7. Dezember 2014

Ehre, wem Ehre gebührt!

Sind es die Gene, die vorbestimmen, wie man sich im Leben verhält, oder sind es die äußeren Umstände, der Einfluss der Umwelt oder Idole, denen man nacheifert?
Ursula Tobias, geborene Scholtes, und Christl Preu, geborene Scholtes, sind Cousinen. Ihre Väter waren Brüder und führten erfolgreich die elterliche Seifensiederei in Bistritz, der eine als Hersteller, der andere als Vertreiber der guten Ware. Beide Frauen wurden in Bistritz geboren: Christl 1931 und Ursula 1934. Fast wie Schwestern wuchsen sie in der Großfamilie auf. Sie erlebten eine unbekümmerte, sorgenfreie Kindheit dank des Wohlstands der erfolgreichen Großfamilie, seit Generationen Seifensieder. Mitten im Zentrum der mittelalterlichen, verträumten Kleinstadt Bistritz und in den wunderbaren Obstgärten am Burgberg spielte sich das Leben der Cousinen ab.

Brutal änderte sich diese Idylle im September 1944. Die Evakuierung, die zu einer Flucht aus dem gutbürgerlichen, siebenbürgischen Leben wurde, veränderte alles. Die Großfamilie war zerrissen. Für Ursulas Familie begann eine Odyssee durch ganz Deutschland mit Stationen in Dresden, Rosenheim, Düsseldorf, nach der Heirat Frankfurt am Main. Ursula wurde zur Erzieherin ausgebildet und engagierte sich schon in den 50er Jahren ehrenamtlich in der Jugendarbeit der Siebenbürger Sachsen.
Christl Preu (links) und Ursula Tobias. Foto: ...
Christl Preu (links) und Ursula Tobias. Foto: Helgard Hadeler
Christl gelangte mit ihrer Mutter und dem kleinen Bruder über Niederschlesien nach Hamburg zu der Familie, deren Sohn im Rahmen der Kinderlandverschickung ein Jahr vorher bei Scholtes in Bistritz Unterkunft gefunden hatte. Doch lange konnten sie auch dort wegen dem großen Flüchtlingsstrom aus dem Osten nicht bleiben. Sie besuchte später in Düsseldorf die Höhere Handelsschule, doch die Heirat mit ihrem Mann, einem Mathematik- und Physiklehrer, veränderte ihr Leben. Der Aufenthalt in Helsinki, doch insbesondere der in Mexiko forderte sie ehrenamtlich. Für die Slumschule in Mexiko hat sie vor Ort vier Jahre lang und danach aus Deutschland noch 26 Jahre lang ehrenamtlich zusammen mit anderen Frauen gewirkt. Nicht unerwähnt sollte das Engagement der beiden Cousinen für ihre Landsleute in Bistritz, Sächsisch-Regen und Hermannstadt bleiben. Das Aufzählen aller Verdienste würde hier den Rahmen sprengen.

Im April 2014 erhielt Christl Preu das „Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste von im Ehrenamt tätigen Frauen und Männern“, im Oktober 2014 wurde Ursula Tobias mit dem „Bundesverdienstkreuz am Bande“ (diese Zeitung berichtete) ausgezeichnet.

Zwei siebenbürgische Frauen haben ein Leben lang nicht nur an sich und ihre enge Familie gedacht, sondern sich für das Wohl ihrer Landsleute und für das Wohl von Menschen, die insbesondere die Schattenseiten dieses Lebens erfahren mussten, engagiert. Der Vorstand der HOG Bistritz-Nösen gratuliert und ist stolz. Ehre, wem Ehre gebührt!

Schlagwörter: Bistritz, Frauen, Ehrungen

Bewerten:

15 Bewertungen: ++

Noch keine Kommmentare zum Artikel.

Zum Kommentieren loggen Sie sich bitte in dem LogIn-Feld oben ein oder registrieren Sie sich. Die Kommentarfunktion ist nur für registrierte Premiumbenutzer (Verbandsmitglieder) freigeschaltet.