30. Mai 2022
Jubiläumsausgabe der Kulturwoche Haferland: Interview mit Michael Schmidt
Die zehnte Auflage der Kulturwoche Haferland ist ein besonderes Jubiläum und ein guter Anlass, Rückschau zu halten und nach vorne zu blicken. Eng verbunden mit der Kulturwoche ist der Name Michael Schmidt, Vorsitzender der M&V Schmidt Stiftung. Michael Horst Schmidt, geboren am 20. Juli 1960 in Deutsch-Kreuz, reiste 1981 mit seiner Familie nach Deutschland aus, absolvierte die Technische Universität München als Diplom-Ingenieur, wirkte ehrenamtlich in der siebenbürgisch-sächsischen Jugendarbeit und leitete von 1988-1992 die Kreisgruppe München. Er ist Inhaber einer der größten Unternehmensgruppen im Automobilbereich (Händler und Service) in Rumänien, der MHS Holding, mit Tochtergesellschaften in Rumänien, Deutschland und Österreich und über 1 400 Angestellten. Gemeinsam mit seiner Frau Veronica Schmidt gründete er 2010 die M&V Schmidt Stiftung. Zu ihrem Jubiläum lockt die Kulturwoche Haferland mit einem attraktiven Programm, wie Michael Schmidt im Gespräch mit Siegbert Bruss verrät.
Wie bist du dazu gekommen, dich im Heimatort Deutsch-Kreuz zu engagieren?
Schon 1990 bin ich im Auftrag des Sozialwerks nach Siebenbürgen gegangen. Am 1. März 1990 schlug ich meine Zelte in der Haupt- und Hermannstadt auf. Die ersten Jahre bin ich kaum nach Deutsch-Kreuz gefahren. Ich wollte meinen Heimatort in Erinnerung behalten, so wie ich ihn 1981 verlassen hatte, als ich mit meiner Familie nach Deutschland auswanderte. Ich fuhr oft auf der Nationalstraße Richtung Schäßburg und Neumarkt am Mieresch vorbei an Deutsch-Kreuz, das nicht direkt an der Hauptstraße liegt, und jedes Mal hatte ich Gänsehaut. Als ich im April 2009 erfuhr, dass Peter Maffay das Pfarrhaus in Radeln gekauft hat und dort mit seiner Tabaluga Stiftung aktiv werden will, sprach ich mit meiner Frau – und sie hat mich voll unterstützt in dem Vorhaben, etwas in meinem Heimatort aufzubauen. Zur Einweihung des Hauses am 9. Juli 2011 in Radeln flog ich zusammen mit Emil Hurezeanu, damals Direktor des Fernsehsenders Realitatea TV, mit dem Hubschrauber. Auf dem Rückflug bat ich den Piloten, einen Schwenk über mein Elternhaus zu machen. Als ich von oben sah – auch jetzt kommt mir die Gänsehaut –, dass der Hof von einem halben Meter hohen Gras überwuchert und der Stall baufällig geworden war, reifte in mir der Entschluss, aktiv zu werden. Ich erkundigte mich beim Kirchenbezirk Kronstadt und erwarb das Pfarrhaus in Deutsch-Kreuz. Im September 2011 kam der Kaufvertrag zustande und ich verpflichtete mich, zusätzlich zum vereinbarten Preis auch die Orgel in der Kirche komplett zu überholen.
Die erste Kulturwoche Haferland fand vom 27. Juli bis 4. August 2013 statt. Wie hat sie begonnen, welche Ziele habt ihr euch gesetzt?
Nachdem ich das Pfarrhaus erworben hatte, fuhr ich öfters nach Deutsch-Kreuz und jedes Mal, als Peter Maffay in Radeln war, begrüßte ich ihn. Als er mich ein Jahr im Voraus zum Tag der offenen Tür nach Radeln einlud, kam mir sofort die Idee, unsere Kräfte zu bündeln – ich plante das Pfarrhaus zu renovieren und einzuweihen – und gemeinsam eine Kulturwoche zu veranstalten. Einige Tage später hatte ich auch den Einfall mit dem Haferland, denn in diesem Gebiet zwischen Reps und Schäßburg war das Klima zu rau für den Weinbau und es wurde viel Hafer angebaut. Meine Vorstellung und auch die von Peter Maffay war es, in dieses Kulturfest auch die Mehrheitsbevölkerung einzubeziehen und ihnen die siebenbürgisch-sächsischen Bräuche und Kultur näher zu bringen. Die erste Kulturwoche Haferland war sehr erfolgreich, es kamen zum Beispiel sehr viele Deutsch-Kreuzer, die meisten überhaupt in all den Jahren.
