pechscharten. Das Fallgitter ist am Nordeingang noch vorhanden. An beiden Vorbauten-Wehrgängen ist noch die Jahreszahl 1525 lesbar. Die größten Umbauten wurden am Chor vorgenommen. Er wurde mit der Mauer des mächtigen Chorturms ummantelt, der sich in vier Stockwerken fast bis zur Höhe des Hauptturms erhebt. Die Dicke der Chormauer ist daher bis zur Fensterhöhe 1,6 m. Die einzelnen Stockwerke dieses Turmes haben Pech- und Schießscharten. Über den vier Stockwerken der Ummantelung befindet sich ein Dach, darüber ein Wehrgang mit Dach. Diese originelle Bauform verleiht dem Chorturm ein eindrucksvolles Aussehen. Der Aufgang zur Orgel auf der Nordseite wurde erst in neuerer Zeit errichtet.
Blick auf Wurmloch mit der Kirchenburg, die im ...
Blick auf Wurmloch mit der Kirchenburg, die im 14. Jahrhundert gebaut und im 15. und 16. Jahrhundert zur Wehrkirche ausgebaut wurde. Seit 1999 gehört sie zum UNESCO-Weltkulturerbe. Foto: Mathias Seiwerth
1738 wurde die Kirche einer übertünchten Triumphbogeninschrift zufolge durch ein Erdbeben stark beschädigt. Vier Jahre später wurden diese Schäden wieder behoben.

1782 wurde laut einer Inschrift auf der Südseite der Kirche eine Renovierung getätigt.

1826 wurde gemäß einer Inschrift der Glockenturm renoviert.

Der Barockaltar wurde im Jahre 1779 gebaut. Die Bildhauerarbeiten stammen vom Schäßburger Stephan Folbarth. Auf dem alten Gestühl des Chores, mit Schnitzereien versehen, befindet sich die Jahreszahl 1528. Die neue Steinkanzel stammt aus dem Jahre 1938, deren Krone aber 1746 im Barockstil geschaffen wurde.

Die Orgel wurde 1807-1808 von Melchior Aix aus der Schweiz gebaut und 1926 vergoldet. Sie besteht aus einem Manual und 14 Registern und wurde 1908 von Karl Einschenk repariert. In der Chorwand befindet sich eine gotische Sakramentsnische, die um 1504 mit großer Ähnlichkeit zu jenen in Baaßen und Eibesdorf errichtet wurde.

Ein neues Pfarrhaus wurde 1840-1842 gebaut.

1966 wurden an den Außenseiten der Ringmauer alle Vorratskammern abgetragen und nordöstlich vom Speckturm eine Toreinfahrt in die Burg errichtet.

1967 wurden auch im Inneren der Ringmauer die Vorratskammern abgetragen, um im folgenden Jahr die Restaurierung der Ringmauer in Angriff zu nehmen.

2007-2008 wurden größere Reparaturarbeiten am Kirchendach durchgeführt.

Über die Pfarrer aus Wurmloch ist Folgendes überliefert:

1414 wird im Zusammenhang mit dem Zehentstreit des Schelker Kapitels gegen den Weißenburger Bischof auch Pfarrer David aus Wurmloch erwähnt. Zusammen mit anderen Gleichgesinnten beanspruchte er unter anderem den ungeschmälerten Zehent für die Peterskirche in Wurmloch. Dies bewog den Weißenburger Bischof Gewalt anzuwenden. 1415 erschienen in Wurmloch bewaffnete Knechte des Bischofs von Weißenburg, vertrieben den Pfarrer mit Gewalt vom Pfarrhof, plünderten die Vorratskammern und verursachten großen Schaden. Der Hann und die ältesten Geschworenen beklagten sich hierüber bitterlich und gaben beim öffentlichen Notar Erklärungen zu den Geschehnissen ab. Der kämpferische Pfarrer David verblieb weiterhin in Wurmloch; er scheint sich auch außerhalb der Gemeinde größeren Ansehens erfreut zu haben, da er 1423 in einem Streit zwischen Kronstadt und dem Hermannstädter Kapitel als Zeuge aufgetreten ist.

1425 ist der Pfarrer Nikolaus von Wurmloch gleichzeitig Dechant des Schelker Kapitels.

1657-1658 war der spätere Bischof Stephan Adami in Wurmloch Pfarrer und ging anschließend als Stadtpfarrer nach Mediasch.

1668-1682 war Pfarrer David Hermann ein bedeutender Geschichtsschreiber. Unter dem Titel „Annales eclesiasticii rerum Transylvanicarum“ schrieb er eine sächsische Kirchengeschichte von 1520 bis 1659. Der auch über sächsisches Kirchenrecht kundige und bedeutsame Mann starb als Pfarrer der Gemeinde Wurmloch im Jahre 1682.

1682-1687 machte Pfarrer Lukas Harmann aus Wurmloch einen ähnlichen Weg wie sein Vorvorgänger Adami bis zum Bischof.

1869-1872 war Dr. Franz Obert Pfarrer von Wurmloch und wurde später zum Stadtpfarrer von Kronstadt berufen. Er hat sich um das Schulwesen der Sachsen verdient gemacht.

