30. Januar 2009

Zum Tod von Dr. Ernst Weisenfeld

In der Nacht vom 3. zum 4. Januar starb nach einem arbeitserfüllten Leben Dr. Ernst Weisenfeld, der Begründer der „Elena Mureșanu“-Stiftung, die es nach der Wende möglich machte, das ehemalige Diasporaheim der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien schrittweise wieder aufzubauen. 2004 wurde Weisenfeld der Siebenbürgisch-Sächsische Kulturpreis verliehen. Für seine herausragende Rolle in der Entwicklung der deutsch-französischen Beziehungen erhielt der Publizist hohe deutsche und französische Auszeichnungen.
Dr. Ernst Weisenfeld war am 21. August 1903 im westfälischen Gevelsberg zur Welt gekommen. Nach dem Studium der Geschichte, Politikwissenschaft und Journalistik promovierte er zum Thema „Geschichte der politischen Publizistik bei den Siebenbürger Sachsen“. Auf diese Weise wurde Dr. Weisenfeld ein Kenner der Siebenbürger Sachsen und ihrer Geschichte bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs. Er lernte Elena Mureșanu, die an der Deutschen Botschaft in Bukarest tätig war, kennen und heiratete sie. Sie war die Tochter einer Mischehe eines rumänischen k. u. k. Offiziers und einer sächsischen Mutter aus Bistritz. Nach dem Krieg lebte das Ehepaar die längste Zeit in Paris, wo Dr. Ernst Weisenfeld für verschiedene große deutsche Zeitungen und die ARD arbeitete. Trotzdem verlor das Ehepaar Rumänien und insbesondere die Siebenbürger Sachsen nicht aus den Augen.

Dr. Ernst Weisenfeld wurde beim Heimattag 2004 in ...
Dr. Ernst Weisenfeld wurde beim Heimattag 2004 in Dinkelsbühl mit dem Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis ausgezeichnet. Foto: Josef Balasz
Nach dem Tod von Frau Helene Weisenfeld und seiner Versetzung in den Ruhestand zog Dr. Ernst Weisenfeld nach Bonn und schließlich nach Hamburg, wo er hoch im Alter ein zweites Mal heiratete. Im Laufe seiner journalistischen Tätigkeit wurde er nicht nur einer der besten Kenner deutsch-französischer Politik, sondern auch ein geschätzter Vermittler zwischen den beiden großen Nachbarvölkern. Für seine herausragende Rolle in der Entwicklung der deutsch-französischen Beziehungen erhielt er höchste deutsche und französische Auszeichnungen.

Dr. Ernst Weisenfeld hatte einst sein Herz in Siebenbürgen verloren und es schlug bis zu seinem Tode für die Menschen, insbesondere die jungen Menschen dort. So setzte er zum Andenken an seine erste Ehefrau die „Elena Mureșanu“-Stiftung ein. Die Siebenbürgische Zeitung berichtete mehrfach über die Stiftung und ihre segensreiche Arbeit. Da Weisenfeld in seinem hohen Alter die Stiftung selbst nicht betreuen konnte, berief er den ehemaligen Stadtpfarrer von Bistritz, Kurt Franchy, zunächst zum Geschäftsführer und später zum Vorsitzenden des Stiftungsrates. Im Jahr 2004 würdigte der Verband der Siebenbürger Sachsen Dr. Weisenfeld für seine wissenschaftliche Tätigkeit und seinen Einsatz für junge Menschen mit der Verleihung des siebenbürgisch-sächsischen Kulturpreises. Im Herbst 2008 erhielt das Schülerwohnheim auf Beschluss des Landeskonsistoriums den Namen „Ernst Weisenfeld“. Auf diese Weise wurde ihm ein bleibendes Andenken gesetzt.
Sein Herz schlug für junge Menschen bis zu seinem ...
Sein Herz schlug für junge Menschen bis zu seinem Tod: Das Schülerwohnheim im „Haus mit den Karyatiden“ in der Fleischergasse trägt seit dem 30. September 2008 den Namen Ernst Weisenfeld. Die Aufnahme entstand Anfang Januar dieses Jahres. Foto: Konrad Klein
Die Beerdigung von Dr. Ernst Weisenfeld fand am 17. Januar auf dem Friedhof Hamburg Ohlsdorf statt. Am Ende der Trauerfeier, an der Frau Gisela Weisenfeld, die zweite Gattin des Verstorbenen, eine große Zahl prominenter Journalisten, Historiker und Universitätsprofessoren teilgenommen haben, sprachen Dr. Ulrich Wickert im Namen der Journalisten sowie der Vorsitzende der „Elena Mureșan“-Stiftung, Kurt Franchy, dessen Ansprache im Folgenden wiedergegeben wird.