Wie wirkt sich die Kulturwoche auf die Entwicklung der Gemeinden im Haferland aus?
Caroline Fernolend, Vorsitzende der Mihai Eminescu Stiftung, die die Kulturwoche Haferland jedes Mal aktiv mitgestaltet, gab einmal im Gespräch mit Peter Maffay und mir zu bedenken, wir würden „alles aufwirbeln“, während sie dann das ganze Jahr über mit den Problemen vor Ort bleiben würde. Diese Aussage ist sicherlich zutreffend, aber lieber verursachen wir Wirbel, statt dass die Region stillsteht oder vergessen wird. So war zum Beispiel der Botschafter Israels schon drei Mal unser Gast und er hat bestimmt auch dazu beigetragen, dass sich der Erfolg der Kulturwoche Haferland herumgesprochen hat. In Deutsch-Kreuz gab es am Anfang vielleicht zehn Betten als Übernachtungsmöglichkeit, jetzt sind es 150. Die Pensionen von Reps bis Keisd wachsen wie die Pilze nach dem Regen. Die Kulturwoche hat meines Erachtens bewirkt, dass die Region bekannter gemacht und auch besucht wird. Ich suche zum Beispiel einen jungen Manager und andere Mitarbeiter im Bereich der Gastronomie und Hotellerie für die Pension in Deutsch-Kreuz. Ich ermutige junge Leute, die sich vielleicht eine Auszeit von ein bis zwei Jahren nehmen wollen, diese Chancen wahrzunehmen. Die Arbeitsbedingungen sind fast so gut wie jene in Deutschland. Die Lebensqualität, vor allem im städtischen Bereich, gleicht sich immer mehr dem Westen an.
Welche Höhepunkte bietet die Kulturwoche Haferland in diesem Jahr?
Jedes Jahr haben wir ein Motto und diesmal ist es die Bildung. Denn Bildung ist das wohl wichtigste Element einer Gemeinschaft, und die Siebenbürger Sachsen waren dabei führend. Wir haben nachgeforscht: In Deutsch-Kreuz gab es das älteste Dorfschulgesetz.
Unter der Schirmherrschaft von Staatspräsident Klaus Johannis, den wir zum dritten Mal erwarten, wird es in zehn Ortschaften klassische und Blasmusik-Konzerte in den Kirchenburgen, Bälle, Tanzdarbietungen und vieles mehr geben. Veronica Schmidt wird ein Märchenbuch für Kinder vorstellen, das sie zusammen mit unserer Tochter Ann-Kathrin geschrieben hat. Zahlreiche Botschafter und andere geladene Gäste haben ihre Teilnahme zugesagt, darunter der deutsche Botschafter in Bukarest, Peer Gebauer, die rumänische Botschaftern in Berlin, Adriana Stănescu u.a. Im Rahmen der Kulturwoche wird das Rumänisch-Deutsche Forum wieder tagen, diesmal zum Schwerpunktthema 30 Jahre deutsch-rumänischer Freundschaftsvertrag. Mit diesem Jubiläum hoffen wir, viele Gäste aus der Politik anzusprechen.
Wir freuen uns, dass das Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen seit diesem Jahr Kooperationspartner der Kulturwoche ist. Letztes Jahr war eine Delegation des Kulturwerks hier, es hat ihnen sehr gut gefallen. Das Kulturwerk hilft uns, jugendliche Gruppen in Bayern zu gewinnen, die das Programm aktiv mitgestalten.
Welche sozialen und bildungspolitischen Akzente setzt die M&V Schmidt Stiftung?
Wir unterstützen alles, was mit siebenbürgisch-sächsischer Kultur und Bildung zu tun hat. Im Rahmen der Kulturwoche wird z.B. die junge Autorin Adina Lucia Nistor ihr Buch über das Leben der Siebenbürger Sachsen im Unterwalt präsentieren, das von unserer Stiftung gefördert wurde. Zudem unterstützen wir die deutschsprachigen Schulen, indem wir Stipendien an junge Studenten und Studentinnen vergeben, damit sie Deutsch als Muttersprache lernen und lehren. Wir verpflichten sie auch, mindestens drei Jahre danach im Lehramt tätig zu sein. Stipendien erhalten auch Theologiestudenten, um sie zusätzlich für das Pfarramt zu motivieren. Seit 2012 haben wir 350 Stipendien vergeben.
