13. September 2019

Unvergesslich ausdrucksvoll: Die Puppenspielerin Lilly Krauss-Kalmár ist tot

Schon 1945-1946 habe sie mit ihrer Mutter, Rozsi Krauss, privat Puppentheater in ungarischer und in deutscher Sprache in Kindergärten und Schulen in Hermannstadt gespielt. Vater Krauss habe die Puppen modelliert und ihnen Kostüme geschneidert. Daran erinnerte sich die 1923 in Budapest als Livia Carolina Krauss geborene Puppenspielerin, Regisseurin und Autorin, die unter dem Namen Lilly Krauss-Kalmár in die Geschichte des Hermannstädter Puppentheaters eingegangen ist, oft und gerne. Am 1. September ist sie im Dr. Carl Wolff-Altenheim verstorben.
Mit ihrer Mutter nahm sie auch gerne an den Leseabenden des Heinrich Heine-Literaturkreises teil, den es in den 1950er Jahren in Hermannstadt gegeben hat, schreibt Joachim Wittstock in seinem Geleitwort zu dem Buch „Das Zauberpferd/Calul fermecat“, ein Sammelband mit Puppenspiel- und Theaterstücken der inzwischen Verstorbenen, 2010 im Honterus-Verlag erschienen, mit finanzieller Unterstützung des Generalkonsulats der Bundesrepublik Deutschland in Hermannstadt und des Demokratischen Forums der Deutschen in Hermannstadt. Dabei hätte sich gezeigt, wie Wittstock schreibt, „dass Lilly ausdrucksvoll Gedichte vortragen konnte, eine Gabe, die auch bei öffentlichen Veranstaltungen des Literaturkreises zur Geltung kam“.
Lilly Krauss-Kalmár, aufgenommen in ihrer ...
Lilly Krauss-Kalmár, aufgenommen in ihrer Hermanstädter Wohnung im April 2011. Foto: Konrad Klein
Die Familie war 1926 nach Hermannstadt übersiedelt, wo Lilly das deutsche Mädchenlyzeum in der Seilergasse/Banatului besuchte.

Das Hermannstädter Puppentheater wurde 1949 – damals unter dem Namen „Licurici“ (Glühwürmchen) als subventionierte Einrichtung des Staatstheaters – keinesfalls aus dem Nichts heraus gegründet. Schon 1947 hatten drei Frauen, Ilse Neumann, Hedda Göckel und Hedwig Szaunig, die Idee, ein Puppentheater zu gründen. 1948 führten sie gemeinsam im Musikvereinssaal (heute Hermania-Restaurant) Auf der Kleinen Erde (heute Filarmonicii) zwei Kasperlestücke auf.

Die drei Frauen seien ihre Vorbilder in Sachen Puppentheater gewesen, sagte Lilly Krauss-Kalmár in einem Gespräch mit der Hermannstädter Zeitung anlässlich ihres 90. Geburtstags am 4. Dezember 2013. Sie selbst war 1956 zum Puppentheater gekommen und debütierte 1963 als Regisseurin mit der Inszenierung des Stücks „Was liest Fritz?“ von Karlheinz Wegener. Sie erinnert sich: „Es war eine romantische Zeit, mit abenteuerlichen Ausfahrten, es herrschte Aufbruchstimmung.“
Ein Herz und eine Seele: Lilly Krauss-Kalmár mit ...
Ein Herz und eine Seele: Lilly Krauss-Kalmár mit ihrem Mann, dem Publizisten Zoltán Kalmár (geb. 1924), mit dem sie seit 1978 glücklich verheiratet war. Foto: Konrad Klein
Das Stück hat Lilly Krauss-Kalmár dann in der Spielzeit 2002/2003 unter dem Titel „Die kleinen Detektive“ wieder aufgenommen. Ihr zugkräftigstes Stück waren und sind die „Bremer Stadtmusikanten“, nach dem gleichnamigen Märchen der Brüder Grimm. Diese Inszenierung gehört auch heute noch in das Repertoire des Gong-Theaters für Kinder und Jugendliche, wie sich die Folge-Einrichtung des Puppentheaters nennt.

Neben ihrer beruflichen Tätigkeit unterrichtete sie von 1969 bis 1976 Puppenspielkunst an der Volkskunstschule. 1981 erteilte ihr das „Ministerium für Kultur und Sozialistische Erziehung“ den Auftrag, in Khartum im Sudan am Institut für Theater und Musik Puppenspielkunst zu unterrichten. 1977 trat sie in den Ruhestand, aber sie blieb bis zuletzt aktiv an den Geschicken des Puppentheaters beteiligt. Und sie vermittelte Wissen an potentiellen Nachwuchs: So holte sie 1990 der damalige Direktor Gerold Hermann ans Pädagogische Lyzeum, wo sie Puppenkonstruktion, Puppenspiel und Puppenführung unterrichtete.
Lilly Krauss-Kalmár am Eingang zu ihrer Wohnung ...
Lilly Krauss-Kalmár am Eingang zu ihrer Wohnung in der Irrenhausgasse/Str. Dr. Bagdazar (2010). Foto: Konrad Klein
1993 wurde sie zurückgerufen, um die Leitung der deutschen Abteilung zu übernehmen und feierte am 20. April 1995 ihr Comeback als Regisseurin und Puppenspielerin mit der Inszenierung des Grimms-Märchens „Der Froschkönig“. Zuletzt inszenierte sie hier „Zauber, Zaubereien“ von Marin Sorescu und „Der glückliche Prinz“ von Oscar Wilde. Im Jahr 2000 wurde sie von dem Rumänischen Theaterverband (UNITER) mit dem Exzellenzpreis für ihre gesamte Tätigkeit ausgezeichnet.

Beatrice Ungar

(Nachdruck aus der Hermannstädter Zeitung)

Link:

Porträts von Menschen in Hermannstadt, SbZ Online vom 22. Januar 2011

Schlagwörter: Kultur, Hermannstadt, Puppentheater, Kinderbuch

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