11. Juni 2010

Antje Berberich zum 70.: Wie lebendig das Archivieren doch sein kann ...

"Stühle" nannte sie eine ihrer Ausstellungen. Da hingen im Jahr 2003 wohl hundert oder mehr Sitzmöbel aller Arten und verschiedensten Alters an den Fassaden und in den Hauseingängen und waren ergötzlich anzusehen. Die Aktion gestartet und verwirklicht hatte Antje Berberich, seit 1994 Leiterin des Stadtarchivs in Ebersberg (Oberbayern).
Mit viel Spaß an der Sache regiert sie in den geräumigen „Oberstübchen“ des uralten Rathauses im Zentrum der Kreisstadt. Wie viele Ausstellungen sie inzwischen in den Gängen und Aufgängen sowie an anderen Orten gestaltet und betreut hat? Einige Dutzend, jedenfalls viele, und alle gut besucht.

Geboren am 21. Mai 1940 in Kronstadt als Tochter des Schauspielers Ernst Kraus und aufgewachsen in Siebenbürgen – in ihren Jugenderinnerungen ist oft von der Seewald’schen Mühle die Rede –, kam die stets auf das Entdecken ausgerichtete, kunstliebende Frau 1976 nach Ebersberg und hat hier eine zweite Heimat gefunden. 1980 heiratet sie Dieter Berberich, den Baureferenten im Landratsamt und späteren Stadtrat. Als Bibliothekarin der Stadtbücherei tritt sie immer wieder mit Ideen auf den Plan, die bei ihr nur so sprudeln und meistens auch realisierbar sind. Nun archiviert sie einfach alles, was für die Stadt von Bezug und Bedeutung ist: Handschriften, Fotos, die alten „Holzbücher“, die Werke heimischer, oft zu Unrecht in Vergessenheit geratener Künstler. So entstehen dann Ausstellungen am laufenden Band.

Antje Krauss-Berberich ...
Antje Krauss-Berberich
Ganz besondere Erwähnung verdient hier die im Frühjahr/Sommer 2007 im Ebersberger Rathaus dargebotene Ausstellung über Rumänien, die Siebenbürger Sachsen und deren Volksgut. 20 vom Donauschwäbischen Institut aus Ulm ­bereitgestellte Großtafeln waren ausgestellt, ­umrankt von Tisch- und Schrankvitrinen mit wertvollen Leihgaben vorwiegend von siebenbürgischen Landsleuten, die in Ebersberg und Umgebung leben: Trachtenstücke wie Spangengürtel und Bockelnadeln, Gebrauchs- und Zierkeramik, Kleinmöbel sowie Bilder und Bücher. Ein geordnetes Mosaik. Genutzt wurde hierfür auch ein zeitweise leer stehender Raum im Eingangsgewölbe des Rathauses, dessen Riesenfenster monatelang bis spät in die Nacht ­beleuchtet waren. Natürlich wurde auf Hermannstadt, für ein Jahr europäische Kulturhauptstadt, gebührend hingewiesen, aber auch Kronstadt und das Burzenland waren mit einem Videofilm, der auf Knopfdruck vom Bildschirm lief, präsent.

Nicht nur für diese einmalige Leistung gelang und gelingt es Antje Berberich immer wieder, ihre Landsleute in und um Ebersberg zur Mithilfe zu motivieren. Seit es hier die eigenständige Kreisgruppe des Verbandes der Siebenbürger Sachsen gibt, wirkt sie als Kulturreferentin im Vorstand mit.

„Durch das Einbringen siebenbürgisch-sächsischer Veranstaltungen in die lokale und regionale Kulturlandschaft wirkt Antje vorbildlich. Sie zeigt dabei niveauvolle Wege auf. Bei unseren Tagungen kann sie aus ihrem Erfahrungsschatz wertvolle Informationen weitergeben.“ Dies bescheinigte ihr die Landeskulturreferentin für Bayern und stellvertretende Bundesvorsitzende Doris Hutter. Lob kommt auch vom Bürgermeister der Stadt Ebersberg, Walter Brilmayer: „Wir sind sehr froh, dass wir sie haben.“ Somit war es auch durchaus verdient, dass Antje Berberich für den diesjährigen Tassilo-Kulturpreis der Regionalausgaben der Süddeutschen Zeitung nominiert wurde.

Obwohl sie längst schon im Ruhestand sein könnte, denkt sie nicht ans Aufhören. Das würde nicht zu ihr passen. Weitermachen will sie, haupt- und ehrenamtlich, mit dem Temperament eines weiblichen Tausendsassa. Vor einigen Jahren ist sie mit ihrem Ehemann und einer Gruppe von Entdeckern durch die Bukowina und durch Siebenbürgen geradelt. Oft und gerne bereist sie die alte Heimat und natürlich auch andere schöne Flecken der Welt.

Viel Glück und viel Ehren zu ihrem 70. Geburtstag. Möge ihr noch manch ein guter Einfall, manch eine originelle Ausstellung gelingen, um der guten Sache willen, zur Freude eines zahlreichen Publikums und zum eigenen Spaß.

Ewalt Zweyer

Schlagwörter: Kultur, Archivar

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