9. September 2016

Siebenbürgische Tanzgruppen bei der 53. Europeade in Belgien

Es gibt Städte, die man aufgrund ihrer Architektur oder ihres Flairs sehen muss. Und es gibt Namur oder Namür, die Wallonische Hauptstadt mit 110 000 Einwohnern im Norden Belgiens: keine besonders schöne, aber auch keine besonders hässliche Stadt. Der Grund, weshalb sich die Stadt vom 20. bis 24. Juli vor Besuchern kaum retten konnte, war die dort stattfindende Europeade, bei der aus allen Ecken des Kontinents bunt gemischte Gruppen zusammen kommen, um ihre jeweilige Kultur zu präsentieren. Unter ihnen waren auch wir, die Siebenbürgische Jugendtanzgruppe und Erwachsenentanzgruppe Geretsried-München-Augsburg-Ingolstadt.
Nach einer stimmungsvollen und langen Busfahrt trafen wir in Namur ein, wo ein Ballettsaal und ein Judoraum in einem Sportzentrum zu unserem neuen Zuhause auf Zeit wurden. Unser erster Auftritt am Ufer der Maas unter der prallen Mittagssonne wurde wie die darauffolgenden geplanten und spontanen Auftritte ein voller Erfolg.

Zusammen mit der Siebenbürgischen Jugendtanzgruppe Herzogenaurach/Nürnberg zeigten die Siebenbürger Sachsen mit der „Jenny Lindt Polka“ ihr Können vor Tausenden von Zuschauern in der Namürer Expohalle. Neben den wunderschönen Trachten, welche häufig als Fotoobjekt dienten, bewunderten die Zuschauer vor allem die Ausstrahlung und den Elan der jungen und jung gebliebenen Tänzer. Begleitet wurden sie von kleinen, extra für diesen Anlass gegründeten Bands, welche vor allem durch ihre spontanen musikalischen Einlagen die gesamte Europeade bereicherten. Neue Bekanntschaften wurden geschlossen und alte wieder aufgelebt. Beim Mittagstisch sprachen wir mit Schotten, am Abend tanzten wir mit Spaniern.

Am letzten Tag stand der gemeinsame Umzug durch die Stadt auf dem Programm. Trotz des Regens waren viele Menschen auf den Straßen und jubelten uns zu. Wir lernten den finnischen Weihnachtsmann (Botschafter der Europeade 2017 in Turku in Finnland) kennen und bestaunten die Trachten der Grönländer mit ihren Robbenfellhosen.

Wir freuen uns auf die nächste Europeade, wenn wir wieder fünf Tage zusammen kommen und uns über Musik und Tanz mit unseren Freunden und dem Publikum austauschen.

Verena Wagner

Eindrücke vom Begegnungsfest der europäischen Kultur

Die Europeade ist das größte Trachten- und Folklorespektakel in Europa, das jährlich in verschiedenen Kulturstädten stattfindet. Beim ersten Mal in Belgien trafen sich dort nur einige Flamen und Schlesier, mittlerweile sind es Trachtenträger aus 180 Regionen Europas, die jährlich ein zusammenwachsendes Europa fördern, in dem jeder seine eigene Kultur mitbringt. Dies gelingt jedes Jahr fünf Tage lang, wenn Tausende von Trachtenträgern aus Europa zusammentreffen, dort singen, musizieren, tanzen und feiern. Die Europeade fand bereits 53. Mal in 32 verschiedenen Orten in 14 unterschiedlichen Ländern statt, diesmal im französischsprachigen Teil Belgiens: Die wallonische Stadt Namur, welche sich an der Einmündung der Sabre in die Maas etwa 65 Kilometer südöstlich der belgischen Hauptstadt Brüssel befindet, war vom 20. bis zum 24. Juli das Reiseziel vieler Artisten und interessierter Zuschauer.
Die Siebenbürgische Jugendtanzgruppe und ...
Die Siebenbürgische Jugendtanzgruppe und Erwachsenentanzgruppe Geretsried-München-Augsburg-Ingolstadt bei der Europeade in Belgien. Foto: Reinhold Kraus
Begeisterte siebenbürgische Gruppen aus Geretsried, München, Ingolstadt und Augsburg machten sich bereits um 4 Uhr morgens auf den Weg zur Europeade nach Belgien. Nach der 13-stündigen Fahrt erreichte der vollbepackte Bus den ersten Stopp: das Namur Expo Messegelände. Hier meldeten sich alle Mitreisenden an und erhielten die für die Europeade typischen Jutebeutel, Bändchen und Ausweise, Letztere waren für das diesjährige Sicherheitskonzept von Nöten. Ebenfalls wurde bekannt gegeben, dass die Tanzgruppen in einer Art Sportstätte untergebracht werden, in der die Jugend- und die Erwachsenentanzgruppe zwei getrennte Schlafhallen zugeteilt bekamen. Später am Abend wurde in der Stadt ein Feuerwerk gezündet, welches sich alle mit Freuden ansahen.

