25. November 2020

Redakteur, Autor, begeisterter Bergsteiger: Interview mit Manfred Kravatzky, stellvertretender Vorsitzender der Sektion Karpaten des Deutschen Alpenvereins

Manfred Kravatzky ist eines der engagiertesten Mitglieder der Sektion Karpaten mit einem lobenswerten Durchhaltevermögen, das seinesgleichen sucht. Er besetzte mehrere Ämter, ist seit 17 Jahren Mitglied im Vorstand der Sektion und leistete einen großartigen Beitrag in der Öffentlichkeitsarbeit des Vereins und in der Dokumentation der siebenbürgisch-sächsischen Bergsteigeraktivitäten. Das folgende Interview mit ihm führte Reinhold Kraus, Vorsitzender der Sektion Karpaten des DAV.
Manfred Kravatzky
79 Jahre alt
verheiratet mit Christine
Beruf: Bau-Dipl.-Ing.
Wohnhaft: seit 1990 in Deutschland
Geboren in: Kronstadt
Hobbys: in die Berge gehen, symphonische Musik genießen
Lieblingsbeschäftigung außerhalb des Bergsports: Reisen, Lesen
Lieblingstour: kreuz und quer durch das Retezat-Gebirge (in den Südkarpaten)
Lieblingsmotto: Teil dir die Zeit ein, setz Prioritäten, dann hast du für alles Zeit!
Eindruck: dynamisch, entscheidungsfroh, gradlinig, kritisch, immer begeistert im Einsatz, optimistisch



Seit wann gehst du in die Berge, wo und wie hat alles angefangen?

In die Berge gehe ich bewusst und per pedes seit dem Alter von sechs Jahren. Da bin ich mit meiner Mutter und einer Gruppe von Familienfreunden – mein Vater war in Russland – auf den Schuler (bei Kronstadt) gegangen. Ab der Ruia-Wiese hat es geregnet, es war kein Spaß für mich. Doch in den folgenden Jahren bin ich öfters mit meiner Mutter auf den Bucegi, nach Heimkehr von Tata auch mit ihm oder mit meiner zehn Jahre älteren Schwester in die Berge gegangen. Ausschlaggebend war sicher die Schule. Mit Prof. Philippi ging es oft hinaus, auch wenn es nur bis ins Ragado, zum Iepure ging, aber der Königstein war auch drin. Und die Skilager auf der Măgura oder am Clăbucet nicht zu vergessen.

Seit wann bist du Mitglied der Sektion Karpaten und was war der Antrieb, dich aktiv im Verein einzubringen?

Mitglied unseres Vereins bin ich nun seit 29 Jahren. Der Antrieb war der Umgang mit Gleichgesinnten und mit ihnen in die mir damals unbekannten Alpen zu gehen. Aktiv habe ich mich ab 1997 eingebracht, als ich die Gebietsgruppe Freiburg-Südlicher Schwarzwald von Hans-Günter Weiss übernahm. Ich war schon immer überzeugt, dass immer nur nörgeln und krakeelen weniger bringt, als sich aktiv beim Mitgestalten einzubringen, Verantwortung zu übernehmen, für die Gemeinschaft da zu sein.

Welche Ämter hast du in der Sektion Karpaten im Laufe deiner 29-jährigen Mitgliedschaft bekleidet?

Ich stehe seit 23 Jahren der – leider schwächelnden – Gebietsgruppe Freiburg vor, bin seit 17 Jahren im Vorstand der Sektion Karpaten, davon sechs Jahre, von 2003 bis 2009, Vorsitzender. Auf die gemeinsame Initiative von mir und Hans-Günter Weiss – ausgehend von Johannes Kravatzkys Anregung von 1995/1996 – erscheint seit Juni 1997 zwei Mal jährlich – im Juni und Dezember – unser Mitteilungsblatt „Der Berggeist“. Als Hans-Günter aus dem Verein ausschied, trat Kurt Bayer an seine Stelle und seit 2011 mache ich die Redaktion quasi alleine, unterstützt von Petra Maurer und Reinhold Kraus.

Du bist also Redakteur des Informationsblattes „Der Berggeist“ und seit 2007 auch des Jahrbuches der Sektion Karpaten, mit denen die Mitglieder über das Geschehen im Verein informiert und unsere Aktivitäten für die Nachwelt festgehalten werden. Wie viele Ausgaben hast du erstellt? Woher nimmst du die Kraft und Zeit für diese Publikationen?