Sehr geehrte Frau Weisenfeld, verehrte Trauergäste, in meiner Eigenschaft als Vorsitzender der von Dr. Ernst Weisenfeld 1992 ins Leben gerufenen Stiftung „Elena Mureșanu“ und im Namen ihres Vorstandes bekunde ich Ihnen, verehrte Frau Weisenfeld, unsere tief empfundene Trauer zum Heimgang Ihres Ehegatten, unseres verehrten Wohltäters und Stiftungsgründers.

Seit sechzehn Jahren hat der Verewigte mit großem persönlichem Einsatz, mit der Überlassung der Ersparnisse seiner früh heimgegangenen ersten Ehefrau, Helene Weisenfeld, geb. Mureșanu, die aus Bistritz in Rumänien stammte, Schulkinder und Studenten in Rumänien finanziell unterstützt. Mit den von ihm zur Verfügung gestellten Mitteln, mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes, des Bayerischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit, sowie einer Anzahl persönlicher Freunde konnte in Hermannstadt/Siebenbürgen, Fleischergasse 13, ein Gebäude aus der Barockzeit Jahr um Jahr zu einem Schülerwohnheim aus- und umgebaut werden. Heute bietet es für 60 siebenbürgische Jugendliche, die auf eine finanzielle Förderung dringend angewiesen sind, eine angemessene Heimstätte. Unter bewährter Aufsicht und Leitung durch Fachkräfte der Evangelischen Kirche A.B. aus Rumänien besuchen die Jugendlichen deutschsprachige Schulen und Hochschulen in Hermannstadt. Sie kommen aus der Diaspora im Umkreis von 250 km, in dem es keine Schulen mit deutscher Unterrichtssprache gibt. Nach dem Willen von Dr. Ernst Weisenfeld soll die Stiftung das Andenken seiner verstorbenen Gattin Elena geb. Mureșanu, die einer deutsch-rumänisch gemischten Ehe entstammte, ehren. Das Erlernen und die Pflege der deutschen Sprache werden nach dem Willen des Stifters auch dazu beitragen, dass das kulturelle Fundament der Europäischen Union gefestigt wird. Der Verwirklichung dieser Ziele hat sich der Heimgegangene mit großem Engagement bis in sein hohes Alter gewidmet. Noch im Herbst 2003 besuchte Dr. Weisenfeld „seine Kinder“ in Hermannstadt.

Der Bischof der Evangelischen Kirche in Rumänien, Dr. Christoph Klein, schrieb in seinem Kondolenzschreiben an Frau Gisela Weisenfeld: „In Dankbarkeit zu Gott dürfen wir auf sein erfülltes Leben zurückblicken. Seine Prägung durch das Studium der Geschichte, Staatswissenschaften und Zeitungswissenschaft, aber auch sein Einsatz in Mittel- und Westeuropa, im Besonderen auch in Rumänien, hat ihn durch sein ganzes Dasein und seinen segensvollen Dienst begleitet. Wir sind dankbar, dass das soziale und kulturelle Engagement von Dr. Ernst Weisenfeld in der treuen und vorbildlichen Unterstützung unseres landeskirchlichen Schülerwohnheims eine so segensreiche Auswirkung hatte. Dass er dieses mit großer Erfahrung und Menschenkenntnis, in unmittelbarem Bezug zu den von ihm und seiner Stiftung geförderten Jugendlichen, dazu mit Güte und Wärme und doch mit großer Bescheidenheit bis zuletzt getan hat, wird uns stets in Erinnerung bleiben. Wir sind dankbar, dass wir noch zu seinen Lebenszeiten unserem Schülerwohnheim seinen Namen geben durften.“

Dank der Stiftungserträge und zusätzlicher Spenden, konnte die Stiftung in den Jahren ihres Bestehens über 400 jungen Menschen zu einer guten Ausbildung verhelfen, so dass heute manche unter ihnen verantwortungsvolle Aufgaben in Wirtschaft und Kultur wahrnehmen können. Sie werden Dr. Ernst Weisenfeld nicht vergessen. Gott, der Herr, schenke nach seiner Verheißung, Dr. Ernst Weisenfeld, ewiges Leben. Er nehme ihn in Gnaden auf, und erfülle alle Trauernden mit seinem Trost.

Schlagwörter: Kultur, Nachruf

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