Der zweite Tag war der anstrengendste. Bei 30 Grad und gleißender Sonne trugen die Tänzer und Musiker, trotz drei Auftritten, voller Stolz die siebenbürgische Tracht. Die ersten zwei Auftritte bestanden aus jeweils acht Tänzen, die wir an besonderen Plätzen der Stadt aufführten; unter anderem am Rathausplatz und an der Flussmündung, alle Tänze selbstverständlich mit musikalischer Begleitung der eigenen Band. Der dritte Auftritt erfolgte im Stadion der Namur Expo, in welchem die große Eröffnungsveranstaltung stattfand, bei der die Hälfte aller 154 vertretenen Gruppen tanzte und sang. Nach Ende des großartigen Spektakels verbrachten wir den Abend mit Jugendtanzgruppen aus Portugal und Spanien, die ebenfalls in der Sportstätte untergebracht waren. Im gemeinsamen Vorhof der Unterkunft feierten alle zusammen, abwechselnd zu deren Dudelsack und unseren Trompeten.

Am dritten Tag präsentierte die Jugend die siebenbürgisch-sächsische Kultur mit zwei Tänzen bei einer Kinder- und Jugendveranstaltung in der Innenstadt. Am gleichen Tag fand auch der Empfang des Bürgermeisters statt, an dem ein siebenbürgisch-sächsisches Paar in Tracht teilnahm. Die abendliche Vergnügung gestaltete sich für viele von uns mit dem Programm der „Europeade by Night“. In der Stadt spielte eine heimische Band laute Musik, nebenan waren einige Stände mit belgischen Spezialitäten und alle anwesenden Kulturgruppen feierten zusammen.
Auftritt der Siebenbürger Sachsen in Namur. ...
Auftritt der Siebenbürger Sachsen in Namur. Foto: Reinhold Kraus
Auch am letzten Tag stand für die siebenbürgische Gruppe einiges auf dem Programm. Nach dem Frühstück stand ein Auftritt auf einer der größten Festungsanlagen Europas, der Zitadelle von Namur, an. Dieses Highlight haben sowohl Tänzer als auch Musiker wegen des schlechten Wetters jedoch nicht wie gewohnt in Tracht, sondern in rot und blau bedruckten Gruppen-T-Shirts gemeistert. Bei dem darauf folgenden Aufmarsch durch die Stadt wurden dann aber doch die traditionellen Trachten aus Siebenbürgen mit durchsichtigen Regencapes präsentiert. Angeführt von der ebenfalls anwesenden siebenbürgischen Tanzgruppe aus Herzogenaurach, folgten die Musiker, Fahnenträger und schließlich auch die Tänzer dem Festzug, der bis ins Herz der Stadt Namur reichte. Wenn eine kurze Pause beim Marschieren entstand, zeigte die Jugend einen „Flieger“, eine Figur, bei welcher sich zwei Paare so einhaken, dass die Mädchen bei schneller Drehung vom Boden abheben. Am Ende des letzten offiziellen Auftritts in Tracht, hatten die meisten es eilig, sich in Schale zu werfen und den letzten Abend gemeinsam auf dem Europeade-Ball zu feiern.