Einwohnerentwicklung

Von der Beurkundung an über 200-300 Seelen um 1350 und die Zahl 119 im Jahre 1516 entwickelte sich die Einwohnerzahl bis auf 768 Deutsche. Davon sind 474 Erwachsene, 73 Jugendliche und 221 Kinder (Zählung des ev. Pfarramtes Ende 1965). Die Wende von 1989 läutete eine Abwanderungslawine der Deutschen ein. Heute leben in Wurmloch ein halbes Dutzend Deutsche bei einer Gesamteinwohnerzahl von 2035 (www.ecomunitate.ro/valea-viilor).

Zum Schulwesen ist einiges überliefert:

1764 wird festgelegt, dass niemand in die Bruderschaft aufgenommen werden darf, der nicht lesen kann. Der Betreffende muss weiter „sub legea scholastica“ bleiben, bis er es kann.

1869, vom 19. bis 26. September, fand auf Einladung und unter Leitung des Pfarrers Dr. Franz Obert der erste evangelisch-sächsische Lehrerfortbildungskurs in Wurmloch statt, an dem 58 Lehrer teilnahmen.

1823 wurde eine Mädchenschule gebaut.

1828 wurde ein Knabenschulgebäude im Tausch erworben.

1860-1862 wurde ein zusätzliches Schulgebäude errichtet, in dem Mädchen und Knaben gemeinsam unterrichtet wurden. In diesem Gebäude war bis 1948 die evangelische Volksschule untergebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Schule verstaatlicht und von der Kirche getrennt. Die deutsche und rumänische Sektion wurden zusammengelegt. Seit dem Umsturz und der Aussiedlung findet kein deutschsprachiger Unterricht mehr statt.

Zur Wirtschaftslage der Gemeinde Wurmloch

Der rumänische Name von Wurmloch war bis 1964 Vorumloc und seither Valea Viilor. Seine Lage 316 m über dem Meeresspiegel, von sanften Bergen umgeben, begünstigt gerade an den Südhängen den Weinbau. Leider brachte der misslungene Sozialismus die schleichende Herabwirtschaftung des Weinbaus mit sich und die Wende 1989 gab ihm den Rest. Anlässlich des Besuches des Kulturministers Răzvan Theodorescu schrieb die Zeitschrift Tribuna Culturală am 28. März 2002, dass die wunderbaren Weine von der Großen Kokel gleichzeitig mit dem Wegziehen der Sachsen verschwunden sind.

1999 wurde die Kirchenburg von Wurmloch in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen. Es wurde eine Briefmarke mit dem Abbild der Wurmlocher Kirchenburg herausgebracht.

Die Kirchenburg in Wurmloch hat dank ihrer Berühmtheit regen Besuch aus dem In- und Ausland. Zu diesem Zwecke wurde im ehemaligen Chorprobenraum ein Museum eingerichtet. Hier gibt es Fotos im Großformat von Trachten, Sitten und Bräuchen aus Wurmloch, die von Mathias Seiwerth zur Verfügung gestellt wurden. Zusammen mit den Sinnsprüchen finden die Exponate großen Anklang bei den etwa 1500 jährlichen Besuchern der Kirchenburg.

HOG Wurmloch

Die HOG Wurmloch hatte ihr erstes Treffen im Jahr 1984 in Göppingen. Beim Wurmlocher Treffen 1990 in Drabenderhöhe wurde Mathias Seiwerth zum 1. Vorstandsvorsitzenden gewählt.

Anfang 2000 hat die HOG im Pfarrhaus ein Gästehaus eingerichtet. Es besteht aus zwei großen und einem kleineren Zimmer mit insgesamt 14 Betten, einer modern ausgestatteten Küche und zwei Dusch- und Toilettenräumen. Anfangs betreute ein rumänisches Ehepaar das Haus. 2007 wurde das Gästehaus dem Bezirkskonsistorium übergeben.

Im August 2005 feierte Wurmloch 700 Jahre seines Bestehens in der alten Heimat mit etwa 30 Besuchern aus Deutschland zusammen mit den rumänischen Bewohnern. Es war eine gut organisierte und gelungene Feier. Das 8. Treffen und die Feier in Deutschland fanden zwei Wochen später in Mosbach statt.

Das 10. Wurmlocher Treffen findet am 25. Juni 2011 wie 2008 in Sontheim an der Brenz statt. Die gleichen Organisatoren sorgen für das Gelingen der diesjährigen Jubiläumsfeier ebenso wie die hoffentlich vielen Wurmlocher Teilnehmer. Das fertig gestellte Heimatbuch kann auch ohne Vorbestellung erworben werden. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen.

Erika Maurer, Mathias Seiwerth

Schlagwörter: HOG-Nachrichten, Wurmloch

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  • 20.09.2011, 10:34 Uhr von makroma: Die Infragestellung ist berechtigt. Leider kamen in diesem Artikel die gegensätzlichen Aussagen, ... [weiter]
  • 27.08.2011, 11:52 Uhr von der Ijel: Da liegt ein Wurm drin „Urm“ = Schlange und „Loh“= Wald zu „Schlangenwald“ zusammen. Von den ... [weiter]

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