In der Denkmalpflege werden wir oft tätig, zwar nicht mit hohen Summen, aber um dringende Vorhaben– anders als staatliche Behörden – schnell und unbürokratisch zu unterstützen. Ich bringe über 200.000 Euro jährlich ein, um die Projekte der Stiftungen zu ermöglichen.
Im sozialen Bereich sind die Flüchtlinge aus der Ukraine zu erwähnen, die wir vor Kurzem in der Casa Kraus in Deutsch-Kreuz aufgenommen haben, nicht im Daueraufenthalt, sondern im Transit. Die Nachfrage ist inzwischen abgeflacht, da die Flüchtlingsströme vermutlich andere Wege eingeschlagen haben.
Danke für das Gespräch und viel Erfolg in euren Vorhaben!
Schon 1990 bin ich im Auftrag des Sozialwerks nach Siebenbürgen gegangen. Am 1. März 1990 schlug ich meine Zelte in der Haupt- und Hermannstadt auf. Die ersten Jahre bin ich kaum nach Deutsch-Kreuz gefahren. Ich wollte meinen Heimatort in Erinnerung behalten, so wie ich ihn 1981 verlassen hatte, als ich mit meiner Familie nach Deutschland auswanderte. Ich fuhr oft auf der Nationalstraße Richtung Schäßburg und Neumarkt am Mieresch vorbei an Deutsch-Kreuz, das nicht direkt an der Hauptstraße liegt, und jedes Mal hatte ich Gänsehaut. Als ich im April 2009 erfuhr, dass Peter Maffay das Pfarrhaus in Radeln gekauft hat und dort mit seiner Tabaluga Stiftung aktiv werden will, sprach ich mit meiner Frau – und sie hat mich voll unterstützt in dem Vorhaben, etwas in meinem Heimatort aufzubauen. Zur Einweihung des Hauses am 9. Juli 2011 in Radeln flog ich zusammen mit Emil Hurezeanu, damals Direktor des Fernsehsenders Realitatea TV, mit dem Hubschrauber. Auf dem Rückflug bat ich den Piloten, einen Schwenk über mein Elternhaus zu machen. Als ich von oben sah – auch jetzt kommt mir die Gänsehaut –, dass der Hof von einem halben Meter hohen Gras überwuchert und der Stall baufällig geworden war, reifte in mir der Entschluss, aktiv zu werden. Ich erkundigte mich beim Kirchenbezirk Kronstadt und erwarb das Pfarrhaus in Deutsch-Kreuz. Im September 2011 kam der Kaufvertrag zustande und ich verpflichtete mich, zusätzlich zum vereinbarten Preis auch die Orgel in der Kirche komplett zu überholen.
Die erste Kulturwoche Haferland fand vom 27. Juli bis 4. August 2013 statt. Wie hat sie begonnen, welche Ziele habt ihr euch gesetzt?
Nachdem ich das Pfarrhaus erworben hatte, fuhr ich öfters nach Deutsch-Kreuz und jedes Mal, als Peter Maffay in Radeln war, begrüßte ich ihn. Als er mich ein Jahr im Voraus zum Tag der offenen Tür nach Radeln einlud, kam mir sofort die Idee, unsere Kräfte zu bündeln – ich plante das Pfarrhaus zu renovieren und einzuweihen – und gemeinsam eine Kulturwoche zu veranstalten. Einige Tage später hatte ich auch den Einfall mit dem Haferland, denn in diesem Gebiet zwischen Reps und Schäßburg war das Klima zu rau für den Weinbau und es wurde viel Hafer angebaut. Meine Vorstellung und auch die von Peter Maffay war es, in dieses Kulturfest auch die Mehrheitsbevölkerung einzubeziehen und ihnen die siebenbürgisch-sächsischen Bräuche und Kultur näher zu bringen. Die erste Kulturwoche Haferland war sehr erfolgreich, es kamen zum Beispiel sehr viele Deutsch-Kreuzer, die meisten überhaupt in all den Jahren.
Wie wirkt sich die Kulturwoche auf die Entwicklung der Gemeinden im Haferland aus?