Alles in allem waren die fünf Tage für jeden ein einzigartiges Erlebnis mit viel Spaß, neuen Bekanntschaften, Tanz und Musik – das zeichnet die Europeade aus. Auch nächstes Jahr hoffen wir alle wieder dabei zu sein, um in Finnland ein weiteres Mal siebenbürgisch-sächsische Tradition mit Europa zu teilen.

Anna-Maria Schunn & Julia Müller, Geretsried


Herzogenaurach und Nürnberg bei der 53. Europeade

Die Siebenbürgische Jugendtanzgruppe Herzogenaurach und die Tanzgruppe der Siebenbürger Sachsen Nürnberg waren mit 17 Teilnehmern bei der 53. Europeade vertreten. Aufgrund der Anschläge in Brüssel im März dieses Jahres waren in den Reihen der Tanzgruppenmitglieder Bedenken über die Teilnahme geäußert worden. Sicher ging es allen ähnlich, und dennoch waren auch in diesem Jahr wieder über 160 Folkloregruppen mit über 4300 Teilnehmern aus 25 Ländern dabei. Sicherlich hat zu diesen Zahlen auch die hervorragende Sicherheitsarbeit des Organisationsteams der Europeade und der Stadt Namur beigetragen, die immer wieder über die aktuelle Lage und getroffenen Vorkehrungen informierten und damit zu einem unbeschwerten Fest verholfen haben.

Die Fülle an Trachten, Tänzen und Musik in ihrer Pracht und Vielfalt sind das Besondere an dieser Veranstaltung. „In Vielfalt vereint“ ist auch der Leitgedanke der 1964 in Antwerpen in Belgien gegründeten Europeade. Um diesen besser verbreiten zu können, ist die Europeade als Wanderfestival konzipiert und wird 2017 wieder an einem anderen Ort stattfinden, und zwar in Turku, Finnland. Kleine Bemerkung am Rande: Auch Herzogenaurach war im Jahr 1970 der Austragungsort für die damals 7. Europeade.
Die Siebenbürgische Jugendtanzgruppe ...
Die Siebenbürgische Jugendtanzgruppe Herzogenaurach und Tanzgruppe der Siebenbürger Sachsen Nürnberg nach der Europeade-Parade in Namur. Foto: Edda Fleischer
Wir starteten frühmorgens am 20. Juli mit zwei Kleinbussen aus Nürnberg. Matthias Fernolend und Thomas Hinz hatten sich bereit erklärt, den verantwortungsvollen Fahrerjob zu übernehmen. Ohne besondere Vorkommnisse kamen wir am Nachmittag wohlbehalten am Veranstaltungsort an. Unsere Gruppe war in der Schule „Collège Notre Dame de Paix“ untergebracht. Im Anschluss ging es zum Abendessen, das nach diesem langen Tag besonders gut mundete. Bei einem abendlichen Spaziergang durch die Stadt konnten wir die Straßenauftritte der regionalen Folkloregruppen in ihren farbenfrohen Trachten bewundern, und am späten Abend gab es als Teil der offiziellen Eröffnung ein fulminantes Feuerwerk.

Am Donnerstag, nachdem wir beim Frühstück bereits die ersten Bekanntschaften geschlossen hatten, zogen wir unsere Trachten an und fuhren zu unserem ersten Straßenauftritt. Singend, musizierend und tanzend waren viele Europeade-Teilnehmer in ihren Trachten unterwegs. An zehn Plätzen, die über die Stadt verteilt waren, konnte man ihre Darbietungen bewundern. Hier trafen wir auch die befreundeten siebenbürgischen Tanzgruppen aus Geretsried und nahmen spontan die Gelegenheit wahr, bei einem der Tänze gemeinsam aufzutreten.

