23. August 2022

Eine Verbindung zwischen den Zeiten: "Bringt eure Kinder von Anfang an zu unseren Veranstaltungen mit!"

Das ruft die Siebenbürger Sächsin Petra Volkmer ihren Landsleuten zu. Sie kam 1990 aus Hermannstadt nach Deutschland und lebt mit ihrer Familie in Oldenburg. Über ihre Mitgliedschaft und ehrenamtliche Tätigkeit im und für den Verband der Siebenbürger Sachsen, im Vorstand der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen, spricht sie mit Dietmar-Udo Zey.
Petra und Peter Volkmer im Freilichtmuseum ASTRA ...
Petra und Peter Volkmer im Freilichtmuseum ASTRA in Hermannstadt 2014. Foto: privat
Petra, du kommst aus Hermannstadt. Wo und seit wann lebst du in Deutschland?
Ich bin zusammen mit vielleicht 100000 Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben im Sommer 1990 nach Deutschland gekommen: drei Frauen aus drei Generationen und sechs Koffer. Wir haben die damals übliche Tour über vier Übergangsunterkünfte hinter uns gebracht und uns dann in Passau niedergelassen. Bayern wurde schnell eine zweite Heimat, aber nach drei beruflich bedingten Umzügen wohne ich jetzt in Oldenburg in Oldenburg. Das heißt tatsächlich so.

Als Abgrenzung zum Oldenburg in Holstein, also im Oldenburgischen Land. Seit wann bist du Mitglied in unserem Verband?
An unserem ersten Tag in Passau, am 6. Juli 1990, haben meine Mutter und ich Kontakt zur dortigen Kreisgruppe gesucht und überraschend alte Freunde wiedergefunden. Es folgte eine erlebnisreiche Zeit, wobei ich mich neben zünftigen Festen vor allem gerne an die sehr gut organisierten Reisen erinnere. Wir waren auf der Insel Mainau, in Locarno, Venedig, am Wolfgangsee und sogar auf Helgoland.

Das ist nachvollziehbar: Solche Aktivitäten schweißen zusammen und beweisen, dass uns Siebenbürgern das Zusammengehörigkeitsgefühl nicht abhandengekommen ist. Was genau hat dich veranlasst, dem Verband beizutreten?
Diese Frage wird mir gerade zum ersten Mal gestellt. Es fühlte sich einfach richtig an, daran hat sich bis heute nichts geändert.

Und war es eine rationale oder eher emotionale Entscheidung, dem Verband beizutreten?
Solange es nicht um berufliche Dinge geht, lasse ich mich gerne von Emotionen leiten. Aber es ist selbstverständlich auch vernünftig, dem Verband beizutreten, wenn man sich mit dessen Zielen identifiziert. Wir Siebenbürger Sachsen sind nun mal gesellig und kontaktfreudig, leben inzwischen aber oft an sehr weit voneinander entfernten Orten. Was liegt da näher, als sich zu organisieren und zu vernetzen?

Was findest du so interessant, dass du immer noch dabei bist?
Der Verband bietet einen Rahmen, in dem sich die Gemeinschaft aller Siebenbürger Sachsen mit den überlieferten Traditionen weiterentwickeln kann. Es geht um die Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Dass jeder einzelne von uns von weiteren kulturellen Besonderheiten geprägt wurde, ist eine Bereicherung. So kam mein Großvater nach dem Zweiten Weltkrieg allein nach München. Von ihm weiß ich, wie wichtig es war, sich zu treffen, Nachrichten auszutauschen und einander zu helfen. Über das Archiv der Siebenbürgischen Zeitung – zu dem nur Verbandsmitglieder Zugang haben – habe ich erfahren, dass er der erste Nachbarschaftsvater in München war. Er ist später viel in der Welt herumgekommen, aber zwei Ereignisse im Jahr hat er ab 1951 nie verpasst: den Heimattag der Siebenbürger Sachsen in Dinkelsbühl und das Oktoberfest. Dort hat er sich immer besonders gefreut, wenn unsere Landsleute im großen Trachtenumzug dabei waren. Mir geht es heute ähnlich: Wenn ich mir zusammen mit meinem zehnjährigen Sohn Peter die Tänze vor der Schranne in Dinkelsbühl ansehe, freue ich mich und kann mich zugleich ganz als Europäerin fühlen. Manchmal stelle ich mir vor, dass Peter in ein paar Jahren am Föderationsjugendlager teilnimmt, mit anderen Jugendlichen und seiner Gitarre unterm Arm irgendwo – vielleicht in Kanada – an einem See sitzt und sich auch als Siebenbürger Sachse fühlt. Dass er eigentlich ein Münchner Kindl ist und die Nordseeinsel Wange­rooge liebt, passt für mich zusammen.

Du schwärmst ja! Bist du auch der ehemaligen Heimat Siebenbürgen noch verbunden?
Ja, sehr sogar! Das gilt für unsere ganze Familie. Mein Mann und ich haben auch aus diesem Grund 2007 in der Hermannstädter Stadtpfarrkirche geheiratet.

Wie kommt es, dass du dich auch für Ehrenämter im Rahmen der Kreis- und Landesgruppe entschieden hast?
Bedingt durch die zahlreichen Umzüge, war ich schon in verschiedenen Kreisgruppen aktiv, z.B. als Schriftführerin. Es hat überall Spaß gemacht, aber im Landesverband Niedersachsen/Bremen, wo ich seit 2020 Beisitzerin im Landesvorstand bin, fiel mir der konstruktive und herzliche Umgang miteinander sofort auf. Es gibt eine Aufbruchstimmung und ich will dabei sein. Mich begeistern die vielen guten Ideen und die Freude und Konsequenz, mit der unsere Nordlichter schon lange, bevor ich dazu kam, Veranstaltungen auf die Beine gestellt haben.

Was verfolgst du leidenschaftlich, was soll aus deiner Sicht besser werden in unserem Verbandsleben?
Wir sollten klar im Blick haben: Die Kinder sind unsere Zukunft. Daher sage ich anderen Eltern: Bringt eure Kinder von Anfang an zu unseren Veranstaltungen mit. Fahrt mit ihnen nach Siebenbürgen und zeigt ihnen unsere Kirchenburgen und wie frische Walderdbeeren schmecken. Zeltet mit ihnen in den Bergen, aber lasst sie auch Hip-Hop tanzen, wenn ihnen danach ist.

Ja, Motivation stiften geht nirgendwo einfacher als in der eigenen Familie. Wir Eltern müssen es nur wollen. Vielen Dank für dieses Gespräch!

Schlagwörter: Interview, Verband, Niedersachsen/Bremen, Volkmer

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