Beim Berggeist steht nun die 48. Ausgabe an und beim Jahrbuch die 7. (seit 2007) unter meiner Regie. Es heißt, dass du für etwas, was dir Spaß macht – und ich ergänze: was dir sinnvoll erscheint –, immer Zeit hast. Man muss sich bloß die Zeit dafür nehmen!

Du hast bei mehreren Büchern mitgewirkt, als Redakteur oder als Autor. Welche sind diese und was soll der Inhalt dem Leser vermitteln?

Es war im Jahre 2005, als du im Vorstand unseres Vereins den Vorschlag einbrachtest, eine Dokumentation über den „Bergtourismus in Rumänien/Siebenbürgen in der Zeit 1945-1990“ zu erarbeiten und zu veröffentlichen. Bis 2009 geschah recht wenig diesbezüglich. Dann habe ich mich der Sache angenommen, bin aktiv Zeitzeugen angegangen und nachdem ich bei diesen auf ein großes Echo stieß, war ich vom Sinn unseres Unterfangens überzeugt und begeistert. Und so ging es – gemäß meinem Motto von vorhergehender Frage – bis zum gelungenen Ende. Das Buch erschien 2011 und soll dokumentieren, dass das Wandern und der Bergsport auch in widrigen Zeiten von den Siebenbürger Sachsen intensiv ausgeübt wurden. Es sind diese Freizeittätigkeiten, die die Gemeinschaft stärken, die Ausübenden miteinander verschweißen, Freundschaften entstehen lassen. Auf Anfrage aus Kronstadt – vom Direktor des Kreismuseums für Geschichte – übersetzte ich dann dieses Buch gerne ins Rumänische, weil die rumänische Mehrheitsbevölkerung über uns Sachsen auch heute noch herzlich wenig weiß. Es erschien im Jahre 2017 unter dem Titel „Turismul montan după 1945 în Transilvania“. Außer diesen beiden Büchern, an deren Erscheinen ich entscheidend mitgewirkt habe, habe ich im Jahre 2015 – in Zusammenarbeit mit Anselm Roth, der leider 2020 verstorben ist – das Buch „Rumänien – der unbekannte Nachbar“ herausgebracht. Es wurmte mich, dass in Europa über dies wunderbare Land Rumänien so gut wie nichts – außer „Tschauschetzku“ (sic!) – bekannt war. Das Buch ist beim Publikum gut angekommen.

Zusammen mit deiner Frau Christine gehst du gern wandern. Welches sind die positiven Empfindungen dabei?

Den Gedanken freien Lauf zu lassen, den Geist streunen zu lassen, Gottes Schöpfung zu bewundern, den Körper zu fordern, die Natur zu genießen und gesund bleiben.

Welche Erfahrungen würdest du gerne an die jüngere Generation weitergeben?

Bei der Fülle, die das Leben der heutigen Jugend bietet, ist es wichtig, ein – an geistiger und physischer Betätigung – ausgeglichenes Leben zu führen. Es ist erschreckend, wie wenig die heutige Schuljugend – auch gerade in Bayern – in die Berge geführt wird. Auch wir beklagen in unserem Verein die schwache Präsenz der Jugend und dabei ist es doch erwiesen, dass der Bergsport in erheblichem Maße zu der Formung eines gesunden Charakters und Körpers beiträgt. Und der Teil der jüngeren Generation, der aus Siebenbürgen kommt, möge seine Herkunft nicht vergessen!

Was wünscht du der Sektion Karpaten für die Zukunft?

Für die Zukunft wünsch ich unserem Verein weiterhin einen aktiven Vorstand und sektionstreue Mitglieder, die es – wie bisher auch – verstehen, neue Mitglieder zu mobilisieren. Durch unsere Art zu sein – Pflege des Gemeinschaftssinns, das überaus reichhaltige Aktivitätenprogramm, offen für alles Neue – haben wir großen Anklang bei Bergbegeisterten gefunden, was sich als stetige Mehrung unserer Mitgliederzahl äußerte und was auch in Zukunft so bleiben möge. Ein großes Plus unserer Sektion ist, finde ich, unser Jahrbuch in der Tradition des ehemaligen SKV. Darin wird unsere Tätigkeit dokumentiert, einsehbar von der Nachwelt, so wie sich das für einen seriösen Verein ziemt. Und unser Verein sollte – bei all seiner Offenheit für Nicht-Siebenbürger und andere Nationalitäten – nicht vergessen, dass er Teil der siebenbürgisch-sächsischen Gemeinschaft ist, und dies auch weiterhin kundtun wie z.B. als Mitglied des Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturrates.

Schlagwörter: DAV, Sektion Karpaten, Kravatzky, Interview, Kronstadt

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