Am frühen Abend fanden wir uns in der Arena Namur Expo ein, der Halle, in der die Eröffnungsveranstaltung stattfinden sollte. Die Veranstaltung war sehr gut besucht und es gab hochkarätiges Publikum aus Politik, von Seiten der Stadt und sogar aus dem belgischen Königshaus. Nach der feierlichen Eröffnung und der Übergabe der Europeade-Flagge zeigten die Tänzer und Musiker ihr Können. Die kurzweilige Moderation wurde dreisprachig gehalten: englisch, französisch und wallonisch. Unseren gemeinsamen Auftritt mit der Jugend- und Erwachsenentanzgruppe aus Geretsried, musikalisch begleitet von vier Musikanten, absolvierten wir mit Bravor und ernteten nach der Darbietung der „Jenny Lint Polka“ reichlich Applaus. Auch hier zeugte der reibungslose Ablauf von einer kompetenten und professionellen Organisation.

Den Freitag hatten wir zur freien Verfügung und nutzten die Zeit, um die Zitadelle von Namur zu besichtigen. Sie ist eine der größten Burganlagen Europas. Ein leichter Wanderweg führte uns unter schattigen Bäumen auf die Anhöhe, auf der die Zitadelle im Laufe des 5. bis 19. Jahrhunderts mehrfach umgebaut wurde. Wir nahmen an einer Führung durch die 7 km langen unterirdischen Gänge und das dortige Museum teil und genossen im Anschluss bei einer Rundfahrt mit einer „Bimmelbahn“ die weitläufige Anlage und die fantastische Aussicht über Namur und das Maastal. Am Abend flanierten wir durch die wallonische Stadt, hielten uns am Place Maurice Servais bei der „Jam Session“ auf und tanzten ausgelassen bei „Europeade by Night“ mit.

Highlight des Samstags war der große Festumzug. Bereits am frühen Nachmittag strömten alle Teilnehmer in Richtung Aufstellungsort. Jede Gruppe hatte ihre Fahne dabei und während der Wartezeiten wurde spontan musiziert oder eine kleine Tanzdarbietung gezeigt. So bringt man nicht nur den Einwohnern der Stadt die regionalen Kulturen nahe, sondern man trägt auch zur Völkerverständigung bei. Während des Umzuges fielen einige Regentropfen, was aber nicht unsere Freude am Mitmachen minderte. Die Zuschauer entlang der Paradestrecke zollten uns mit Applaus und Zurufen Anerkennung und Bewunderung. Nachdem wir uns in der Herberge wieder frisch gemacht hatten, nahmen wir abends am Europeade-Ball teil. Bands spielten im Wechsel auf, man tauchte in ein fröhliches, ausgelassenes Miteinander ein und stellte fest, dass Tanz Freundschaften schaffen und Völker verbinden kann, dass Musik die gemeinsame Sprache der Menschheit ist.

Am nächsten Tag, nach dem Frühstück und dem Packen unserer Sachen, fuhren wir ein letztes Mal Richtung Stadtmitte. An den Ständen auf dem Place d’Armes, im so genannten Europeade-Dorf, konnte man Souvenirs besorgen und die Waren der Aussteller bewundern. Voll beladen mit vielen Eindrücken, traten wir unsere Heimreise an mit dem Vorhaben, bei der nächsten Europeade wieder dabei zu sein. Und zur guten Letzt ein Lob und Dankeschön an alle, die dabei waren: Es hat Spaß gemacht, mit euch Jugendlichen und Junggebliebenen aus zwei Tanzgruppen, Tänzer/innen und Begleiterinnen unterwegs zu sein!

Birgit Roth, Roswitha Bartel, Brigitte Krempels

Schlagwörter: Europeade, Festival, Trachten, Belgien, Tanzgruppe, Jugendtanzgruppe, Erwachsenentanzgruppe, Geretsried, München, Augsburg, Ingolstadt, Herzogenaurach, Nürnberg

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