Caroline Fernolend, Vorsitzende der Mihai Eminescu Stiftung, die die Kulturwoche Haferland jedes Mal aktiv mitgestaltet, gab einmal im Gespräch mit Peter Maffay und mir zu bedenken, wir würden „alles aufwirbeln“, während sie dann das ganze Jahr über mit den Problemen vor Ort bleiben würde. Diese Aussage ist sicherlich zutreffend, aber lieber verursachen wir Wirbel, statt dass die Region stillsteht oder vergessen wird. So war zum Beispiel der Botschafter Israels schon drei Mal unser Gast und er hat bestimmt auch dazu beigetragen, dass sich der Erfolg der Kulturwoche Haferland herumgesprochen hat. In Deutsch-Kreuz gab es am Anfang vielleicht zehn Betten als Übernachtungsmöglichkeit, jetzt sind es 150. Die Pensionen von Reps bis Keisd wachsen wie die Pilze nach dem Regen. Die Kulturwoche hat meines Erachtens bewirkt, dass die Region bekannter gemacht und auch besucht wird. Ich suche zum Beispiel einen jungen Manager und andere Mitarbeiter im Bereich der Gastronomie und Hotellerie für die Pension in Deutsch-Kreuz. Ich ermutige junge Leute, die sich vielleicht eine Auszeit von ein bis zwei Jahren nehmen wollen, diese Chancen wahrzunehmen. Die Arbeitsbedingungen sind fast so gut wie jene in Deutschland. Die Lebensqualität, vor allem im städtischen Bereich, gleicht sich immer mehr dem Westen an.
Welche Höhepunkte bietet die Kulturwoche Haferland in diesem Jahr?
Jedes Jahr haben wir ein Motto und diesmal ist es die Bildung. Denn Bildung ist das wohl wichtigste Element einer Gemeinschaft, und die Siebenbürger Sachsen waren dabei führend. Wir haben nachgeforscht: In Deutsch-Kreuz gab es das älteste Dorfschulgesetz.
Unter der Schirmherrschaft von Staatspräsident Klaus Johannis, den wir zum dritten Mal erwarten, wird es in zehn Ortschaften klassische und Blasmusik-Konzerte in den Kirchenburgen, Bälle, Tanzdarbietungen und vieles mehr geben. Veronica Schmidt wird ein Märchenbuch für Kinder vorstellen, das sie zusammen mit unserer Tochter Ann-Kathrin geschrieben hat. Zahlreiche Botschafter und andere geladene Gäste haben ihre Teilnahme zugesagt, darunter der deutsche Botschafter in Bukarest, Peer Gebauer, die rumänische Botschaftern in Berlin, Adriana Stănescu u.a. Im Rahmen der Kulturwoche wird das Rumänisch-Deutsche Forum wieder tagen, diesmal zum Schwerpunktthema 30 Jahre deutsch-rumänischer Freundschaftsvertrag. Mit diesem Jubiläum hoffen wir, viele Gäste aus der Politik anzusprechen.
Wir freuen uns, dass das Kulturwerk der Siebenbürger Sachsen seit diesem Jahr Kooperationspartner der Kulturwoche ist. Letztes Jahr war eine Delegation des Kulturwerks hier, es hat ihnen sehr gut gefallen. Das Kulturwerk hilft uns, jugendliche Gruppen in Bayern zu gewinnen, die das Programm aktiv mitgestalten.
Welche sozialen und bildungspolitischen Akzente setzt die M&V Schmidt Stiftung?
Wir unterstützen alles, was mit siebenbürgisch-sächsischer Kultur und Bildung zu tun hat. Im Rahmen der Kulturwoche wird z.B. die junge Autorin Adina Lucia Nistor ihr Buch über das Leben der Siebenbürger Sachsen im Unterwalt präsentieren, das von unserer Stiftung gefördert wurde. Zudem unterstützen wir die deutschsprachigen Schulen, indem wir Stipendien an junge Studenten und Studentinnen vergeben, damit sie Deutsch als Muttersprache lernen und lehren. Wir verpflichten sie auch, mindestens drei Jahre danach im Lehramt tätig zu sein. Stipendien erhalten auch Theologiestudenten, um sie zusätzlich für das Pfarramt zu motivieren. Seit 2012 haben wir 350 Stipendien vergeben.
In der Denkmalpflege werden wir oft tätig, zwar nicht mit hohen Summen, aber um dringende Vorhaben– anders als staatliche Behörden – schnell und unbürokratisch zu unterstützen. Ich bringe über 200.000 Euro jährlich ein, um die Projekte der Stiftungen zu ermöglichen.
Im sozialen Bereich sind die Flüchtlinge aus der Ukraine zu erwähnen, die wir vor Kurzem in der Casa Kraus in Deutsch-Kreuz aufgenommen haben, nicht im Daueraufenthalt, sondern im Transit. Die Nachfrage ist inzwischen abgeflacht, da die Flüchtlingsströme vermutlich andere Wege eingeschlagen haben.
Danke für das Gespräch und viel Erfolg in euren Vorhaben!
Schlagwörter: Kultur, Kulturwoche Haferland, M & V Schmidt Stiftung
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