18. Juni 2012

Reparatur der Meschner Orgel

1870 hatte Meschen etwa 1100 evangelische Einwohner, verteilt auf 340 Höfe. An Feiertagen besuchten über 900 Seelen den Gottesdienst, aber auch sonst war der Kirchgang fester Bestandteil des Lebens. Die Kirche und der Glaube gaben Kraft und Orientierung im harten bäuerlichen Alltag. So ist auch zu erklären, dass für die Kirche viele Opfer gebracht wurden.
In der Amtszeit des Pfarrers Friedrich Josephi und des Kurators und Organisten Johann Albrecht fiel die Entscheidung, eine neue Orgel für die Meschner Kirche anzuschaffen. Hierfür wurde eine besondere Orgel ausgesucht, welche als Beispiel hoher Orgelbaukunst auf der Weltausstellung in Wien 1873 gezeigt wurde. Der Kaufpreis von 9800 Gulden war eine sehr hohe Summe in einer Zeit, als der Meschner Schulrektor pro Jahr 201 Gulden verdiente. Nach Kaufkraft umgerechnet, entspricht der Preis der Orgel mindestens 500000 Euro. Die Hesse-Orgel begleitete treu den Gottesdienst vieler Generationen, füllte das Kirchenschiff mit jubilierenden Trillern und ergreifenden Bässen.

Anfang der 1990er Jahre verstummte die Orgel, der Gottesdienst wurde immer öfter im Pfarrhaus abgehalten – die Gemeindemitglieder wohnen inzwischen fast vollständig in Deutschland. Diese Jahre, in denen die Orgel nicht gespielt wurde, dazu der Baustellenbetrieb der zwischenzeitlich begonnenen Kirchensanierung, setzten der komplizierten Technik zu. Nagetiere, nicht gestört durch regelmäßiges Spielen, fraßen sich durch Teile der Lederauskleidung und der Windlagen – durch Falschluft und Undichtigkeiten wurde die Orgel binnen 20 Jahren unbespielbar.

Nach etwa 15 Jahren Konsolidierungs- und Renovierungsarbeiten konnte anlässlich des Treffens in der alten Heimat zu Pfingsten 2011 wieder ein Gottesdienst in der Meschner Kirche gefeiert werden. Musikalisch begleitet wurde der Gottesdienst an einer von der Mediascher Kantorin mitgebrachten elektronischen Orgel. In diesem Augenblick verfestigte sich der Wunsch, die seit einigen Jahren beschlossene Orgelreparatur in Angriff zu nehmen. Nach Abschluss der Bauarbeiten im Kircheninnern sind die Bedingungen für eine Instandsetzung der Orgel nun gegeben.
Meschner Orgel im Juni 2011. Foto: H. Schneider ...
Meschner Orgel im Juni 2011. Foto: H. Schneider
Dem 2008 in der Mitgliederversammlung der Siebenbürger Nachbarschaft Meschen e.V. (SNM e. V.) gefassten Beschluss, sich an einer Orgelsanierung maßgeblich zu beteiligen, lag eine Kostenschätzung von ca. 6000 Euro zugrunde. Eine vor wenigen Wochen stattgefundene detaillierte Sachverständigenprüfung führte jedoch zu einem verbindlichen Angebot von 18000 Euro für die Reparatur und Stimmung der Orgel.

Da die neuen Zahlen die Grundlage des Beschlusses von 2008 geändert haben, wurde das Thema in der Mitgliederversammlung der SNM e.V. vom 5. Mai 2012 erneut erörtert. Nach einer langen, auch kontroversen Diskussion wurde beschlossen, sich an der Reparatur der Orgel zu beteiligen. Da nicht mehr Geld ausgegeben werden kann als vorhanden ist und laufenden regelmäßigen Verpflichtungen des Vereines weiter nachgekommen werden muss, wurde die aus der Kasse der SNM e.V. zu leistende Auftragssumme auf 7000 Euro begrenzt.

Mit dieser Summe können die Arbeiten, die etwa vier bis sechs Monate dauern sollen, begonnen werden. Es ist klar, dass diese Summe durch Spenden erhöht werden kann – ja muss!

Auf die Frage, für wen die Orgel wieder spielen soll, ob sich ein so hoher finanzieller Einsatz lohnt, kann man nicht mit einer kaufmännischen Kosten-Nutzen-Rechnung antworten. In Meschen wird regelmäßig Gottesdienst gefeiert, der Pfarrer kommt aus Mediasch in Begleitung einer Organistin, welche die Lieder dann an der schönen Hesse-Orgel begleiten wird, wie es seinerzeit von Pfarrer Josephi und Organist Johann Albrecht angedacht war. Einige unter uns werden noch Gelegenheit haben, sich am Wohlklang der ehrwürdigen Orgel in der Meschner Kirche zu erfreuen.

Die aufwändige und sehr teure Sanierung der Kirchenburg und Kirche haben andere – die Weltbank, ein englischer Verein, der rumänische Staat – bezahlt. Die kleine verbliebene Kirchengemeinde in Meschen hat mit Kost und Logis für die Bauarbeiter über viele Jahre hinweg ihren Teil dazu beigetragen.

Wir leben jetzt in Deutschland, meistens in guten, gesicherten Verhältnissen, wir nennen uns Meschner, fühlen uns als Meschner und sind stolz darauf, Meschner zu sein. Wir wollen ein Zeichen setzen und der Gemeinschaft, welche uns geprägt und behütet hat, etwas zurückgeben. Unsere Vorfahren schenkten uns vor 140 Jahren eine Orgel – wir müssen sie pflegen, damit sich weiterhin Meschner und Besucher daran erfreuen können.

Für weitere Informationen stehen die Verantwortlichen beim nächsten Meschner Treffen zur Verfügung. Es findet am Samstag, dem 29. September 2012, im Kurhaus in Bad Rappenau statt und beginnt um 11.00 Uhr mit einem Gottesdienst in der evangelischen Kirche Bad Rappenau, Kirchplatz 3. Weitere Informationen und Berichte über den Verlauf der Reparaturarbeiten werden zeitnah auf der Meschner Homepage veröffentlicht unter www.meschen.de. Der Vorstand der SNM e. V.

Hugo Schneider

Schlagwörter: Meschen, Orgeln, Reparatur

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