7. April 2020

Oberbürgermeister Christoph Hammer: "Das allumspannende Ziel muss das friedliche Miteinander sein"

Dr. Christoph Hammer, Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Dinkelsbühl, wurde schon beim ersten Wahlgang am 15. März 2020 mit 59 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Dieses Amt hat der CSU-Politiker seit November 2003 inne. 16 Mal hat er die Festansprache zur Eröffnung des Heimattages der Siebenbürger Sachsen im Schrannenfestsaal gehalten, stets die Amtskette tragend, die das Stadtoberhaupt nur bei herausragenden Ereignissen anlegt. Die Siebenbürger Sachsen hat er längst in sein Herz geschlossen, ist ihr Freund geworden und würdigt immer wieder ihren besonderen Beitrag für die Entwicklung der Stadt Dinkelsbühl sowie eine europäische Friedenspolitik. Der 70. Heimattag wurde um ein Jahr verschoben und soll erst zu Pfingsten 2021 in Dinkelsbühl stattfinden. Was hat der wiedergewählte Oberbürgermeister den Siebenbürger Sachsen statt einer Festansprache beim Heimattag zu sagen, welche Ziele hat er sich gesetzt und welche Herausforderungen hat die Stadt in der Corona-Krise zu bewältigen? Das folgende Interview mit Dr. Christoph Hammer führte Siegbert Bruss.
Sehr geehrter Herr Dr. Hammer, herzlichen Glückwunsch! Was bedeutet diese Wiederwahl für Sie?

Ich habe mich zunächst einmal unheimlich über das Wahlergebnis gefreut. Viele Bürger können die Anspannung, die wir Politiker vor einer Wahl haben, nicht nachvollziehen. Für Sie gehört eine Wahl oder auch Nichtwahl natürlich als selbstverständliche Säule der Demokratie einfach dazu, mit der wir Politiker uns eben abzufinden haben. Dies ist sicherlich richtig. Trotzdem würden wohl viele Mitmenschen es als sehr belastend empfinden, wenn in einem sechsjährigen Rhythmus immer wieder aufs Neue entschieden würde, ob sie weiterhin ihren Beruf ausüben dürfen. Auch deswegen, insbesondere weil in den letzten 16 Jahren, in welchen ich als Oberbürgermeister die Geschicke der Stadt Dinkelsbühl mitbegleiten durfte, diese zu meinem absoluten Lebensmittelpunkt geworden ist, war die Erleichterung am Wahlabend sehr groß. Das Wahlergebnis, insbesondere wegen seiner klaren Mehrheit, habe ich auch als Bestätigung meiner kommunalpolitischen Arbeit und der getroffenen Weichenstellungen empfunden. Wenn man ein solches „Lob“ bekommt, freut man sich sehr und schöpft daraus auch die Kraft und die Energie, um die zukünftigen Herausforderungen anzupacken.
Über den Dächern der Stadt Dinkelsbühl: ...
Über den Dächern der Stadt Dinkelsbühl: Oberbürgermeister Dr. Christoph Hammer und Nora Engelhard (CSU), die bei der Kommunalwahl von allen Stadträten das beste Ergebnis erzielte und damit gute Aussichten auf die Wahl zur Bürgermeisterin hat. Sie ist eine erklärte Freundin der Siebenbürger Sachsen. Foto: Selfie Christoph Hammer
Welche Ziele haben Sie sich für die nächste sechsjährige Amtszeit gesetzt?

Hätten Sie mir diese Frage vor einem halben Jahr gestellt, hätte ich Ihnen als wichtige Ziele die Weiterentwicklung der prosperierenden Wirtschaft genannt, den Bau von Kindergärten, Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen, die Schaffung von Wohnraum, insbesondere auch des sozial geförderten, den Erhalt und weiteren Ausbau unseres Krankenhauses sowie die Erweiterung des Angebotes an Pflegeplätzen, den kulturellen Austausch, die Sanierungen unseres Münsters und der Stadtmauer, die Einrichtung eines generationenübergreifenden Kulturhauses im Spitalhof, die Verbesserung unserer Infrastruktur, wie z.B. durch den Bau der Umgehungsstraße und die Wiederinbetriebnahme der Bahnlinie und vieles mehr.
Heute sage ich: Wir müssen alles dafür tun, dass wir gemeinsam die Korona-Krise meistern. Auch wenn das Virus derzeit unser Leben zu bestimmen scheint, darf es nicht dazu führen, dass die vielen positiven Errungenschaften für die Menschheit und unser Zusammenleben verloren gehen oder geopfert werden. Dass die Pandemie uns andererseits aber auch zum Nachdenken über unsere zum Teil ausartende Lebensführung anstößt, ist trotz aller Belastungen vielleicht doch auch ein positiver Nebenaspekt.

Welche konkreten Herausforderungen ergeben sich für die Stadt Dinkelsbühl durch die Coronavirus-Pandemie?

Die Stadt Dinkelsbühl hat in den letzten 15 Jahren einen beinahe beispiellosen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Während die Arbeitslosenzahlen praktisch nicht mehr bemerkbar sind, konnten wir die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse um ca. 40% steigern, die Gewerbesteuereinnahmen haben sich verdreifacht und zahlreiche Betriebe haben erweitert bzw. sich neu in unserer Stadt angesiedelt. Auch unsere siebenbürgischen Freunde haben sicherlich bemerkt, dass im Hotellerie- und Gaststättenbereich erhebliche Erweiterungen bzw. Modernisierungen stattgefunden haben.
Da das Virus nun die heimische Wirtschaft in vielen Bereichen praktisch zum Erliegen gebracht hat, ist die Stadt Dinkelsbühl mit ihrer Bürgerschaft nun ganz besonders von der Krise betroffen. Unser aller Aufgabe muss es nun sein, möglichst viele Betriebe und damit Arbeitsplätze über diese schwierige Zeit zu retten. In einer Sofortmaßnahme habe ich die Sondernutzungsgebühren für den öffentlichen Verkehrsraum für das Jahr 2020 niedergeschlagen und werde dem neugewählten Stadtrat die Nichterhebung der Fremdenverkehrsabgabe für dieses Jahr vorschlagen. Darüber hinaus werden wir auf Antrag die Gewebesteuervorauszahlungen der Betriebe wesentlich reduzieren oder unverzinslich stunden. Damit soll die Liquidität der Wirtschaft erhalten bleiben. Bezüglich der Jugendherberge haben wir bis auf Weiteres die Pachtzahlungen ausgesetzt. Auch haben wir einen digitalen Marktplatz eingerichtet, über welchen über das Internet und mittels eines Lieferservices eingekauft werden kann. Erfreulich ist, dass sich viele Hilfsinitiativen gegründet haben, um Bedürftigen zu unterstützen. Wir rücken in allen Bereichen zusammen. Gemeinsam, und dabei bin ich mir sicher, werden wir auch diese Herausforderung schaffen!

Der 70. Heimattag wurde vom Verband der Siebenbürger Sachsen in Absprache mit der Stadt Dinkelsbühl abgesagt und um ein Jahr bis Pfingsten 2021 verschoben. Welche Botschaft möchten Sie den Siebenbürger Sachsen übermitteln – statt Ihrer traditionellen Festansprache in dem Großen Schrannenfestsaal?

Neben den bereits erwähnten Zielen ist sicherlich der Erhalt unserer Umwelt, das heißt ein Leben möglichst im Einklang mit unserer Natur, eine der wichtigsten Herausforderungen. Wendet man den Blick allerdings einmal von den materiellen Schwerpunkten ab und richtet ihn auf das nicht unbedingt Greifbare, so komme ich für mich zu dem Ergebnis, dass die Art der Lebensgestaltung und der Umgang miteinander das wohl Wesentliche ist. Das allumspannende Ziel muss das friedliche Miteinander sein.
Wie ich auch in meinem Wahlprospekt ausgeführt habe, hat jeder Bürger der Stadt Dinkelsbühl das Anrecht, sich mit seinen Interessen in unserer Sozialgemeinschaft wiederzufinden. Die Aufgabe verantwortlicher Stadtpolitik ist, gleichsam einem Mosaik, die zum Teil sehr unterschiedlichen Ansätze zu einem „runden Großen und Ganzen“ zusammenzufügen. Unser oberstes Ziel muss es sein, das friedliche Zusammenzuleben zu fördern, wie schwierig dessen Realisierung auch sein mag. Dies ist erreichbar, wenn sich alle Akteure am Gebot der christlichen Nächstenliebe orientieren. Diesen erstrebenswerten Zustand beschreibt das russische Märchen „Himmel und Hölle“ aufs Beste. In diesem erklärt der Prophet Elia einem Rabbi den Unterschied zwischen Hölle und Himmel mit einem Gleichnis. „Hölle“ ist gegeben, wenn Menschen mit überlangen Löffeln es nicht schaffen, aus einem gemeinsamen Suppentopf zu essen, da sie nur an sich selbst denken und somit verhungern. Den „Himmel“ dagegen verkörpern Menschen, die sich mit diesen überlangen Löffeln gegenseitig Essen geben. Lassen Sie uns somit trotz der zahlreichen Unterschiede zwischen uns und der unterschiedlichen Lebensmodelle nicht das gemeinsame „Essen“ vergessen.

Der Bundesvorsitzende Rainer Lehni hat sich im Januar 2020 in einem Schreiben an Ministerpräsident Markus Söder dafür stark gemacht, dass die Bahnlinie von Dombühl Richtung Nördlingen reaktiviert wird. Wie bewerten Sie diese Initiative und die Chancen, dass Dinkelsbühl bald wieder mit dem Zug erreichbar sein wird?

Es ist richtig, dass die Wiederinbetriebnahme der Schienenstrecke von Dombühl über Dinkelsbühl nach Nördlingen eine der wichtigsten Infrastrukturmaßnahmen in den nächsten Jahren sein wird. Unser Landrat Dr. Jürgen Ludwig, welcher ebenfalls wiedergewählt worden ist, und ich kämpfen seit mittlerweile sieben Jahren für dieses Projekt. Die gesamte Dinkelsbühler Bürgerschaft steht hier geschlossen hinter uns. Nach zahlreichen Gesprächen auf höchster politischer Ebene und vielen getätigten Planungsvorleistungen sind wir sehr optimistisch, dass in den nächsten Jahren die Schienenreaktivierung umgesetzt sein wird. Wir sind dem Bundesvorsitzenden Rainer Lehni sehr dankbar, dass er sich in der Angelegenheit bei Ministerpräsident Markus Söder eingesetzt hat. Nachdem auch ich wieder als Oberbürgermeister gewählt worden bin, freue ich mich unheimlich auf den Tag, an welchem Rainer, Jürgen und ich zum Pfingstfest der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl mit der Eisenbahn einfahren.

Herzlichen Dank für das Interview und viel Erfolg in allen Ihren Vorhaben!

Schlagwörter: Politik, Dinkelsbühl, Oberbürgermeister, Christoph Hammer

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